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Was die Mitglieder beschlossen haben

Wie kann die Digitalisierung der Thüringer Schulen erfolgreich sein?

Auf der 10. Landesvertreterversammlung der GEW Thüringen im September 2022 in Weimar wurde durch die Delegierten ein Beschluss zu den notwendigen Inhalten der Digitalisierung der Thüringer Schulen getroffen. Bezug nimmt er dabei auf einen von der AG Digitalisierung erarbeiteten und vom Landesvorstand so beschlossenen Anforderungskatalog hinsichtlich der Schulverwaltungssoftware vom September 2021. Beide sind hochaktuell und hier in leicht gekürzter Version.

Vorbemerkungen

Bei der Digitalisierung der Schulen wird meist nur an die Lehrer:innen gedacht. Ein Medienkonzept mit Nutzung vieler Komponenten digitaler Bildungs- und Unterstützungsmöglichkeiten muss den Blick jedoch auch auf andere pädagogische und Verwaltungsfachkräfte richten, insbesondere auf Sonderpädagogische Fachkräfte (SPF), Horterzieher:innen, Schulsekretär:innen und die Assistenz für Schulleitungen. Nicht nur der Bildungs-, sondern auch der Verwaltungsbereich an Schulen ist von der Digitalisierung betroffen. Die GEW Thüringen hat sich mit den aus ihrer Sicht notwendigen Anforderungen an die Schulverwaltungssoftware befass

 

Gute Schulverwaltungssoftware – Verwaltung an Schulen leicht(er) gemacht

Schulleitungen, aber nicht nur diese, können ein Lied vom bürokratischen Aufwand singen, der für einen reibungslosen Schulablauf und die Kommunikation mit Ministerium und Eltern notwendig ist. Er wird auch durch die Schulverwaltungssoftware nicht völlig verschwinden. Eine sinnvolle Schulverwaltungssoftware kann aber erheblich dazu beitragen, diesen bürokratischen Aufwand zu vermindern sowie Zeit und Nerven zu schonen. Dabei kommt es nicht mal darauf an, dass alle Schulen die gleichen Systeme nutzen, aber die Funktionen sollten gleich sein und Schnittstellen zu anderen Systemen sollten vorhanden sein. Daher hat sich die AG Digitalisierung der GEW Thüringen Gedanken zu den Anforderungen einer sinnvollen und zeitgemäßen Schulverwaltungssoftware gemacht und ist bei den GEW-Gremien auf Zustimmung gestoßen. Welche Anforderungen die GEW Thüringen an Schulverwaltungssoftware richtet, stellen wir hier vor.

Thüringer Schulen brauchen eine moderne und leistungsfähige Schulverwaltungssoftware

Die Coronapandemie hat zum einen gezeigt, wo die Schwächen in der Organisation von und in Schule liegen, zum anderen bringt sie u. a. wegen der fortschreitenden Digitalisierung fortlaufend neue und zusätzliche Aufgaben, die angespannte Ressourcen binden. Es zeigt sich deutlich das Erfordernis, Schulverwaltungssoftware besser zu gestalten. Sie muss Verwaltungsarbeit vereinfachen, bei neuen Aufgaben einfach erweiterbar sein und Schnittstellen besitzen, die die Kompatibilität der Daten für andere Systeme gewährleisten. Dies alles hat unter dem Aspekt des Datenschutzes zu geschehen. Schulverwaltungssoftware in Thüringen genügt diesen Anforderungen noch nicht. Daher fordern wir das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (TMBJS) sowie die Schulträger auf, gemeinsam umgehend die Verbesserung dieses Instrumentes der Schulplanung und -organisation anzugehen und zügig umzusetzen

Aus Sicht der GEW Thüringen muss Schulverwaltungssoftware folgende Funktionen beinhalten:

  • Tools für die Verwaltung der Daten von Schüler:innen (SuS) sowie der Personaldaten.
  • ein digitales Klassen- und Notenbuch sowie Möglichkeiten des Zeugnis- und Formulardrucks.
  • ein Tool für die Planung der Schuljahre: dazu gehört, das aktuelle sowie zukünftige Schuljahre geplant werden können und auf die Planung vergangener Schuljahre zurückgegriffen werden kann.
  • Tools für die Klassen- und Kursbildung sowie Arbeitsgemeinschaften.
  • ein Tool zur Hortverwaltung.
  • einen „Home-Info-Point“: er gewährleistet zum Einen den Zugriff der Ausbildungsbetriebe auf die Fehlzeiten ihrer Auszubildenden (für berufsbildende Schulen) und zum Anderen den Zugriff der Eltern auf die Fehlzeiten ihrer (minderjährigen) Kinder (für alle Schularten).
  • ein Tool für den Schulwechsel: dies ermöglicht die digitale Übergabe aller relevanten Daten von einer Schule zur anderen, wenn Schüler:innen die Schule wechseln.
  • die Medienverwaltung: hierzu zählen alle Medien (Schulbücher, Schulleihgeräte für SuS und Personal usw.). Dafür sollen Barcodes eingesetzt werden, so dass das System mit Barcodegenerierung und Barcodescanner ausgestattet sein muss.
  • Tools, die für Server, Zugriff und Datenschutz notwendig sind. Dabei ist das System so angelegt, dass es den Umgang mit personenbezogenen Daten nur unter Einhaltung der Datenschutzvorschriften ermöglicht und dies erleichtert.
  • Tools, die sowohl für die notwendige statistische Erfassung als auch für die Weitergabe an andere statistische Systeme des TMBJS, der Schulämter oder Schulträger erforderlich sind.
 
Damit die Schulverwaltungssoftware auch im Detail den Anforderungen und der Realität der verschiedenen Schularten entspricht, fordert die GEW Thüringen, bei der Entwicklung von Anfang an Beschäftigte aus den Schulen (verschiedene Beschäftigtengruppen, alle Schularten) als Berater:innen und ständige Tester:innen hinzuziehen. Dies ist unabhängig davon, in wessen Händen die Entwicklung bzw. Implementierung der Schulverwaltungssoftware liegt. Außerdem sind alle Beschäftigten, die in den Schulen tätig sind (auch Beschäftigte der Jugendhilfe) vor Einsatz der Software zu qualifizieren, besonders im Hinblick auf Verschlüsselungstechniken und Datenschutz. Die Verschlüsselungsinstrumente sind ihnen zur Verfügung zu stellen.

Liste der notwendigen Funktionen der Schulverwaltungssoftware

Verwaltung der Schüler:innen-(SuS)-Daten

  • Stammdaten
  • Laufbahndaten
  • Fremdsprachen
  • Eltern und Personensorgeberechtigte
  • Zuordnung zu Klassen/Kursen
  • Differenzierungsschüler:innen
 

Verwaltung der Personaldaten

  • Stammdaten
  • Ausbildungsfächer
  • Pflichtstunden, Wochenstunden
  • Anrechnungs-, Abminderungs- und Abwesenheitsstunden
  • Abordnungen
  • Aufgaben im Unterstützungssystem
 

Digitales Klassen- und Notenbuch

  • Zugriff des Personals von zu Hause bzw. offline und über eine App möglich
  • Erfassung aller Lehrberichte
  • Terminplanung im Klassenbuch
  • Erfassung aller Fehlzeiten
  • Erfassung aller Noten differenziert nach den verschiedenen Lernkontrollen
  • individuelle Gewichtung von Noten und Zusammenfassung zu Gesamtnoten – Vorbereitung für den Zeugnisdruck
 

Zeugnisdruck

  • enthält stets die aktuellsten im Amtsblatt des TMBJS veröffentlichten Zeugnisvordrucke für alle Schularten
  • errechnet automatisch die Abschlussnote
  • druckt alle Zeugnisarten
 

Formulardruck

  • Schulbescheinigungen
  • Schülerausweise
  • Klassenlisten
  • Prüfungsunterlagen
  • Ordnungsmaßnahmen
  • Einladungen zu Elternversammlungen
  • Briefe zur Versetzungsgefährdung
  • Hortan- und –ummeldungen
  • weitere schulspezifische Formulare (z. B. Praktikumsverträge)
 

Planung der Schuljahre

  • Planung des aktuellen Schuljahres
  • Planung zukünftiger Schuljahre
  • Zugriff auf Daten vergangener Schuljahre Klassen- und Kursbildung, Arbeitsgemeinschaften
  • Gruppierung der SuS zu Klassen und Kursen
  • Zuordnung der Klassen- und Fachlehrer:innen
  • Festlegung der Unterrichtsräume
  • Hinterlegung der Stundentafeln
  • Erzeugung der jeweiligen Unterrichtsangebote auf der Basis der Stundentafeln im Klassenverband, klassenübergreifend, im Ganztag oder als Arbeitsgemeinschaft
 

Hortverwaltung

  • Erfassung der Anmeldung der Hortkinder, zeitlicher Umfang
  • Erfassung des Einsatzes der Horterzieher:innen
 

Home-Info-Point

  • externer Zugriff der Ausbildungsbetriebe auf die Fehlzeiten ihrer Azubis
  • externer Zugriff der Eltern auf die Fehlzeiten ihrer (minderjährigen) Kinder Schulwechsel
  • digitale Datenübergabe von einer Schule zur anderen Medienverwaltung
  • Generieren von Barcodes
  • Einsatz eines Barcode-Scanners
  • Verwaltung aller Medien (Schulbücher, Leihgeräte für SuS und Personal usw.)
 

Server, Zugriff und Datenschutz

  • zentrale Speicherung auf sicheren Servern
  • sicherer Zugriff für berechtigte Nutzer:innen zu jeder Zeit von jedem Ort möglich, auch außerhalb der Dienstzeit
  • verschlüsselter Zugang durch zweistufige Authentifizierung der Nutzer:innen | verschlüsselte Datenablage
  • Datenzugriff nur aufgrund der jeweiligen Aufgaben
 

Statistik

  • Im- und Exportschnittstellen
  • Schnittstelle zum TMBJS (z. B. ZPVI) und zum Schulamt für alle Statistiken und Schuldatenerhebungen
  • Schnittstelle zu Stundenplanprogrammen (z. B. Davinci, Untis)
  • Ergänzung schulindividueller Merkmale ist möglich
 

 

Dieser Punkt wird im vorliegenden Papier nicht noch einmal aufgegriffen.

In der GEW Thüringen sind Lehrer:innen und pädagogische Fachkräfte organisiert, die tagtäglich mit den Anforderungen, die die Digitalisierung an Schulen mit sich bringt, beschäftigt sind. Wir wollen und werden unsere Expertise zu diesem Thema in die Diskussionsprozesse in Ministerium und Landtag und an weiteren geeigneten Stellen zur Verbesserung der Situation der Beschäftigten, aber auch der Schüler:innen einbringen.

Die GEW Thüringen betont: Bei den Entscheidungen, wie die Digitalisierung an Schulen umgesetzt wird, muss immer das pädagogigsche Prinzip höchste Priorität haben, die technische Umsetzung hat diesem zu dienen. Es bedeutet auch, analoge Lehr-/ Lernmöglichkeiten nicht vollständig abzuschaffen, sondern sie – nicht nur bei Ausfall der Technik – sinnvoll einzusetzen.

Ausstattung

Dienstgeräte für Lehrer:innen und pädagogische Fachkräfte

Alle Lehrer:innen und pädagogischen Fachkräfte müssen vom Schulträger (staatlich oder privat) mit geeigneten Dienstgeräten ausgestattet werden. Der Schulträger hat bei der Erst-, Nach- und Neubestellung auf die Anforderungen der Schulen an die Geräte Rücksicht zu nehmen.

Leihgeräte und Internetzugang für bedürftige Schüler:innen

Bedürftige Schüler:innen sind für uns nicht nur Schüler:innen, die einen Unterhaltsanspruch nach Hartz IV haben. Für Letztgenannte ist gerichtlich geklärt, dass ihnen ein Laptop bzw. Tablet zu bezahlen ist. Wir gehen darüber hinaus davon aus, dass auch Familien mit kleinem Einkommen und ggf. mehreren Kindern nur schwer in der Lage sind, die notwendigen Geräte zu erwerben und Anspruch auf Leihgeräte haben müssen …

Internetzugang im Schulgebäude bzw. –gelände

Mindestens in allen Unterrichtsräumen, am besten in der ganzen Schule und auch auf dem Schulgelände muss ein Internetzugang für alle an Schule Beteiligten (Beschäftigte, Schüler:innen, Eltern) bestehen, welcher den jeweils aktuellen Ansprüchen an Datenvolumen, Verlässlichkeit und Sicherheit gerecht werden muss.

Digitale Präsentationstechnik und Medienkonzept

Mindestens jeder Unterrichtsraum muss mit digitaler Präsentationstechnik ausgestattet sein. In einer Grundschule gehören dazu auch die Räume des Hortes (für u. a. Hausaufgabenbetreuung) und in einer Ganztagsschule alle Räume für die Freiarbeit für Schüler:innen. Daher ist die Entwicklung eines Medienkonzeptes notwendig (siehe auch den Leitfaden des ThILLM), …

Administrierung der digitalen Technik

Die Administrierung der digitalen Technik der Schule muss durch spezielles Personal erfolgen. Zu dieser Technik gehören auch die Leihgeräte für Lehrer:innen und pädagogisches Personal sowie Schüler:innen. Die Schulen benötigen einen zeitnahen Zugriff auf dieses spezielle Personal, der kurzfristige Nothilfe mit einschließt. Die GEW Thüringen sieht dafür IT-Kräfte, die bei den Schulträgern speziell für Aufgaben an den Schulen angesiedelt sind, als geeignet an. Damit die engmaschige Betreuung gewährleistet ist, ist der Betreuungsschlüssel, wie viele Endgeräte durch die Servicekraft betreut werden dürfen, mit Beteiligung des Hauptpersonalrates Schule zu regeln.

Thüringer Schulcloud (TSC)

Die TSC muss fortlaufen weiterentwickelt werden. Sie muss stabil laufen und vielfältige Möglichkeiten der Materialsammlung und des interaktiven Arbeitens bieten. Der in der TSC implementierte Messengerdienst ist endlich freizuschalten. Er muss dabei entweder auch als App zur Verfügung stehen oder einfach auf dem Smartphone nutzbar sein. Wenn die TSC als Instrument der digitalen Arbeit in der Schule eingesetzt werden soll, benötigen weitere Personen – eingeschränkte – Zugriffsmöglichkeiten, insbesondere Eltern, Ausbildungsbetriebe, Sozialarbeiter:innen, Schulpsycholog:innen.

Lehrplan- und Prüfungsrelevanz

Wenn sich der Unterricht durch die Digitalisierung wandelt, müssen auch die Kompetenzen, die vermittelt werden, angepasst und entsprechend in den Lehrplänen verankert werden. Ebenso sollten auch Prüfungsformate angepasst werden, seien es Leistungsüberprüfungen während des Schuljahrs oder Abschlussprüfungen. Die Entwicklung dieser Formate und Modi ist voranzutreiben. Bei beiden ist darauf zu achten, dass diese neuen Formate von der Kultusministerkonferenz (KMK) anerkannt sind.

Dauerhafte Finanzierung

Die Ausstattung von Schulen, Schüler:innen und Beschäftigten mit IT-Technik, der Aufbau digitaler Lehr-/Lernumgebungen usw. sind ein fortlaufender Prozess. Nach der Anschubfinanzierung des Bundes ist es jetzt Aufgabe des Freistaates Thüringen, jährlich ausreichend Gelder für Erhalt, Verbesserung und Ausbau der Digitalisierung an Schulen zur Verfügung zu stellen. Diese Aufgabe kommt vorrangig dem Thüringer Landtag zu.

Aus- und Fortbildung

In der 1. und 2. Phase der Lehrer:innenausbildung ist es dringend erforderlich, in die Studien- und Ausbildungspläne nicht nur den Umgang mit IT-Technik, sondern auch die Methodik und Didaktik eines Unterrichts mit digitalen Anwendungen und die Auseinandersetzung mit den Chancen und Risiken des digitalisierten Unterrichts aufzunehmen. Diese Notwendigkeit trifft auch auf die Ausbildung pädagogischer Fachkräfte wie Horterzieher:innen, Heilerziehungspfleger:innen oder Heilpädagog:innen zu.

Außerdem muss das ThILLM den bereits jetzt in der Schule Beschäftigten ausreichend Fortbildungen bereitstellen. Diese Angebote müssen den unterschiedlichen Ausgangskenntnisständen der Beschäftigten Rechnung tragen. Welche Kenntnisse jede:r Beschäftigte entsprechend vorweisen muss, ist zu definieren und entsprechend der Entwicklung der Technik sowie von Methodik und Didaktik fortlaufend weiterzuentwickeln.

Abgrenzung der Arbeitszeit

Digitale Anwendungen erleichtern Abläufe, erwecken aber den Teilnehmer:innen oft den Anspruch der sofortigen und uneingeschränkten Verfügbarkeit von Ansprechpartner:innen 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Für die Beschäftigten ist es wichtig, Zeiten zu haben, in denen sie nicht zeitnah auf Anfragen oder Anforderungen reagieren müssen, egal, ob es sich um Anfragen von Schüler:innen, Eltern, Ministerium usw. handelt. Hier geht es um Zeiten am Abend oder am Wochenende. Ziel ist nicht die Verhinderung von Kommunikation, sondern das Recht, zu bestimmten Zeiten selbst entscheiden zu können, ob man sofort reagieren will. Daher sieht es die GEW Thüringen als wichtige Aufgabe an, Regelungen zur elektronischen Verfügbarkeit von Beschäftigten von Schulen abzuschließen. Wir erwarten daher eine zügige Umsetzung einer entsprechenden Rahmendienstvereinbarung im Bereich Schule.

Kontakt
Dr. Michael Kummer
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Adresse Heinrich-Mann-Str. 22
99096 Erfurt
Telefon:  0361 590 95 22
Mobil:  0151 1063 2902