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Einleitung in den Schwerpunkt

Bessere Arbeitsbedingungen durch kluge Schularchitektur

Während meines Lehramtsstudiums war es unter anderem Pflicht, ein vierwöchiges Praktikum an einer Schule zu absolvieren. Meine Wahl fiel auf das Neue Friedländer Gymnasium in der Nähe von Neubrandenburg. Mit der Schule selbst hatte ich mich vorab nicht weiter beschäftigt, der damalige Internetauftritt war sehr bescheiden und Bilder der Schule hatte ich vorher nicht gesehen.

Blick auf die Bibliothek im Gymnasium Friedland (heute Gesamtschule) - Foto: Dohle + Lohse Architekten GmbH

Als ich dann jedoch zum allerersten Mal die Schule betrat, war ich vom Gebäude und, wie ich in den nächsten Tagen und Wochen unmittelbar spürte, vom Schulklima zutiefst positiv beeindruckt. Das Schulgebäude war anders als alle Schulen, die ich bis dahin von innen gesehen und erlebt hatte. Denn diese waren mehr oder weniger nach dem immer gleichen kasernenartigen Muster errichtet: Ein Klassenzimmer nach dem anderen entlang langer Flure, im Klassenraum enge Bänke, vorn eine Tafel, dazu ein trister und zubetonierter Schulhof und eine oftmals zu kleine Turnhalle. In Friedland hingegen fühlte ich mich sofort wohl – und die Schüler:innen und die Beschäftigten offenkundig ebenso. Das Schulgebäude war offen, transparent und hinsichtlich der Raumaufteilungen spannend und gemeinschaftsstiftend: „Die Schule gliedert sich in vier Bereiche: einen Bogen, den „Bumerang“, einen Riegel, drei Kuben und die Sporthalle. Die Normalklassen sind in dem „Bumerang“ untergebracht, die Fachklassen in dem Riegel und die musischen Klassen in den Kuben. Schule und Sporthalle sind transparent gestaltet und verleihen dem Gesamtkomplex einen offenen Charakter. Das Herz der Schule bildet dabei die Halle mit ihrem markanten Flügeldach. Abstufungen im Boden, Treppen, Brücken und die eingestellten Kuben beleben die räumliche Wirkung.“*

Die Halle mit markantem Flügeldach und Abstufungen im Boden bildet das Herz des Gymnasiums Friedland (heute Gesamtschule) - Foto: Dohle + Lohse Architekten GmbH

Schularchitektur als ein Schlüssel für ein positives Lernklima

Mir wurde damals klar, wie sehr die Architektur eines Schulgebäudes das Lernklima beeinflusst – und zwar positiv wie negativ. Damit ist das auch ein Thema für die GEW, denn die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten lassen sich eben auch über eine angemessene und offene Schularchitektur verbessern. Es lohnt sich also, dass wir uns mit Fragen der Architektur von Schulen und anderer Bildungsinstitutionen beschäftigen.

Die Juniausgabe Eurer Mitgliederzeitung macht mit ihrem Schwerpunkt dahingehend einen Aufschlag. Ein längerer Text der Bundeszentrale für politische Bildung, der die Entwicklung der Schularchitektur und die aktuellen Herausforderungen und auch Lösungen aufzeigt, dient dabei als Grundlage. "Früher hat man einfach gebaut, irgendetwas hingestellt und dann hat man Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer hineingestellt in den Raum. Schulbau müsse sich aber an der pädagogischen Ausrichtung orientieren, daher sollte das pädagogische Konzept der erste Schritt eines Schul(um)bauvorhabens sein. Der Raum ist der 3. Pädagoge“, so Reinhard Kannonier im Jahre 2018 und damaliger Rektor der Kunstuniversität Linz. Heute ist man noch ein Stück weiter. Der flexible Raum soll verschiedene pädagogische Konzepte zulassen. Und genau diesen Weg gehen die folgenden Beispiele aus Thüringen. In den beiden Beiträgen wird textlich aber vor allem auch bildlich über die Neubauprojekte der Staatlichen Gemeinschaftsschulen Weimar und der beiden Grundschulen Bendeleben und Ilfeld berichtet. Ich bin gespannt, wie es in Weimar, Bendeleben und Ilfeld nach der Fertigstellung der Bauprojekte dann in der Realität aussieht und vor allem, ob die erdachten architektonischen Lösungen tatsächlich zu einem positiven Schulklima und zu erfolgreichen Lernergebnissen führen. Eine Besichtigung der fertigen Schulgebäude und der Befragung der Kolleg:innen und Schüler:innen vor Ort ließe sich bestimmt organisieren.

Die Rolle der Bildungsgewerkschaft

Die Verbesserung von Arbeitsbedingungen ist eine der zentralen Aufgaben der GEW. Wenn durch eine gute Architektur von Bildungsgebäuden die Arbeitsbedingungen verbessert werden, dann sollten wir uns in die Planungs- und Abstimmungsprozesse vor Ort einmischen. Wie das gelingen kann, zeigt das Beispiel der Gemeinschaftsschule in Weimar. Hier wurden die verschiedenen Perspektiven der Nutzer:innen (Schulleitung, Pädagog:innen, Schüler:innen und Eltern) als auch der Verwaltung (Schulverwaltung, Gebäudewirtschaft, Stadtplanung der Stadt Weimar) und der Politik in die Planungen einbezogen. Ob sich das als Blaupause für andere Schulumbau- oder neubauprojekte anwenden ließe? Wer Interesse an einer vertieften Auseinandersetzung mit solchen Fragen innerhalb der GEW hat, bitte bei mir melden.


*Link: www.architektenkammer.mv.de; Zugriff am 15.05.2023.

Kontakt
Dr. Michael Kummer
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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Auf der Titelseite der tz vom Juni 2023 und hier im Hintergund zu sehen ist der neue Campus der Staatlichen Gemeinschaftsschule Weimar © gernot schulz architektur mit Ponnie Images