Unsere Meinung im Anhörungsverfahren
Stellungnahme der GEW Thüringen zu Schulen in freier Trägerschaft
Gleich vorneweg: Die GEW Thüringen steht für eine faire Landesförderung der Schulen in freier Trägerschaft, vor allem mit Blick auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.
Es steht außer Frage, dass das Thüringer Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft aufgrund seiner Befristung zum 31. Dezember 2020 neu geregelt werden muss. Vor diesem Hintergrund unterstützen wir ausdrücklich und ausschließlich den Antrag der SPD-Fraktion (DS7/2035), der eine Anpassung für das Jahr 2021 vorsieht und ansonsten auf eine Evaluierung der Landesförderung setzt, um mögliche strukturellen Unwuchten des bisherigen Finanzierungsmodell durch datenbasierte Novellierungsvorschläge beseitigen hilft.
Die GEW Thüringen betrachtet den Aufwuchs der Schulen in freier Trägerschaft mit einiger Sorge. Waren im Schuljahr 1992/93 nur 1,5 Prozent der allgemeinbildenden Schulen in freier Trägerschaft, beträgt ihr Anteil aktuell 11,2 Prozent. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der Schüler*innen von damals 0,4 Prozent auf nunmehr 9,4 Prozent. Laut dem Nationalen Bildungsbericht 2014 kann die Zunahme der Bedeutung von Schulen in freier Trägerschaft
„als Hinweis interpretiert werden, dass die derzeitigen Angebote des öffentlichen Schulwesens den Bedürfnissen der Eltern nicht ausreichend gerecht werden.“1
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft stellt in ihrem Privatisierungsreport fest:
„Mangelndes Vertrauen gegenüber öffentlichen Schulen und die Wünsche der Eltern müssen ernst genommen werden. Schulen sind vielerorts unterfinanziert, was sich in Unterrichtsausfall, großen Klassen, mangelnder individueller Förderung und schlechter Ausstattung manifestiert. Da erstaunt es kaum, dass viele besser verdienende Eltern nach Alternativen suchen.“2
Auch wenn in § 4 Ersatzschulen (1) ThürSchfTG geregelt ist, dass für die Aufnahme von Schüler*innen deren weder die Herkunft noch das Geschlecht des jungen Menschen noch die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung seiner Eltern bestimmend sein dürfen, leisten staatliche Schulen ihren gesellschaftlichen Integrationsauftrag unter deutlich schwierigeren Bedingungen als dies in Schulen in freier Trägerschaft üblich ist. Das lange Zeit geltende Alleinstellungsmerkmal von Schulen in freier Trägerschaft zur Umsetzung reformpädagogischer Schul- und Unterrichtskonzepte ist längst keines mehr. Eine Reihe von staatlichen Schulen hat sich reformpädagogisch weiterentwickelt und dies in aller Regel ohne direkten Einfluss auf Personalauswahl und ohne zusätzliche Ausstattung.
Um nicht missverstanden zu werden: Die GEW Thüringen steht für eine faire Landesförderung der Schulen in freier Trägerschaft, vor allem mit Blick auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Zuvorderst ist unser Interesse aber die Stärkung und der Ausbau der staatlichen Schulen mit ihrem öffentlichen Bildungsauftrag, der durch Pädagog*innenmangel, schlechte sächliche und räumliche Ausstattung und eine strukturelle Unterfinanzierung des Bildungssystems derzeit unter starken Druck steht.
1 – Autorengruppe Bildungsberichterstattung, Bildung in Deutschland 2014, S. 96
2 – Privatisierungsreport 16: Privatschulen auf dem Prüfstand, hrsg. v. GEW
99096 Erfurt