Die Ergebnisse der Befragung deuten darauf hin, dass die Lehrer*innenausbildung in Thüringen von den Befragten als überwiegend gut eingeschätzt wird. Dazu beigetragen hat auch die GEW Thüringen, von deren Impulsen und Forderungen der letzten Jahre einige vom TMBJS und dessen Vorgängern umgesetzt wurden. Hierzu sei an die Angleichung der Dauer und der Gewichtung der ersten Phase für das Lehramt an Grundschulen an die anderen Lehrämter oder an die Erstattung von Reisekosten für Lehramtsanwärter*innen erinnert. Es sei darauf hingewiesen, dass sich einige der Forderungen und Verbesserungsvorschläge bereits in den Empfehlungen der Enquete-Kommission „Erziehung und Bildung in Thüringen“ aus dem Jahr 2003, so z. B. die schulstufenbezogene Ausbildung anstelle einer schulartenbezogenen, wiederfinden.
Zur Verbesserung der Lehrer*innenausbildung in Thüringen könnten eine Reihe von speziellen Maßnahmen hinsichtlich des Vorbereitungsdienstes und des Lehramtsstudiums ebenso bei wie allgemeine Maßnahmen zur Verbesserungen der Rahmenbedingungen des Thüringer Schulsystems beitragen. Dazu gehören bspw. Übernahmegarantien für die Absolvent*innen mindestens mittels befristeter Verträge, eine einheitliche tarifliche Eingruppierung, transparente und arbeitnehmerfreundliche Einstellungsprozedere, -fristen und -termine sowie eine ausgeprägte und positive Willkommenskultur an den Thüringer Schulen. Das TMBJS, dessen nachgeordnete Institutionen wie auch die GEW Thüringen und andere unterbreiten bereits jetzt über die formalen Ausbildungsinhalte hinaus Fort- und Weiterbildungsangebote, die in der Studie identifizierte Verbesserungspotenziale aufgreifen und damit einen Teil unserer Forderungen berühren (z. B. fakultative Angebote zur Elternarbeit, Informationsveranstaltungen an den Universitäten über den Übergang zum Vorbereitungsdienst).
Darüber hinaus hat die GEW Thüringen Diskussionen zur Lehrer*innenausbildung, in denen in demokratischer Weise Akteure aus allen drei Phasen beteiligt waren und sind, geführt und führt sie permanent. Dort wurden und werden Positionen, Empfehlungen und Forderungen erarbeitet, die in die Schlussbetrachtung ebenso einfließen wie die Befunde aus der vorgestellten Umfrage. Wir empfehlen daher:
- Die Schaffung einer übergeordneten und von Hochschulen, Landesprüfungsamt und Studienseminaren unabhängigen Institution („Zentrum für Lehrer*innenbildung“) mit effektiven inhaltlichen wie personellen Kompetenzen zur Anleitung, Verknüpfung und Evaluation aller drei Phasen. Neben der verbindlichen Kooperation der an der Ausbildung beteiligten Einrichtungen in allen drei Phasen (inkl. der berufsbegleitenden Aus- und Weiterbildung) könnte das Zentrum insbesondere die Evaluation der folgenden Punkte übernehmen.
- Die konsequente Ausrichtung der ersten und der zweiten Phase der Ausbildung an der gewünschten und benötigten Handlungskompetenz. Dazu soll die Fragestellung „Welches Wissen, welche Fertigkeiten und welche Kompetenzen benötigen angehende Lehrer*innen im Schulalltag?“ normativ sein. Damit einhergehend und am Ziel einer inklusiven Schule orientiert sollte es eine Stärkung und Ausweitung förderpädagogischer Ausbildungselemente in den berufs- und allgemeinbildenden Schularten sowie anstelle einer schulartenbezogenen Ausbildung eine schulstufenbezogene (Primarschule, Sekundarschule, Berufsbildende Schule) geben. Noch besser wäre es, wenn dies innerhalb einer einphasigen Lehrer*innenausbildung stattfindet.
- Die Sicherstellung von mehr Ausbildungsgerechtigkeit durch einen 24-monatigen Vorbereitungsdienst für alle Lehrämter. Dies könnte solange gelten, wie die zweiphasige Lehrer*innenausbildung in Thüringen existiert.
- Die Sicherstellung von mehr Ausbildungsgerechtigkeit durch die Schaffung von zwei weiteren Studienseminaren, davon eines in Südthüringen und eines in Nordthüringen, in Letzterem könnten die dort befindlichen Seminarschulen und Seminarschulverbünde integriert werden. Dabei müsste an allen vier Studienseminaren ein besserer Betreuungsschlüssel im Verhältnis Fachleiter*innen zu Lehramtsanwärter*innen zustande kommen, als es in den Schularten Gymnasium, Regelschule und Grundschule an den Studienseminaren Erfurt und Gera aktuell ermöglicht wird.
- Eine bessere und obligatorische Beratung und Orientierung im Berufs- und Studienwahlprozess der Lehramtsstudierenden durch verpflichtende Beratungsgespräche bzw. -verfahren, verpflichtende Gesundheitstests vor dem Studium und verpflichtendes Ausbildungsmodul zu psychosozialen Basiskompetenzen im ersten Studienjahr.
- Die Schaffung einer größeren Transparenz gegenüber den Lehramtsstudierenden und Lehramtsanwärter*innen über zu erwartende Inhalte, Ablauf, Anforderungen, Bewertungskriterien und Bewertungen vor und während des Vorbereitungsdienstes. Die fachbegleitenden Lehrer*innen sollten ein Notenmitbestimmungsrecht haben und Teil des Prüfungsausschusses sein.
- Die Senkung der zu hohen Belastungen und der höheren Krankheitsanfälligkeit durch die Rücknahme bzw. den Wegfall von Unterrichtsverpflichtungen während der Prüfungsphasen sowie durch die Ermöglichung von Teilzeit im Vorbereitungsdienst.
- Die regelmäßige Durchführung der Befragung der Lehramtsanwärter*innen und anderer Akteure zur weiteren Evaluation der Lehrer*innenausbildung.
In der GEW Thüringen sind sowohl ein Großteil der aktuellen Lehramtsanwärter*innen als auch der jungen Lehrer*innen organisiert. Die GEW Thüringen ist daran interessiert, gemeinsam mit dem TMBJS einen Maßnahmeplan für kurz- wie langfristige Veränderungen der Lehrer*innenausbildung zu erarbeiten und bei der Umsetzung zu begleiten.