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Wer dem Thüringer Bildungsplan Frühsexualisierung unterstellt, sexualisiert unnötigerweise ein deutlich vielschichtigeres Bildungsthema

„Wer die gesellschaftspolitische Debatte um die Ehe für alle und die Aufklärung über sexuelle Vielfalt in einen Topf wirft, hat offenbar nicht verstanden, was der Thüringer Bildungsplan bis 18 Jahre vorschlägt“, kritisiert Kathrin Vitzthum, Vorsitzende der GEW Thüringen, die Äußerungen des bildungspolitischen Sprechers der CDU-Fraktion, Christian Tischner.

Foto: GEW

„Der Thüringer Bildungsplan formuliert Ansprüche von Kindern und Jugendlichen an Themen und Handelnde im Bildungsprozess, die ihnen ermöglichen, in der komplexen Realität urteils- und handlungsfähig zu werden.“

Die Forderung Tischners, den Bildungsplan breit in der Öffentlichkeit zu diskutieren, ist so richtig wie bereits erfüllt. Seit 2013 konnte der Bildungsplan eingesehen und damit auch diskutiert werden. Die GEW Thüringen selbst hat im Jahr 2013 eine Veranstaltung zum Thema „Sexuelle Vielfalt“ mit Vertreter*innen des Konsortiums durchgeführt und mit Lehrer*innen und Eltern erörtert.

„Die CDU meint, mit der Thematisierung von Geschlecht und Sexualität geht Frühsexualisierung einher. Die GEW meint dagegen, dass Schule die Aufgabe hat, Kinder und Jugendliche in ihrer Vielfalt, in ihrer Unterschiedlichkeit und mit den damit verbundenen Fragen ernst zu nehmen und auf ein offenes Schulklima hinzuwirken. Kinder und Jugendliche, die nicht der heterosexuellen Mehrheit angehören oder nicht in einem klassischen Familienmodell leben, sollen nicht das Gefühl entwickeln, ihr Leben sei unnormal. Dafür trägt Schule eine Mitverantwortung“, so Vitzthum weiter.

Der Verweis auf die Auseinandersetzungen in Baden-Württemberg ist insofern problematisch, als dass Tischner damit unterstellt, es handelte sich um eine Bewegung vorsichtiger Eltern. Dabei wurde dort der Protest durch Ewiggestrige, darunter auch evangelikale Gruppen, instrumentalisiert, um teilweise homophobe Positionen in der Öffentlichkeit zu stärken. 

„Aus unserer Sicht sind sexuelle Vielfalt, Geschlechteridentität, Rollenverständnis wichtige Themen für die Schule. Die Bildungsangebote ersetzen nicht die elterliche Aufklärung, ergänzen aber sehr wohl in Familie gelebte Wirklichkeit. Schule muss gesellschaftliche Realität abbilden können und Kindern und Jugendlichen die Chance zur Auseinandersetzung auch mit verschiedenen Positionen, Lebensweisen ermöglichen, das sollte ein Lehrer wie Tischner eigentlich wissen“, führt Vitzthum weiter aus. Wichtig ist es, Schule als toleranten und diskriminierungsfreien Raum zu gestalten, in dem Kinder und Jugendliche ohne Angst ihre Identität entwickeln können.

Kontakt
Dr. Michael Kummer
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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