Zur aktuellen Situation in Thüringen
Wir wissen viel und tun so wenig
Kennt Ihr den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“? In diesem Film wird Bill Murray jeden Tag um 6 Uhr vom gleichen Lied geweckt und er erlebt den vergangenen Tag immer wieder aufs Neue. Wenn nicht, dann kennt Ihr ganz sicher das kindliche „Nochmaaahaaal“, egal ob Karussell, Rutsche oder das immer gleiche Vorlesebuch. Und genauso geht es mir.
Ich habe den Eindruck, der Umgang mit der Corona-Pandemie gleicht dem Murmeltiertagfilm. Vieles wiederholt sich, wird zur Dauerschleife. Da wird vor einem exponentiellen Wachstum der Inzidenz gewarnt, zunächst aber erst einmal abgewartet, ob es nicht doch ohneMaßnahmen gelingt. Dann werden in aller Hektik Maßnahmen eingeführt, teils halbherzig, teils für den Moment überzogen, um kurz darauf den Lockdown auszurufen, weil es anders nicht mehr gelingt, das Infektionsgeschehen in den Griff zu bekommen. Ein solches Vorgehen mag beim erstmaligen Auftreten noch nachvollziehbar sein, beim zweiten, dritten und vierten Mal nicht mehr.
Sehenden Auges
wurden Kitas, Schulen und andere Jugend- und Bildungseinrichtungen nach den Sommerferien wieder in die Dauerschleife von Quarantäne mit Distanzunterricht geschickt, die durch den Personalmangel alle Einrichtungen an die absolute Belastungsgrenze bringt. Es war falsch, auf Masken, Abstand und regelmäßiges Testen zu verzichten. Das RKI hat sehr früh Empfehlungen herausgegeben, unter welchen Bedingungen Kitas und Schulen geöffnet bleiben können, ohne bei nicht impfbaren Kindern unter 12 Jahren eine Durchseuchung zu starten. Aber was sind schon RKI-Empfehlungen wert, wenn man einen eigenen Wissenschaftlichen Beirat arbeiten lässt, eine Bundestagswahl zu bestreiten und komplizierte Haushaltsverhandlungen ohne eigene parlamentarische Mehrheit vor sich hat?
Es ist dramatisch!
Denn wir wissen viel mehr über das Virus, seine Art der Verbreitung, seine akute Wirkung und was sich hinter Long-Covid verbirgt. Wir kennen die Instrumente, mit denen wir eine Verbreitung verhindern können und wir haben obendrauf noch Impfmöglichkeiten, die von einem Teil der Gesellschaft nicht genutzt werden, obwohl sie einen erheblichen Beitrag leisten, Kitas und Schulen sicherer zu machen. Schulträger schaffen statt Luftfiltern CO2-Ampeln an, gleichwohl Lehrkräfte sehr genau wissen, wann der Sauerstoff im Klassezimmer Nachschub braucht. In einer ersten Welle einer Pandemie Fehler zumachen ist vermutlich unvermeidbar. Sie immer und immer zu wiederholen aber eine Katastrophe mit Ansage. Nicht nur für Lehrkräfte und Erzieher:innen, die die Folgen der Schulschließungen vor allem imemotionalen und sozialen Lernen der Schüler:innen auffangen müssen. Nein, auch für Eltern und Schüler:innen bedeutet die momentane Situation wieder ein Höchstmaß an Unsicherheit. Das muss aufhören!
Wir benötigen einen umsetzbaren Plan zur Pandemiebewältigung
Dazu gehören neben AHAL regelmäßiges Testen in Kitas und Schulen, die Anschaffung von Luftfiltern und eine Impfkampagne, die überzeugend ist. Wir benötigen neben bundes- und landesweiten Regelungen auch lokale Entscheidungen, um Infektionsgeschehen eindämmen zu können. Noch immer aber gehen die zuständigen Behörden und Ebenen nicht miteinander an die Lösung, sondern jede:r für sich. Dass das auf Dauer nicht funktioniert, hat bereits der Sommer 2020 gezeigt. Und nun erleben wir eine Phase mit Inzidenzwerten, bei denen wir im letzten Jahr blass geworden wären, eine steigende Zahl von Impfdurchbrüchen und eine Überbelastung des Gesundheitssystem, in dem erneut planbare Operationen und Behandlungen verschoben werden müssen. Ich mochte den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ eigentlich. Aber darüber muss ich nochmal nachdenken.
Ich wünsche Euch von Herzen ruhige und besinnliche Feiertage und einen gesunden Start ins Jahr 2022, das mehr Neues und Frisches bereithält.
Herzliche Grüße
Kathrin Vitzthum
Eure Landesvorsitzende
99096 Erfurt