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Bildungspolitische Leitanträge und ihre Umsetzung in Beschlüsse - ein schweres Stück Arbeit!

Zum Gewerkschaftstag wurden über 100 Anträge davon allein 41 Anträge zur Bildungspolitik eingereicht. Hinzu kamen 7 Dringlichkeits- und über 100 Änderungsanträge. Somit standen die Delegierten vor der unlösbaren Aufgabe, in den verbleibenden zwei Beratungstagen all diese Anträge zu behandeln.

Foto: Kay Herschelmann
Foto: Kay Herschelmann

Was sich mit Blick auf die Tagesordnung und der Ablaufplanung schon vermuten ließ, bewahrheitete sich bereits am ersten Beratungstag. Durch eine scheinbar endlose Diskussion zur Geschäfts-und Wahlordnung verschoben sich die Wahlen zum neuen Vorstand um mehrere Stunden.Auch die folgenden Vorstellungen, Befragungen und Wahlen der einzelnen Kandidat*innen zu den Vorstandsbereichen zogen sich bis in den Nachmittag des dritten Beratungstages hinein, so dass für die nun endlich folgende Antragsberatung kaum Zeit bleiben würde.

Dank der unermüdlichen Arbeit der Antragskommission, die ständig versuchte, die verschiedensten Anträge zusammenzuführen und so zustimmungsfähig zu machen, konnte ein Teil der Anträge ohne weitere Aussprache beschlossen werden. Ein weiterer Teil der Anträge wurde zwar beraten und verabschiedet - zur eigentlich notwendigen inhaltlichen Auseinandersetzung blieb nach geändertem Beratungsmodus jedoch kaum Zeit. Eine beträchtliche Zahl von Anträgen, für die letztendlich keine Zeit mehr für die Beratung blieb, wurde zur weiteren Behandlung an den Hauptvorstand überwiesen. So erging es auch je nach Lage den verschiedenen 41 bildungspolitischen Anträgen.

Zur Beratung und etwas ausführlicheren Diskussion kamen zwei Leitanträge,die für die zukünftige bildungspolitische Ausrichtung der Arbeit der GEW bundesweit und damit auch für die GEW Thüringen von großer Bedeutung sein werden. Zum einen ist das der Leitantrag 3.17 Es gibt keine Alternative zur Inklusion und zum anderen 3.26 Bildung in der digitalen Welt. Diese stellen sich inhaltlich den Herausforderungen der Inklusion und der zunehmenden Digitalisierung der Gesellschaft. 

  • 3.17 Es gibt keine Alternative zur Inklusion

Für die Umsetzung unseres Zieles „Eine inklusive Schule für Alle“ ist natürlich dieser Beschluss besonders weitreichend. Was gibt er als Hauptinhalte vor? „Alle allgemeinen Schulen sollen aus ihrem Einzugsbereich Schülerinnen und Schüler aufnehmen, die sonderpädagogischen Förderbedarf haben. Die an diesen Schulen tätigen Fachkräfte sollen alle Aufgaben von Inklusion abdecken. Medizinische Fachkräfte und Lehrkräfte für Deutsch als Zweitsprache sowie für Herkunftssprachen sind nach Bedarf einzustellen. Multiprofessionelle Teams arbeiten auf Augenhöhe zusammen – mit unbefristeten Verträgen. Unterrichtsverpflichtung und Arbeitszeit müssen Inklusionsaufgaben ermöglichen, Klassenobergrenzen sollen gesenkt werden. Statt Ziffernnoten soll es alternative Formen der Leistungsrückmeldung geben, Prüfungen müssen an ein inklusives Schulsystem angepasst werden. Pädagoginnen und Pädagogen müssen entsprechend aus- und fortgebildet werden, die Länder richten regionale Zentren für Beratung und Unterstützung ein.“ (Quelle: GEW- Bund)

In der (zu) kurzen Diskussion wurde deutlich, dass auch innerhalb der GEW die inhaltlichen und zeitlichen Dimensionen der Umsetzung des Inklusionsprozesses durchaus umstritten sind. Dies machten auch einige Änderungsanträge zum ursprünglichen Antrag deutlich.

„Um die Verabschiedung des mehrfach modifizierten Antrags hatte es ein zähes Ringen gegeben. Intensiv diskutiert wurde über die von der Antragskommission empfohlene Streichung eines Passus, in dem es unter anderem hieß, die Landesverbände sollten sich bei Ministerien und Regierungen dafür einsetzen, LSE-Förderschulen (LSE: Lernen, Sprache sowie emotionale und soziale Entwicklung) in auslaufende Schulformen zu überführen, so dass diese „schnellstmöglich“ geschlossen würden. Gundi Müller von der BFGA Sonderpädagogische Berufe kritisierte eine große Verunsicherung ihrer Kolleginnen und Kollegen: Diese bräuchten eine sichere Perspektive.“ (Quelle GEW-Bund) 

Logisch ist, dass bei der Umsetzung dieser Forderung die Förderlehrkräfte irgendwann keine schulische Perspektive mehr hätten. Um dies zu verhindern, müssen sie in einen gelingenden Umsetzungsprozess in die Kollegien der allgemeinbildenden Schulen integriert werden. Damit die Ziele des mit einigen Änderungen und endlich mit deutlicher Mehrheit beschlossenen Leitantrages gemeinsam mit den Beschäftigten erreicht werden können, wird der Hauptvorstand beauftragt, zeitnah eine Bildungsfachtagung Inklusion zu organisieren.

  • 3.26 Bildung in der digitalen Welt

Für den Antrag zur Digitalisierung gab es zahlreiche Wortmeldungen, welche nicht angehört werden konnten. Ursache dafür waren eindeutig die viel zu langen Statements der Antragsteller*innen und der Delegierten, welche Änderungsanträge eingereicht hatten. Die Dringlichkeit des Themas bleibt unbestritten. Wir hätten uns aber aus Thüringer Sicht eine umfangreichere Diskussion gewünscht. Nun kommt es darauf an, diesen Beschluss sehr allgemein zu halten und mit den spezifischen Problemen des Schulalltages in Einklang zu bringen.

„Digitale Medien müssten sinnvoll in Bildung und Unterricht eingebunden werden, wenn sie eine positive Wirkung entfalten sollen, heißt es in dem Beschluss: ‚Die GEW fordert, das Primat der Pädagogik vor der Technologie. Digitale Medien sind ein Mittel zum Zweck und kein Selbstzweck.‘ Außerdem setzt sich die GEW dafür ein, dass nicht nur technische Fertigkeiten vermittelt werden, sondern der kritisch konstruktive Umgang mit digitalen Medien. Das sei nur möglich, wenn Pädagoginnen und Pädagogen durch eine entsprechende Qualifizierung in die Lage versetzt werden, kompetent mit digitalen Medien umzugehen und diese sinnvoll im Unterricht einzusetzen.“ (Quelle: GEW – Bund)

Besonders heiß wurde der Datenschutz diskutiert. Vielen unserer Kolleg*innen ist immer noch nicht deutlich bewusst, welchen besonderen Stellenwert dieser Problematik zukommt. 

„Auch der Einfluss der Wirtschaft wurde diskutiert: Die Delegierten des Gewerkschaftstages erteilten der Ökonomisierung von Bildung durch die Digitalindustrie eine Absage und forderten die öffentliche Finanzierung der digitalen Ausstattung von Bildungseinrichtungen.“ (Quelle GEWBund)

Der Angst, dass die Digitalisierung zu Arbeitsplatzverlust oder der Einführung komplizierter, technisierter Prozesse, Vorschub leistet, tritt die GEW mit klaren Aussagen zur Beteiligung der Betriebs –und Personalräte bei allen diesen Maßnahmen entgegen. Sicher ist aber auch, dass wir uns in einem stetigen Lernprozess dazu befinden und hierfür müssen durch die Verantwortlichen umfangreiche Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung geschaffen werden.

Dies kann an dieser Stelle nur ein kurzer Überblick der wichtigsten bildungspolitischen Beschlüsse sein. Eine Übersicht aller Beschlüsse findet man hier: www.gew.de/28-gewerkschaftstag 

Nun kommt es darauf an, dass wir gemeinsam in den Referaten und Arbeitsgruppen alle Beschlüsse gründlich analysieren, ihre Auswirkungen für unser Handeln diskutieren, auf die Thüringer Verhältnisse anpassen und für deren Umsetzung streiten.

Kontakt
Dieter Gebhardt
Datenschutzbeauftragter der GEW Thüringen
Adresse Heinrich-Mann-Str. 22
99096 Erfurt
Telefon:  0361 590 95 0
Dieter Gebhardt