- Erste Erinnerung: Bildungsmanager*in in einer großen Stadt in Thüringen
Es sollte ein neuer Standort für berufliche Weiterbildung durch mich aufgebaut werden, der Job war natürlich auf zwei Jahre befristet. Die erste Frage war, ob ich denn einen Lebenslauf für die beiden hätte, denn sie haben ihre Exemplare im Büro vergessen. Nach der üblichen Abfrage meiner bisherigen Erfahrungen und Kenntnisse fragte ich nach meinen Aufgaben am neuen Standort.
Die Antwort lautete: „Sie leiten den neuen Standort, sie sorgen für die pädagogische Konzeption, Koordination, für die Werbung von neuen Teilnehmern und sie bauen Kontakte zur Arbeitsverwaltung auf und den örtlichen Unternehmen.“ Soweit so gut dachte ich, aber es ging noch weiter: „Natürlich gehört auch das Unterrichten dazu und auch die sozialpädagogische Beratung der Teilnehmer dazu.“
Mmhhh, viele Aufgaben, dachte ich mir. „Wir möchten natürlich, dass sie unternehmerisch denken und wir bieten Ihnen 24 Tage Urlaub, natürlich in den Schulferien.“ Das gesamte Gespräch hatte einen gönnerhaften Unterton in der Richtung, wir bieten Ihnen die Chance, sich bei uns zu beweisen. Nach 90 Minuten Befragung kam die Frage nach dem Gehalt: Die Zeit war gekommen, unternehmerisch an mich zu denken: „Ich möchte ungefähr eine E 12 vergleichbare Vergütung.“ Die Gesichter fielen in sich zusammen.
- Das zweite Gespräch
war bei einer Gebietskörperschaft, es ging um befristete Stelle im Bildungsbereich auch wieder für zwei Jahre. Zu Anfang wurde ich darauf hingewiesen, dass ich mich glücklich schätzen dürfe, eingeladen worden zu sein. Und es wurde betont, dass es sich um eine wissenschaftliche Stelle handele.
Daraufhin wurde ich gefragt, ob ich überhaupt wissenschaftlich arbeiten könne. Als Antwort verwies ich höflich auf meinen Hochschulabschluss. Auf meine Frage, welche Summe an Sachmitteln für das Projekt eingestellt sind, wurde mir beschieden, dass zu den Personal- und Reisekosten keine weiteren Mittel eingeplant sind.
Als nächstes ging es um das Gehalt. Es wurde die in der Stellenausschreibung genannte Gehaltsgruppe erwähnt. Ich erdreistete mich, eine meiner Berufserfahrung angemessene Einstufung der Stufe 4 zu fordern. Daraufhin kam die Frage, welche Begründung ich dafür habe. Ich verwies auf meine Berufserfahrung und auf die Wissenschaftlichkeit der Aufgabe, die vorher so oft betont wurde, welche sich jedoch nicht in der Einstufung der Tätigkeitsgruppe äußerte. Am Ende verplapperte sich der Personaler und meinte, es wäre nicht mehr als die Erfahrungsstufe 1 beantragt worden.
- Gespräch Nummer drei
ging um eine Tätigkeit bei einem Träger der beruflichen Bildung im ländlichen Raum. Zwei Optionen wurden angeboten: entweder als befriste Beschäftigung über zwei Jahre oder als Honorarkraft.
Die 40-Stunden-Woche wird mit 2.300 brutto entlohnt, wobei davon 28 Stunden auf das Lehrdeputat entfallen. Der Urlaub beträgt 30 Tage. Als Honorarkraft wäre man damit bei knapp 25 € pro Stunde. Wobei der Stundenumfang wöchentlich angepasst wird, als Honorarkraft ist man also nie sicher, was man nach Hause bringt. Selbstverständlich solle man möglichst jeden Tag zur Verfügung stehen.
- Mein Fazit
Ich bin immer wieder erstaunt, wie Thüringer Arbeitgeber im Bildungsbereich sich ein großzügiges Arbeitsangebot vorstellen und gern Menschen mit einem Master- oder Diplom-Abschluss und entsprechenden Berufserfahrungen suchen, aber nur befristet und zum Preis eines Berufsanfängers ohne jegliche Erfahrungen einstellen wollen.
Natürlich habe ich keine dieser Arbeitsangebote angenommen.