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Allgemein

Schule leiten – eine Herausforderung

„Der Schulleiter trägt die Gesamtverantwortung, dass der im Thüringer Schulgesetz formulierte Bildungs- und Erziehungsauftrag umgesetzt wird. Er sichert in gemeinsamer Verantwortung mit allen an ihrer Schule Beteiligten die Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsanspruchs jedes Schülers. Dafür stellt er sein Wirken und das der Pädagogen in den Dienst des erfolgreichen Lernens der Schüler.“ (Konzeption des für das Schulwesen zuständigen Ministeriums zur Qualifizierung von pädagogischen Führungspersonen in Schulen, S. 7)

Der Wille und die Realität

Ich habe in den letzten Jahren viele Schulleiter:innen kennengelernt. Ihnen gemeinsam ist der Wille, ihre Schulen zu Lernorten weiterzuentwickeln, in denen alle Beteiligten ihre Potenziale ausschöpfen und ihre Kompetenzen erweitern können und die Schüler:innen zu guten Schulabschlüssen zu führen. Dies erfordert nicht nur hohe fachliche und persönliche Qualifikationen, sondern auch ein gerüttelt Maß von Nervenkostüm.

Die Schulleitungsstudie1 von Cornelsen offenbart u.a. die Gestaltungsmöglichkeiten, vor allem aber die Problemlagen, vor den Schulleiter:innen zunehmend stehen. Die Bestandsaufnahme vom Herbst 2021 ergibt:

  •  Deutschlands Schulleitungen bleibt kaum Zeit, sich mit der Weiterentwicklung ihrer Schulen zu beschäftigen. Der Grund: Sie müssen zu viele kleinteilige Aufgabenbereiche bewältigen. Administrative Tätigkeiten beanspruchen einen Großteil ihrer Arbeitszeit – 54 Prozent verbringen damit wöchentlich mehr als 10 Stunden.
  • Die aktuell wichtigsten Themen, mit denen sich Schulleitungen beschäftigen, sind digitale Ausstattung (67 Prozent), bauliche Themen wie Sanierungen, Um- oder Neubauten (62 Prozent), Digitalisierung des Unterrichts (58 Prozent) und die Gewinnung von neuem Lehrpersonal (54 Prozent).
  • Zum Befragungszeitpunkt im Herbst 2021 schauten 72 Prozent der Schulleitungen unzufrieden auf die vergangenen 12 Monate zurück. 52 Prozent blickten der Zukunft ihrer Schule optimistisch entgegen.

Insbesondere der letzte Punkt bereitet Sorge. Nur gut die Hälfte der Befragten schaut optimistisch der Zukunft ihrer Schule entgegen. Hier hat die Bewältigung bzw. das oft als Abwälzen der Bewältigung der Corona-Pandemie ganz sicher einen großen Anteil. Mit Blick auf die aktuellen Themen (digitale Ausstattung, bauliche Situation der Schule, Digitalisierung des Unterrichts und Personalmangel) sind es genau die Bereiche, die in der Krise wie unterm Brennglas sichtbar wurden.

Da an Schule alles mit allem zusammenhängt und konzeptionelle Weiterentwicklungen immer auch sächliche, personelle und finanzielle Ressourcen abhängig sind, ist der Druck, der auf Schulleitungen liegt, gewaltig. Allem gerecht werden zu wollen, wird damit zu einem Balanceakt, dem sich immer weniger Menschen stellen wollen.

Immer mehr offene Schulleitungsstellen

In den Amtsblättern des TMBJS2 sind aktuell insgesamt 35 Funktionsstellen für Schulleitung bzw. Vertretung der Schulleitung ausgeschrieben. Aus einer internen Erhebung ist bekannt, dass viele Funktionsstellen unbesetzt sind. Dabei ist das Interesse, eine Berufsbildende Schule oder ein Gymnasium zu leiten, deutlich höher
als bei Grundschulen und Regelschulen. Das manche Schulleiter:in in Thüringen für zwei Schulen verantwortlich zeichnet, ist derzeit noch die Ausnahme, droht aber zur Regel zu werden.

Bei einer Anhörung habe ich den anwesenden Schulleitungen sehr genau zugehört. Die große Sorge war nicht die um die konzeptionelle Weiterentwicklung, sondern tatsächlich die weitere Existenz der Schule an sich. Steigende Schüler:innenzahlen, zu kleine Klassenräume, fehlende Fachkabinette ergeben zusammen mit dem nach wie vor nicht behobenen Personalmangel eine Gemengelage, die konkrete Planungen oft verhindern.

Sanierungsstau und zu wenig Unterstützung

Der Sanierungsstau an mancher Schule ist so groß, dass Elternwünschen nicht mehr entsprochen werden kann. Die Wege für Schüler:innen und Beschäftigte werden durch Baumaßnahmen und dem damit verbundenen Ausweichen in andere Objekte länger, nicht wenige Schulen schaffen ihre Arbeit nur, indem sie verschiedene
Schulteile nutzen müssen. Die damit verbundene Kommunikation mit Schulträgern, die Suche nach Einflussnahme auf Kommunalpolitik ist eine Arbeit, die oft nicht gesehen wird. Hier braucht es dringend Unterstützung für die Schulleiter:innen. Wir fordern auch deshalb spürbare Entlastungen für die Schulleitung, u.a. auch durch den Einsatz von Schulverwaltungsassistenzen, die den Arbeitsalltag erleichtern können.

Schulleitung ist eine komplexe Aufgabe, sie erschöpft sich eben nicht in der pädagogischen Leitung, in der Kommunikation und Gestaltung mit allen an Schule Beteiligten, sondern erfordert eine stete Kommunikation mit politischen Entscheidungsträgern.

Das TMBJS ist dringend aufgefordert, sich stärker in der Personalentwicklung zu engagieren, die Funktionsstelle attraktiv zu gestalten und frühzeitig Führungskräfte zu entwickeln.

Wir als GEW Thüringen stehen bei der Entwicklung selbstverständlich gern zur Verfügung.

1 Kurzfassung: FiBS Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie im Auftrag von Cornelsen Verlag GmbH. „Schule zukunftsfähig machen“ - Cornelsen Schulleitungsstudie 2022.
 Kurzfassung, Cornelsen Verlag GmbH, Berlin, 2022
2 Amtsblatt 3/2022 und Amtsblatt 4/2022
Kontakt
Kathrin Vitzthum
Landesvorsitzende
Adresse Heinrich-Mann-Str. 22
99096 Erfurt
Telefon:  0361 590 95 12 (Sekretariat)