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Fragen und Antworten rund um den (Warn-)Streik

Eine Hilfestellung für Schulleiter*innen, streikende Mitglieder, Eltern und Schüler*innen.

Viele Fragen rund um das Thema Streik und Streikrecht lassen sich auf der Grundlage vorhandener Materialien beantworten. Neben dem GEW-Tarifhandbuch und dem „Kleinen Streik-ABC“ sollen Antworten auf häufig gestellte Fragen =FAQ= und Erklärungen zu Begriffen eine Hilfestellung für die Kommunikation mit Schulleiter*innen, streikenden Mitgliedern, Eltern und Schüler*innen geben.

Grundlagen zu Tarifauseinandersetzungen

Im Grundgesetz, in Art. 9 Abs. 3, ist das Recht verankert, "zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden". Dieses Recht darf nicht eingeschränkt werden. Die Koalitionsfreiheit beinhaltet das Recht, zur Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Tarifverträge abzuschließen.

Tarifautonomie ist das unmittelbar aus der Koalitionsfreiheit abgeleitete Recht von Gewerkschaften und Arbeitgebern bzw. ihren Verbänden, die Arbeits- und Einkommensbedingungen ohne staatliche oder sonstige Eingriffe in freien Tarifverhandlungen kollektiv festzulegen. Deshalb haben sich Regierung und Parlament aus der Tarifpolitik herauszuhalten. Zur Ausübung der Tarifautonomie gehört auch die Tariffähigkeit, d. h. eine Tarifpartei muss sowohl rechtlich in der Lage sein, Tarifverträge abzuschließen, als auch faktisch über eine gewisse Durchsetzungsmacht verfügen. Denn die Tarifautonomie schließt auch das Recht ein, Tarifverträge notfalls mit Mitteln des Arbeitskampfes durchzusetzen. Tarifparteien sind Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und die einzelnen Arbeitgeber.

Der Abschluss von Tarifverträgen ist ein zentrales Handlungsfeld der Gewerkschaften. Mit Tarifverträgen schützt die GEW die materiellen, sozialen und rechtlichen Interessen ihrer Mitglieder; trägt dazu bei, dass die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen verbessert werden. Tarifvereinbarungen schreiben vertraglich und rechtsverbindlich fest, was die Kampfbereitschaft der Mitglieder durchsetzen konnte.

Grundlagen des Streiks

Ein Streik ist die gemeinsame, planmäßige, vorübergehende, volle und teilweise Vorenthaltung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung durch eine Mehrheit der Arbeitnehmer zur Erreichung eines wirtschaftlichen Zieles. Ein Streik ist rechtmäßig, wenn er von einer Gewerkschaft geführt wird, er ein tariflich regelbares Ziel verfolgt, die Friedenspflicht abgelaufen ist. Das Streikrecht hat Verfassungsrang (Koalitionsfreiheit). Nur Gewerkschaften dürfen zum Streik aufrufen.

Ein Warnstreik ist ein rechtmäßiger Streik, der zeitlich befristet ist. Durch große Beteiligung an einem Warnstreik soll den Arbeitgebern deutlich gemacht werden, dass die Beschäftigten bereit sind, sich zur Durchsetzung der Gewerkschaftsforderungen auch an Arbeitskampfmaßnahmen zu beteiligen. Ziel eines Warnstreiks ist es somit, die Verhandlungs- und Kompromissbereitschaft der Arbeitgeber zu erhöhen.

Teilnahme am Streik

Das Recht auf Koalitionsfreiheit und Streik steht auch den Beschäftigten im öffentlichen Dienst zu. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu 1993 eindeutig entschieden:

"Die Koalitionsfreiheit ist auch den Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst gewährleistet, und zwar unabhängig davon ob sie hoheitliche oder andere Aufgaben erfüllen. (...) sie bleiben darauf angewiesen, ihre  Arbeitsbedingungen auf der Ebene von Tarifverträgen auszuhandeln. Wegen ihrer Unterlegenheit sind sie dabei auch auf das Druckmittel des Arbeitskampfes angewiesen."

Aufgerufen sind in der Regel alle Beschäftigten, für die der umkämpfte Tarifvertrag unmittelbar Anwendung findet. Ruft eine Gewerkschaft die Beschäftigten der Dienststellen zu einem Warnstreik auf, haben ausgenommen der Beamt*innen alle Arbeitnehmer*innen dieser Dienststellen das Streikrecht, sofern sie vom „Streikgegenstand“ betroffen sind. Auch Tarifbeschäftigte, die nicht in der GEWerkschaft organisiert sind, dürfen an gewerkschaftlich geführten Arbeitskämpfen teilnehmen.

Ja. Auch Arbeitnehmer*innen, die nur eine befristete Zeit beschäftigt sind oder die sich noch in der Probezeit befinden, sind normale Beschäftigte und dürfen streiken. Ihnen dürfen auch keine Nachteile, beispielsweise Androhung der Nichtverlängerung des Vertrages, wegen eines rechtlich korrekten Streiks entstehen.

Praktikant*innen dürfen streiken, wenn sie vom Streik betroffen sind, z.B. wenn es um den Tarifvertrag für die Praktikant*innen des öffentlichen Dienstes (TVöD/TV Prakt-L) geht. In den Tarifrunden für den öffentlichen Dienst (Bund/Kommunen oder Länder) werden die Entgelte der Praktikant*innen in der Regel mit gekündigt, so dass sie zum Streik aufgerufen werden können.

GEWerkschaften tragen die Verantwortung für die ordnungsgemäße Vorbereitung, Organisation und Durchführung von rechtmäßigen Arbeitskämpfen. Liegt der Teilnahme am Streik ein Streikaufruf der GEWerkschaft zugrunde und wird der im Streikaufruf genannte zeitliche Rahmen eingehalten, sind der Streik und die Teilnahme rechtmäßig! Die Hinweise des Arbeitgebers zu den Folgen einer Teilnahme am rechtswidrigen Streik können unbeachtet bleiben.

Rechte und Pflichten für den Beschäftigten / die Gewerkschaft

Es kann sinnvoll sein, einen Streik im Vorfeld bei Arbeitgeber, Eltern und lokaler Presse bekannt zu machen, um dadurch eine größere öffentliche Wirkung entfalten und eine größere Unterstützung für den Streik erreichen zu können. Die GEWerkschaft informiert deshalb rechtzeitig.

Wenn die GEWerkschaft an Ihrer Einrichtung zum (Warn-) Streik aufruft und Sie sich dem Aufruf anschließen, ist automatisch die Arbeitspflicht für die Streikdauer aufgehoben. Es ist keine weitere besondere Erklärung erforderlich. Über eine persönliche Streikteilnahme muss die streikende Person ihren Arbeitgeber nicht informieren.

Auch dann ist der Streikaufruf die Grundlage für das rechtmäßige Niederlegen der Arbeit für die vorgesehene Zeit. Die mit dem Zeiterfassungssystem bestimmten Verhaltens- und Abmeldepflichten für Arbeitnehmer*innen und Arbeitnehmer beim Verlassen des Arbeitsplatzes gelten nur dann für die Unterbrechung der Arbeit aus Anlass eines Streiks, wenn dies ausdrücklich bestimmt ist.

Die Streikzeit kann grundsätzlich nicht vom Gleitzeitguthaben abgezogen werden. Während des Streiks besteht keine Arbeitspflicht und somit keine Soll-Arbeitszeit. Beschäftigte müssen sich nicht ausloggen. Im Zweifel können betroffene GEW-Mitglieder Rechtsrat bei der Landesrechtsstelle unter Vorlage der entsprechenden Zeiterfassungsregelung einholen.

Grundsätzlich gilt: Streiken während der Freizeit ist keine Streikteilnahme (BAG 26.07.2005, 1 AZR 133/04)

Rechte und Pflichten für die Schulleitung / den Arbeitgeber

Das Recht der Arbeitnehmer, auf der Grundlage eines gewerkschaftlichen Streikaufrufes die Arbeit niederzulegen, ist verfassungsmäßig geschützt. Wenn die GEW zum Streik aufruft, dürfen Tarifbeschäftigte rechtmäßig die Arbeit niederlegen. Sie brauchen keine Erlaubnis von der Schulleitung für die Teilnahme am Streik, selbst wenn diese anderer Meinung ist.

Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darf ein Streik die öffentliche Ordnung und Sicherheit, die Volksgesundheit sowie das Leben einzelner Bürger nicht gefährden. Zur Aufrechterhaltung lebensnotwendiger Dienstleitungen oder Schutz der Betriebsanlagen vor Schaden können Notdienste eingerichtet werden.

Die Beaufsichtigung von Kindern gehört hierzu nicht. Die Arbeitgeber müssen mit den Arbeitskampfleitungen der Gewerkschaften Notdienstarbeiten vereinbaren und so Inhalt und Umfang gemeinsam festlegen. Der Arbeitgeber darf Notdienstarbeiten nicht einseitig festlegen. Personalräte und Betriebsräte sind für Notdienstvereinbarungen nicht zuständig.

Nein, Notdiensttätigkeiten beschränken sich auf Erhaltung der Betriebsmittel, der Gefahrenabwehr und der Notversorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern und Diensten, damit Dritte oder die Allgemeinheit nicht unverhältnismäßig geschädigt werden. Die allgemeine Aufsichtspflicht von Schülern und Hortkindern gehört nicht dazu. Auch die Anordnung, den Unterricht eines am Streik teilnehmenden Kollegen zu vertreten, gehört nicht zum Notdienst.

Die arbeitsvertraglichen Hauptpflichten ruhen während des Streiks. Die zum Streik aufgerufenen Arbeitnehmer*innen braucht deshalb keine Arbeitsleistung, auch nicht im Rahmen der allgemeinen Aufsichtspflicht, erbringen. Der Arbeitgeber muss entscheiden, inwieweit er den Schulbetrieb trotz der Arbeitskampfmaßnahme aufrecht erhält oder die Schule schließt. Bleibt die Einrichtung streikbedingt geschlossen, sind die Eltern für die Betreuung der Kinder verantwortlich.

Streikende als auch der Personalrat sind nicht verpflichtet, eine Namensliste der Streikteilnehmer für den Arbeitgeber zu erstellen oder sich beim Arbeitgeber in eine Liste einzutragen.

Anweisungen des Arbeitgebers zur Erfassung von Streikenden sind unzulässig. Dies widerspricht dem individuellen Streikrecht nach Art. 9 Abs. 3 GG und Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Daraus folgt auch, dass Beschäftigte nicht gezwungen werden dürfen, Abfragen durchzuführen und entsprechende Listen von Streikenden zu erstellen. Anweisungen des Arbeitgebers, wonach sich Streikwillige selbst in entsprechende Listen eintragen sollen, sind ebenso rechtswidrig.

Jedoch wird sich der Arbeitgeber für die Kürzung des Gehalts für die Dauer der Streikteilnahme einen Überblick über Beschäftigte verschaffen, die nicht zum Dienst erschienen sind.

Die Agentur für Arbeit unterliegt im Streik einer Neutralitätspflicht. Grundsätzlich werden deshalb in bestreikte Betriebe keine Arbeitnehmer auf bestreikte freie Arbeitsplätze vermittelt. Das gilt auch für den Warnstreik.

Deshalb hat der Gesetzgeber dem Arbeitgeber eine Aufzeichnungs- und Anzeigepflicht gegenüber der Agentur für Arbeit auferlegt. § 320 Abs. 5 SGB III lautet: "Arbeitgeber, in deren Betrieben ein Arbeitskampf stattfindet, haben bei dessen Ausbruch und Beendigung der Agentur für Arbeit unverzüglich Anzeige zu erstatten. Die Anzeige bei Ausbruch des Arbeitskampfes muss Name und Anschrift des Betriebes, Datum des Beginns der Arbeitseinstellung und Zahl der betroffenen Arbeitnehmer enthalten. Die Anzeige bei Beendigung des Arbeitskampfes muss außer Name und Anschrift des Betriebes, Datum der Beendigung der Arbeitseinstellung, Zahl der an den einzelnen Tagen betroffenen Arbeitnehmer und Zahl der durch Arbeitseinstellung ausgefallenen Arbeitstage enthalten." Demgemäß hat keine namentliche Meldung zu erfolgen!

Arbeitgeber im Sinne dieser Regelungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie Personalbefugnis besitzen, was bedeutet, einstellen und entlassen zu können. Dienststellenleiter einer Schule besitzen diese Befugnis nicht. Sie sind Vorgesetzte der Beschäftigten der Dienststelle jedoch nicht Arbeitgeber. Die Arbeitgeberfunktion obliegt dem Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (TMBJS) bzw. den personalführenden Dienststellen, den Staatlichen Schulämtern.

Die Aufzeichnungs- und Anzeigepflicht obliegt somit dem TMBJS bzw. den Staatlichen Schulämtern.

Die Schulleiterin oder beauftragte Lehrerin ist weder befugt noch verpflichtet, eine Meldung gegenüber der Agentur für Arbeit vorzunehmen.

Leiter*innen von Schulen und anderen Einrichtungen sowie andere Dienstvorgesetzte haben nicht das Recht, sich in Arbeitskampfmaßnahmen einzumischen. Schulleiter*innen und andere leitende Beschäftigte, die nicht verbeamtet sind, können aber selber an einem Streik teilnehmen, da dasStreikrecht nicht an eine Funktion gebunden ist.

Da das Arbeitsverhältnis während des Streiks rechtmäßig ruht, darf der Arbeitgeber keine Nacharbeit anordnen. Ebenso wenig darf er Sanktionen wie Abmahnung oder Kündigung aussprechen. Nach § 612 a Bürgerlichen Gesetzbuchs darf ein Arbeitgeber keinen Arbeitnehmer benachteiligen, weil dieser "in zulässiger Weise seine Rechte ausübt". Die Gewerkschaften schließen in der Regel im Ergebnis von Tarifverhandlungen eine Vereinbarung über ein Maßregelungsverbot ab. Darin wird ausdrücklich festgehalten, dass die Teilnahme am Streik zu keinen Nachteilen für die Streikenden führen darf und eingeleitete Maßregelungen zurückgenommen werden.

Gehaltsregelungen während eines Streiks

Während der Arbeitsniederlegung ruhen die Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis, d.h. auf der einen Seite erteilen Lehrkräfte keinen Unterricht, Erzieher*innen erfüllen ihre Arbeitspflichten nicht, während auf der anderen Seite der Arbeitgeber für die Arbeitsausfallzeiten kein Gehalt gewähren muss.

Das wissen wir nicht, jedenfalls ist er hierzu im Umfang des persönlichen Arbeitsausfalls berechtigt. Die Kürzung darf nur für die tatsächlich versäumte Arbeitszeit erfolgen (z.B. Unterrichtsausfall der Lehrkraft, Betreuungszeit der Erzieherin im Hort).

GEWerkschaftsmitglieder erhalten Streikunterstützung.

Für Warnstreiks wird GEW-Mitgliedern der nachgewiesene Nettogehaltsabzug ersetzt; maximal das Dreifache des auf den vollen Euro aufgerundeten monatlichen Mitgliedsbeitrags. Im Einzelfall kann dem Mitglied auf Antrag der tatsächliche Nettogehaltsabzug gewährt werden, wenn dies sozial geboten ist.

Bei unbefristetem Erzwingungsstreik beträgt die Streikunterstützung pro Streiktag das Dreifache des auf den vollen Euro aufgerundeten monatlichen Mitgliedsbeitrags. Zusätzlich werden fünf Euro für jedes unterhaltsberechtigte Kind gezahlt.

Voraussetzungen für die Gewährung der Streikunterstützung sind:

  1. Teilnahme am Warnstreik auf der Grundlage des konkreten Streikaufrufs und Teilnahmebestätigung
  2. Nachweis des Verdienstausfalls

Die Bestätigung über die Teilnahme am Warnstreik erfolgt bei der örtlichen Arbeitskampfleitung, die entsprechende Meldelisten bereithält.

Nichtmitglieder profitieren auch ohne Mitgliedschaft von den Tarifverträgen und der inhaltlichen Arbeit der GEWerkschaft, eine Streikunterstützung steht jedoch ausschließlich den GEW-Mitgliedern zu. Die Teilnahme am Streik ist eine gute Gelegenheit, Mitglied der GEW zu werden nicht nur wegen des Streikgeldes im Fall von Gehaltsabzug. Mitglieder sind besser informiert und haben den Rechtsschutz in berufsbezogenen Angelegenheiten.

Die Rolle der Beamten beim Streik

Beamt*innen und Beamte in Deutschland dürfen nicht streiken.

Die GEW vertritt seit Jahrzehnten die Auffassung, dass die durch Art. 9 Grundgesetz garantierte Tarifautonomie auch ein Streikrecht für Beamt*innen und Beamte umfasst.

Im Juni 2018 hat das BVerfG entschieden, dass das Streikverbot für Beamte verfassungsgemäß ist. Das Streikverbot für Beamt*innen und Beamte sei so als eigenständiger hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums vom Gesetzgeber zu beachten. Es stehe auch mit dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes im Einklang und sei insbesondere mit den Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar.

Nun muss der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entscheiden, ob das Streikrechtsverbot in Deutschland mit den Menschenrechten vereinbar ist.

Beamt*innen und Beamte dürfen nicht streiken. Umso wichtiger ist es, dass sie sich öffentlich sichtbar an Protestmaßnahmen beteiligen und die Streikenden unterstützen (das ist in den meisten Fällen auch außerhalb der Unterrichtszeit möglich):

  • Die Beamt*innen und Beamten zeigen, dass sie sich nicht (mehr) alles gefallen lassen und bereit sind, für ihre Interessen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten einzustehen.
  • Die Beamt*innen und Beamten zeigen, dass sie mit den Streikenden solidarisch sind und die Ziele der Tarifbewegung unterstützen.
  • Beamt*innen und Beamte verrichten keine Streikbrechertätigkeit – es ist höchstrichterlich entschieden, dass Beamt*innen und Beamte nicht gezwungen werden können, streikende Kolleg*innen und Kollegen zu vertreten.

Auf diese Weise unterstützen die Beamt*innen und Beamten die tarifbeschäftigten Kolleg*innen und Kollegen erfolgreich im Tarifkampf um die Verbesserung der Arbeits-und Wirtschaftsbedingungen.

Der Einsatz von Beamt*innen und Beamten als Streikbrecher, zur Vertretung streikender Arbeitnehmer*innen oder Arbeitnehmer ist rechtswidrig, solange es dafür keine gesetzliche Grundlage gibt. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 1993 klar entschieden. Daher können Beamte, die streikende Kollegen vertreten sollen, diese Arbeit mit Verweis auf das Urteil des BVerfG (1 BvR 1213/85 vom 2.3.1993) ihre Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung geltend machen. Das nennt man Remonstration. Das gilt natürlich auch für Schulleiter*innen und Schulleiter, wenn sie eine entsprechende Anordnung der vorgesetzten Dienststelle bekommen.

Wer in bestreikten Schulen Arbeit verrichtet, die nicht unter einen vereinbarten Notdienst fällt, ist ein Streikbrecher. Die GEW fordert ihre beamteten Mitglieder auf, gegenüber den Schulleitungen deutlich zu machen, dass sie nicht als Streikbrecher eingesetzt werden wollen.

Diese Übertragung ist eine Forderung der GEW und wurde in der Vergangenheit auch überwiegend so praktiziert. Insofern profitieren verbeamtete Lehrkräfte sowie Schulleiter*innen und Schuleiter vom Tarifkampf der Gewerkschaften.

Die Rolle des Personalrats beim Streik

Der Personalrat darf die Belegschaft über Tarifziele und Tarifauseinandersetzungen informieren, auch in einer Personalversammlung.

Der Personalrat als Gremium ist nicht Arbeitskampfpartei und darf deshalb nicht zum Streik aufrufen.

Mitglieder der Personalvertretungen dürfen als Arbeitnehmer*innen aktiv an einem Streik, dessen Organisation und Vorbereitung teilnehmen, zu Streiks aufrufen und auch während des Streiks gewerkschaftliche Funktionen wahrnehmen (z.B. Arbeitskampfleitung). Die normale Personalratsarbeit geht auch während eines Streiks weiter. Nur soweit es sich um streikbedingte Maßnahmen des Arbeitgebers handelt, sind die Mitbestimmungsrechte eingeschränkt.

Auch während eines Arbeitskampfes hat der Personalrat das Recht, zu einer Personalversammlung während der Arbeitszeit einzuladen. In dieser kann er über tarifpolitische Ziele und über den Stand der Tarifauseinandersetzungen informieren und mit der Belegschaft darüber diskutieren. Es empfiehlt sich, hierzu Gewerkschaftsvertreter einzuladen. Eine Verletzung der Neutralitätspflicht ist das nicht – auch wenn Arbeitgeber dies gerne so darstellen.

Gewerkschaften sind berechtigt, auch während eines Streiks ihre Werbe- und Informationstätigkeit in den Einrichtungen des Arbeitgebers durchzuführen. Auch über die laufende Tarifauseinandersetzung dürfen Gewerkschaften in den Dienststellen informieren.

Krankheit, Urlaub, Jahressonderzahlung während des Streiks

Beschäftigte, die während eines Streiks arbeitsunfähig erkranken, haben keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, da die Arbeitsleistung schon aus einem anderen Grund – der Streikteilnahme – entfällt. Für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit erhalten sie Krankengeld. Ein Beschäftigter kann allerdings während der Erkrankung seinem Arbeitgeber gegenüber erklären, dass er seine Streikteilnahme beendet. In dem Fall besteht ein Anrecht auf Entgeltfortzahlung. Erkrankt ein Beschäftigter bereits vor Beginn des Streiks, besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Bereits angetretener oder bewilligter Urlaub wird durch einen Streik nicht berührt, während dieses Urlaubs besteht also ein Entgeltanspruch. Der Arbeitgeber kann den bewilligten Urlaub auch nicht wegen des Streiks widerrufen.

Nach Streikbeginn beantragten Urlaub kann der Arbeitgeber verweigern, auch wenn dadurch noch nicht genommener Resturlaub verfällt.

Für Neueingestellte verlängert sich die sechsmonatige Urlaubssperre durch einen Streik nicht.

Schul- oder Semesterferien sind kein Urlaub, sondern unterrichts-/vorlesungsfreie Zeit (Ferien). Sie werden daher im Streik nicht wie Urlaub, sondern als normale Arbeitszeit behandelt

Die Jahressonderzahlung wird laut Tarifvertrag (TVöD/TV-L) dann voll ausgezahlt, wenn der/die Beschäftigte zwölf Monate beschäftigt war. Tage ohne Entgeltanspruch werden bei der Ermittlung der zustehenden Höhe der Jahressonderzahlung nicht berücksichtigt. Daher vermindert diese sich auch nicht durch Streiktage.

Soziale Absicherung der Beschäftigten während des Streiks

Für Streikende besteht kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bei der Berufsgenossenschaft des Beschäftigungsbetriebs.

Bei einem Unfall im Zusammenhang mit dem Streik kommt entweder die vorhandene private Unfallversicherung oder die Krankenkasse zum Tragen.

Für Pflichtversicherte in einer gesetzlichen Krankenkasse besteht während eines Streiks die Mitgliedschaft ohne Beitragspflicht fort. Freiwillig Versicherte und privat Krankenversicherte müssen ihren Beitrag auch während eines Streiks weiter zahlen. Der Arbeitgeberzuschuss wird bei einer streikbedingten Entgeltkürzung anteilig gekürzt. Das gilt auch für die Pflegeversicherung.

Für die Dauer eines Streiks werden keine Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt. Die Rentenversicherung setzt ein Beschäftigungsverhältnis gegen Entgelt voraus. Die Auswirkungen auf die spätere Rente sind minimal – vor allem verglichen mit der Wirkung der erstreikten Gehaltserhöhung. 100 Euro streikbedingter Einkommensausfall ergeben eine Rentenminderung um neun Cent im Monat.

Für eine Streikdauer von bis zu einem Monat dauert das Pflichtversicherungsverhältnis fort.

Quelle: pixabax - CC0 - geralt