Schulen in Unsicherheit
Corona- und (k)ein Ende
Das neue Jahr beginnt, wie das alte endete - Unsicherheit bei Pädagog:innen, Eltern, Schülerinnen und Schülern, was gilt morgen, nächste Woche…? Muss eine Betreuung der jüngeren Kinder sichergestellt werden, die Schule eine Notbetreuung organisieren, die Lehrer Präsenz- und/oder digitalen Unterricht vorbereiten, müssen Projekte gecancelt werden, kann nun doch keine Klassenfahrt vorbereitet werden, dürfen Praktika noch stattfinden…? Die Antwort auf diese Fragen fallen heute so, wenige Tage später jedoch wieder anders aus.
Unwägbarkeiten aber auch schlechte Arbeit
Verständlich ist, dass derzeit kaum politische Entscheidungen passgenau und gar längerfristig gefällt werden können. Ein Leben mit einer Pandemie weltweiten Ausmaßes gab es noch nicht. Daten, auf deren Grundlage Entscheidungen getroffen werden können, liegen unvollständig oder verspätet vor. Die Politik muss nach Abwägung unterschiedlicher Interessen, insbesondere das Recht auf Bildung und Erziehung einerseits und der Gesundheitsschutz anderseits, zu praktikablen Lösungen kommen. Dass dies nicht einfach ist, dass auch Fehleinschätzungen korrigiert werden müssen, wenn neue Erkenntnisse vorliegen oder Gerichte Entscheidungen kippen, ist nachvollziehbar. Aber ein Hickhack wie Ende des Jahres 2021 und zum Start des neuen Jahres ist nicht nur den Unwägbarkeiten der Pandemie geschuldet.
Wenn ein Minister vorbeugend den Präsenzunterricht in guter Absicht aussetzen will, weil die hochansteckende Variante des Virus zu erwarten ist, dies aber rechtlich durch Bundesgesetze nicht gedeckt ist und deshalb wenige Tage später wiederum neue Entscheidungen fallen, dann ist das einfach schlechte Arbeit!
In der Schule muss es umgesetzt werden, immer
Aber egal, welche gesetzlichen Vorgaben für den Schulbetrieb galten und gelten werden, egal, was Lehrkräfte, Erzieher:innen, Sonderpädagogische Fachkräfte und Eltern davon halten (auch hier gibt es wie in allen Bereichen der Gesellschaft Befürworter:innen und Gegner:innen der Corona-Politik), die Vorgaben sind in der Schule umzusetzen. Wenn die Verantwortung auf Schulleiter:innen übertragen wird, dann bedeutet dies nicht nur eine Mehrbelastung der Schulleitungen, sondern geht auch einher mit der Erwartungshaltung des Ministeriums und der Schulämter, dass die Schulleitungen dieser Verantwortung auch gerecht werden.
Wie sich das in der Praxis dann häufig darstellt und vor welche
Probleme das die Schulleitungen stellt schilderte uns eine Schulleiterin einer Thüringer Regelschule, die aus guten Gründen anonym blieben möchte, im nachfolgenden Beitrag „Verantwortung und Fürsorge des Arbeitgebers – grundlegende Rechte oder Fremdwörter?“ Wie Ihr darin lest: Optimismus allein reicht nicht.
Was ist aus den Versprechungen der Politik geworden, um Schule trotz Pandemie möglichst in Präsenz zu ermöglichen?
Luftfilter?
Aus Luftfiltern in den Schulgebäuden, für die den Kommunen Gelder zur Verfügung gestellt wurden, sind in den meisten Räumen nur CO2-Ampeln geworden. Also weiter ständig Fenster auf – auch im Winter.
Dienstgeräte?
Die dienstlichen Laptops für Lehrkräfte stehen kaum einer Schule in ausreichender Zahl zur Verfügung. Das liegt nicht nur an Lieferschwierigkeiten der Anbieter. Mittlerweile sorgen auch die Verträge mit einigen Schulträgern für Verunsicherung hinsichtlich der Haftungsfragen durch die Pädagog:innen.
WLAN, …?
Die Schulcloud funktioniert nach anfänglichen Schwierigkeiten gut und bietet mit ihren Funktionen vielfältige Möglichkeiten der Nutzung. Viele Lehrkräfte haben sich trotz hohem Aufwand eingearbeitet. Jedoch hapert es immer dort an der Umsetzung, wo die technischen Voraussetzungen an den Schulen oder im Haushalt der Schülerinnen und Schüler nicht gegeben sind.
Mehrarbeit?
Der Mehraufwand und die Anerkennung als Mehrarbeit beim Homeschooling waren und sind ein Streitpunkt. Hier konnte die GEW Thüringen zumindest einen Teilerfolg erzielen. Aber nur Distanzunterricht also die „Interaktion mit Schülern“ ist nunmehrarbeitsfähig. Die bloße Erstellung und Einstellung von Aufgaben in die Schulcloud ist weiterhin nicht mehrarbeitsfähig, obwohl dies auch einen enormen zeitlichen Aufwand bedeutet.
Das Angebot des Ministeriums an Lehrkräfte zu planmäßiger Mehrarbeit, um das Aufholen von Lernrückständen von Schülerinnen und Schülern zu ermöglichen, wurde nur minimal angenommen. Angesichts der beschriebenen Belastungen verwundert das nicht.
Probleme werden mehr statt weniger und die Rolle der GEW
Dies alles führt zu einer Zunahme psychischer Probleme und Erschöpfung bei Lehrer:innen, Erzieher:innen, Sonderpädagogischen Fachkräften sowie Schülerinnen und Schülern. Die Lernrückstände werden schwer aufzuholen sein. Dem ist entgegenzuwirken! Aber wie? Vor allem durch die Abstellung der aufgeführten Missstände und Unzulänglichkeiten im Bildungsbereich! Präsenzunterricht unter bestmöglichem gesundheitlichen Schutz bzw. personelle, sächliche und technische Voraussetzungen für einen Distanzunterricht – dies muss Ziel aller politischen Entscheidungen sein!
Die GEW Thüringen wird Entwicklungen und Entscheidungen im Bildungsbereich unter den Pandemiebedingungen weiter konstruktiv und kritisch begleiten. Aber auch abseits der Pandemie oder genauer gesagt, durch die Pandemie noch deutlicher sichtbar geworden, haben wir weitere Themen und Forderungen, die nach wie vor aktuell sind: Insbesondere die Bekämpfung des Personal mangels in allen Schularten und ein Wust an Verwaltungsaufgaben, den es zu verringern, zu digitalisieren bzw. durch zusätzliche Verwaltungsmitarbeiter an den Schulen zu beherrschen gilt.
Diese Themen werden wir nicht aus den Augen verlieren, auch oder gerade wegen Corona.
99096 Erfurt
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