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Jugend- und Erwachsenenbildung/Weiterbildung in der Corona-Krise: Bildungsprojekte nicht aus den Augen verlieren!

Das Bildungssystem ist einer der am schwersten betroffenen Sektoren. Das generelle Verbot von Bildungsveranstaltungen mit Teilnehmendenpräsenz verunmöglicht in weiten Bereichen die Arbeit der Beschäftigten und Einrichtungen. Im Gegensatz zu den staatlichen Bildungsbereichen, v. a. dem Schulsektor mit seiner weitüberwiegenden tariflichen oder beamtenrechtlichen gesicherten Beschäftigtenstruktur, trifft die gegenwärtige Krise die Beschäftigten in Weiterbildungseinrichtungen häufig in prekären Lagen.

Deshalb erhebt das Referat Erwachsenenbildung und berufliche Fort- und Weiterbildung der GEW Thüringen konkrete Forderungen zur Ausgestaltung der Projektförderung in der Corona-Krise:

  • Verzicht auf die Kofinanzierung respektive die Eigenmittel für mindestens das laufende Jahr im Gegenzug zur Zusage des Verzichts auf betriebsbedingte Kündigungen der Projektbeschäftigten, verbunden mit einer – wenn möglich - Reduktion der veranstaltungsbezogenen Sachkostenmittel.
  • Anpassung der Projektziele an die gegebenen Rahmenbedingungen, d. h. Reduktion der Leistungsziele bzw. Änderung des Projektverlaufs und großzügige Umwidmung von Finanztiteln – über die bislang gültige „20-Prozent-Regel“ hinaus.
  • Umwandlung der Fördertitel von Anteils- oder Fehlbedarfs- hin zu Festbetrags- bzw. Vollkostenfinanzierung.
  • Umstandslose Umwidmungsmöglichkeit und Anerkennung aller Formen von Nicht-Präsenz-Bildung und Beratung. Vereinfachung des Teilnehmenden-Nachweissystems.

Um Einrichtungen, gerade Volkshochschulen, nach der Pandemiezeit den möglichst schnellen Einstieg in die normale Bildungsarbeit zu ermöglichen, sollten die Mindesteilnehmendenzahlen für Bildungsveranstaltungen zielgruppenunabhängig für eine Übergangszeit von mindestens einem Jahr abgesenkt werden. Dies würde den Einrichtungen helfen und v. a. den Teilnehmenden aus „Risikogruppen“ den Zugang zu Veranstaltungen der Erwachsenenbildung leichter machen.

 

Hintergrund:

Honorardozent*innen

Mittlerweile schützt ein genereller kleiner Schutzschirm die Honorardozent*innen, in dem ihnen als Solo-Selbstständige Zuschussleistungen zukommen und sie sich ohne umfassende Vermögensprüfung in Grundsicherung begeben können. Häufig können sie aber Ausfallhonorare nicht geltend machen, wenn ihre Leistungen nicht längerfristig vertraglich geregelt wurden. Eine Lebensstandardsicherung ist ihnen somit nicht möglich, zumindest aber ein zeitweiser Schutz vor staatlichen Zugriffen auf häufig in prekärer Arbeit erwirtschaftetes Vermögen.

Projektbeschäftigte

Viele betrieblich Beschäftigte in der Weiterbildung sind dagegen darauf angewiesen, dass ihr Betrieb weiterhin Leistungen erbringen kann und selbst weiter besteht. Die Zahl der befristet Beschäftigten ist in den Einrichtungen der außerschulischen Bildung/Erwachsenenbildung sehr hoch. Häufig ist diese befristete Beschäftigung an die Umsetzung von (Bildungs)Projekten geknüpft, deren Realisierung bzw. Erfolg derzeit zur Disposition steht oder aber daran, dass die Betriebe im Rahmen der Projekte Kofinanzierungsbeiträge erwirtschaften müssen, was derzeit ebenfalls nicht möglich ist. In dieser Notsituation sind die Einrichtungen derzeit alleine darauf verwiesen, Kurzarbeitergeld zu beantragen, wenn nicht zur betriebsbedingten Kündigung zu schreiten.

Gemeinnützige Einrichtungen haben einen kurzen Atem

Viele Einrichtungen finanzieren ihren Kofinanzierungsanteil entweder über Teilnehmendenentgelte oder erwirtschaftete Überschüsse im sonstigen Seminargeschäft. Da beides auf absehbare Zeit nicht möglich ist, muss ein vorübergehender Verzicht der staatlichen Fördermittelgeber auf die Erbringung von Eigenmitteln/Kofinanzierungsbeiträgen erfolgen. Vorübergehend meint hier nicht einen Aufschub der Erbringung und Streckung über die Projektlaufzeit, sondern den zeitweisen vollständigen Verzicht.

Diese Konstellationen sollten in einem maßgeschneiderten Schutzschirmsystem der öffentlich verantworteten und gemeinnützigen Jugend- und Erwachsenenbildung/Weiterbildung Berücksichtigung finden. Inwieweit kommerzielle Erwachsenenbildungsträger ebenfalls unter diesen Schutzschirm fallen sollten, sollte von der Bedingung abhängig gemacht werden, ob auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet wird.

 

Rückfragen?

Für Rückfragen steht Ihnen Uwe Roßbach, Leiter des Referats Erwachsenenbildung und berufliche Fort- und Weiterbildung der GEW Thüringen, gern zur Verfügung:

 


Über die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Thüringen:
Die Bildungsgewerkschaft GEW THÜRINGEN ist die größte Interessenvertretung in Thüringen im Bildungsbereich. Sie organisiert aktive und ehemalige Beschäftigte an den Thüringer Bildungseinrichtungen. Schwerpunkte der politischen Arbeit sind die Bildungsgerechtigkeit, die Lern- und Arbeitsbedingungen an Kitas, Schulen, Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen sowie die Angestellten-, Beamten- und Tarifpolitik. Vorsitzende ist Kathrin Vitzthum.

Kontakt
Uwe Roßbach
Geschäftsführer Arbeit und Leben Thüringen
Adresse Juri-Gagarin-Ring 152
99084 Erfurt
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Dr. Michael Kummer
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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