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Tarifrunde 2023 - Tarifverhandlungen kurz erklärt

Welche Bedeutung ein Tarifvertrag hat, wie eine Tarifforderung entsteht u.v.m.

Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände haben das Recht, Tarifverträge zu schließen, Arbeitskämpfe zu führen und können durch viele Gesetze bei der Gestaltung des Arbeitslebens mitwirken.

Was ist eigentlich ein Tarifvertrag?

Tarifverträge sind Kollektivverträge, die zwischen Arbeitgebern oder ihren Verbänden und den Gewerkschaften ausgehandelt und abgeschlossen werden. Sie regeln die Arbeitsbedingungen für ganze Berufsgruppen eines Wirtschaftszweiges und definieren
Rechte sowie Pflichten der Arbeitgeber, Arbeitnehmer und der Arbeitnehmervertretungen. Des weiteren regeln Tarifverträge die Art der Tätigkeiten, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen.

Wie kommt ein Tarifvertrag zustande?

Am Beispiel des TV-L betrachtet sind folgende Informationen zum Schaubild wichtig:

Wann endet ein Tarifvertrag?

In der Regel gibt es vier Möglichkeiten unter denen ein Tarifvertrag enden kann. Zum einen durch Ablauf der Zeit, für die der Tarifvertrag abgeschlossen wurde. Zum anderem, wenn beide Seiten ihn freiwillig beenden; durch ordentliche Kündigung (unter
Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist) oder durch außerordentliche Kündigung (bei Vorliegen eines wichtigen Grundes). In unserem Fall gibt es unterschiedliche Kündigungsmöglichkeiten für den eigentlichen Tarifvertrag (Manteltarifvertrag) und
dessen Anlagen, z. B. die Entgelttabellen oder die Eingruppierungsmerkmale. Die Entgelttabellen können beispielsweise mit einer Einmonatsfrist, frühestens zum 30.09.2023 gekündigt werden.

Wie entsteht eine Forderung?

Wochen vor dem ersten Verhandlungstermin beraten Gewerkschaften, welche Anforderungen die Kolleginnen und Kollegen im Geltungsbereich an eine neue Abmachung stellen. Vertrauensleute, Kreis- und Betriebsverbände sowie Personalräte erfragen die Stimmungen vor Ort und formulieren erste Forderungen.
 Diese Forderungen werden dann an die Tarifkommission weitergetragen (Die Forderungen finden sich auf den Webseiten von GEW Bund und GEW Thüringen.).

Wie verläuft eine Tarifverhandlung?

Die Verhandlungskommissionen der Tarifparteien (Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände) verhandeln über Forderungen und Angebote, wobei hierfür oftmals drei Verhandlungstermine vorgesehen sind. Am Ende dieser Verhandlungen steht meist ein Kompromiss. Dies bedeutet, dass die Gewerkschaften auf einen Teil der Forderungen verzichten und die Arbeitgeber mehr oder weniger über ihr Angebot hinausgehen. Um den Kompromiss in Richtung der Arbeitnehmerinteressen zu bewegen, erhöhen die Gewerkschaften den Druck, indem sie regelmäßig zwischen den Verhandlungsterminen zu Streik-Aktionen aufrufen.

Wer verhandelt?

Die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes der Länder sind in der TdL (Tarifgemeinschaft deutscher Länder) organisiert. Als Landesvertreter sind dort üblicherweise die Finanzminister derLänder federführend. Die Arbeitnehmer sind in verschiedenen Gewerkschaften organisiert. Ver.di ist Verhandlungsführerin für die DGB-Gewerkschaften GEW, GdP und IG BAU (bezüglich der Forstwirtschaft) und handelt zugleich in deren Namen. Zudem besteht eine Verhandlungsgemeinschaft mit dem dbb beamtenbund und tarifunion.

Was bedeutet die Friedenspflicht?

Es besteht Einigkeit darüber, dass während der Laufzeit eines Tarifvertrages kein Streik durchgeführt werden darf. Im Normalfall endet die Friedenspflicht vier Wochen nach Ablauf des Tarifvertrags und bezieht sich grundsätzlich nur auf den Inhalt des jeweiligen Vertrags.

In unserem Fall werden i. d. R. nur die Anlagen zum Tarifvertrag gekündigt, d. h. der Manteltarifvertrag gilt weiter und Änderungendarin können nicht per Streik erzwungen werden, weil auch hier die Friedenspflicht gilt. Daher differenzieren wir auch zwischen Forderungen (bestreikbar, z. B. Entgelterhöhung) und Erwartungen (Änderungswünsche im Manteltarifvertrag – nicht bestreikbar, z. B. stufengleiche Höhergruppierung).

Warnstreik, Streik, was ist zu beachten und wo liegt der Unterschied?

Der Warnstreik soll Arbeitgebern die Entschlossenheit ihrer Beschäftigten vor Augen führen „richtig“ zu streiken, wenn auf ihre Forderungen von der Gegenseite in Verhandlungen nicht eingegangen wird. Warnstreiks finden typischerweise bei laufenden Verhandlungen statt. Sie sind legal, wenn die Gewerkschaft dazu aufruft und keine Friedenspflicht mehr besteht.

Beim Streik geht es um eine gemeinsame, planmäßige, vorübergehende,volle oder teilweise Vorenthaltung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung durch eine Mehrheit der Arbeitnehmer zur Erreichung des Zieles.

Ohne Arbeit kein Lohn ist auch der Grundsatz, der beim Streik gilt. Für Streikende erlischt also der Lohnanspruch für die Zeit des Streiks. Gewerkschaftsmitglieder sind dabei im Vorteil, da die Gewerkschaften Streikgeld bezahlen, d. h. den Lohnausfall zum Großteil aus der Streikkasse kompensieren.

Was bringt uns der TV-L?

Im Hinblick auf die wöchentliche Arbeitszeit, die Ausgestaltung der Arbeitswoche, den Urlaubsanspruch, die Jahressonderzahlung, die vermögenswirksame Leistungen sowie die Erhöhung von Vergütungen gibt es im TV-L Aussagen die über die gesetzlichen Möglichkeiten hinausgehen. Ihr wollt nicht (nur) rätseln, sondern wisst, welche das sind? Eure Antworten nehmen wir bis 01.11.2023 unter marlis.bremisch(at)gew-thueringen(dot)de, Stichwort „TV-L-Rätsel“ und verlosen unter den ersten fünf Einsendungen ein Überraschungspaket. ;-)

Kontakt
Katrin Glaser
Mitglied im Leitungsteam des Betriebsverbands der Friedrich-Schiller Universität Jena
Kontakt
Marko Hennhöfer
Lehrkraft für besondere Aufgaben an der TU Ilmenau