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Was sagt die GEW Thüringen zur Thüringer Gemeinschaftsschule?

Die GEW in Thüringen versteht Bildungspolitik als einen Prozess, der von „unten“ wächst.Dies gilt auch und in besonderem Maße für die Einführung der Thüringer Gemeinschaftsschule. Es ist unsere Verpflichtung, beste Bildungschancen für alle zu schaffen, Kinder und Jugendliche zu fördern, ihre Verschiedenheit als Wert anzuerkennen und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Fähigkeiten und Potenziale optimal zu entfalten.

Derzeitige Situation in Thüringen

  • Zurzeit (Schuljahr 2013/14) existieren in Thüringen ca. 30 TGS - diese Schulart ist somit nach ihrer Einführung vor vier Jahren nicht gescheitert, aber auch noch kein durchschlagender Erfolg geworden.
  • Der Grund für die Errichtung einer TGS war oft der Wunsch nach Erhalt kleiner Schulen, besonders in ländlichen Gegenden.
  • Es gibt nur wenige TGS mit den Klassenstufen 1-12, meist beginnt die TGS in Klasse 5 in Kooperation mit Grundschulen und Gymnasium.
  • Kooperierende Gymnasien sind schwer oder gar nicht zu finden. Schüler*innen, Lehrer*innen und Eltern dieser Gymnasien kämpfen vielfach für den Erhalt des gegliederten Schulsystems mit entsprechender Auslese.
  • Die Entscheidungen der Schulträger für oder gegen die Errichtung einer TGS sind noch zu oft von der Parteipolitik vor Ort abhängig, besonders CDU-geführte Städte und Gemeinden zeigen häufig eine ablehnende Haltung.
  • Die vorgegebene Leitungsstruktur einer TGS wird in vielen Fällen als nicht sinnvoll erachtet, besonders Schulleiter*innen von Grund- und Regelschulen sehen sich in ihren Karrieren benachteiligt.
  • Die Bedingungen für die Gründung von TGS sind gelockert worden. So erhalten die TGS die Möglichkeit für schulscharfe Einstellungen von Lehrerinnen und Lehrern und zusätzliche Stundenzuweisungen für die Schulentwicklung und den Ganztagsschulbereich. Die Wissenschaftliche Begleitung und inhaltliche Unterstützung werden gewährleistet. Für die Ganztagsbetreuung können zusätzliche Honorarkräfte eingestellt werden. Schulsozialarbeiter unterstützen die Erziehungsarbeit.
  • Mit der Novellierung des ThürPersVG wurde die TGS nicht als eigenständige Schulart berücksichtigt, je nach Organisation wurden die Lehrerinnen und Lehrer der Gruppe der Regelschulen (bis Klasse 10) bzw. der Gruppe der Gymnasien, BBS (bis Kl. 12)zugeordnet.
  • Bezüglich der Lehrer*innenausbildung gibt es keine Anpassung an die TGS (Schulstufenstattschulartspezifischer Ausbildung).
  • Die Lehrkräfte an TGS sind in den unterschiedlichsten Besoldungs- und Vergütungsgruppen eingruppiert. Die Motivation der Kollegen wird damit nicht gefördert.
  • Der Altersdurchschnitt der Lehrer*innen und Erzieher*innen an Thüringer Schulen und die zu geringe Anzahl der Neueinstellung junger Kollegen*innen wirkt sich hemmend auf die Errichtung von TGS aus. Viele, besonders ältere Kollegen*innen, fühlen sich mit dem erhöhten Arbeitsaufwand, den die Umsetzung des geforderten pädagogischen Konzeptes einer TGS mit sich bringt, überfordert.
  • Viele Regelschulen in Thüringen haben eine sehr gute Schulentwicklung betrieben und inzwischen bewährte Konzepte vorzuweisen und sehen keinen Grund sich „abzuschaffen“.
  • Die GEW vertritt offensiv das Prinzip „Eine Schule für alle“, realistisch ist in Thüringen zurzeit aber vorläufig nur die Existenz der TGS neben dem Gymnasium.

Gelingensbedingungen für Gemeinschaftsschulen

  1. Die politischen Entscheidungsträger und auch die GEW müssen zukünftig in der Öffentlichkeit stets klar zur TGS positionieren.
  2. Innerhalb der GEW muss ein Konsens zur Rolle des Gymnasiums gefunden werden. (Im Referat Allgemein- und berufsbildende Schulen muss dazu eine AG TGS eingerichtet werden.)
  3. Die Entwicklung der TGS wird in der GEW ständig analysiert. Dazu ist eine enge Zusammenarbeit mit bestehenden und in Planung befindlichen Schulen sowie den Universitäten (Auswertung der wissenschaftlichen Begleitung) erforderlich.
  4. Um dem Wunsch vieler Eltern nachzukommen und die Attraktivität der TGS zu erhöhen sollte der Hort an der TGS auf die Klassen 5 und 6 ausgeweitet werden. Bei Kooperation einer TGS mit Grundschulen ist dieses organisatorisch zu prüfen.
  5. Die Eingruppierung und Vergütung der Lehrer*innen an TGS kann nicht unterschiedlich belassen werden. Das Lehramt „Lehrer*in an TGS“ ist in die Besoldungsverordnung A als eine Laufbahn des höheren Dienstes aufzunehmen und die zukünftigen Lehrer*innen an den TGS sind einsprechend einzustufen. Dazu sind konkrete Verhandlungen mit der Landesregierung notwendig.
  6. Die Lehrer*innenausbildung muss geändert werden. Es muss ein Studiengang „Lehramt“ an Thüringer Gemeinschaftsschulen“ eingeführt werden.
  7. Die Leitungsstruktur an den TGS sollte innerhalb einer Schulleitung verschiedene Verantwortungsbereiche umfassen. Vorschlag GEW: Schulleiter*in, Grundstufenleiter*in (Klassen 1-4), Leiter*in Sekundarstufe I (Klassen 5-10), Leiter*in Sekundarstufe II (Klassen 11/12) und zusätzlich je ein Koordinator*in für die Ganztagsbetreuung und zur Berufsorientierung.
  8. In § 92 des Thüringer Personalvertretungsgesetzes müssen die Beschäftigten der Thüringer Gemeinschaftsschule als eigenständige Gruppe definiert werden.

(aus: Bildungspolitischer Leitantrag "Gute Bildung für alle - gute Bedingungen für alle" der GEW Thüringen, verabschiedet auf der 8. Landesvertreterversammlung, September 2014).

Kristina Argus
Kontakt
Kristina Argus
Team Referatsleitung Allgemein- und berufsbildende Schulen
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