Zum Inhalt springen

Tarifverhandlungen TV-L: GEW Thüringen ruft nun auch Tarifbeschäftigte an allen Thüringer Hochschulen zu einem ganztägigen Warnstreik am 25.11.2021 auf

Die Gewerkschaften verhandeln seit dem 8. Oktober 2021 mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über eine Gehaltserhöhung für die Tarifbeschäftigten im Geltungsbereich des TV L. Auch nach der zweiten Verhandlungsrunde am 1./2. November in Potsdam haben die Arbeitgeber immer noch kein verhandlungsfähiges Angebot vorgelegt.

Die GEW fordert in der Tarifrunde 2021 u.a.  

  • eine Entgelterhöhung um 5 Prozent, mindestens aber um 150 Euro monatlich bei einer Laufzeit von 12 Monaten, 100 Euro monatlich für Azubis und Praktikant:innen,  

und speziell für den Hochschulbereich

  • einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte und  
  • wirksame Maßnahmen, um befristete Beschäftigung einzudämmen.

Zur Durchsetzung dieser Forderungen ruft die GEW Thüringen nun auch ihre tarifbeschäftigten Mitglieder im Geltungsbereich des TV-L und des TV Prakt-L an den Hochschulen in Thüringen am 25.11.2021 zu einem ganztägigen Warnstreik sowie die wissenschaftlichen Assistenzkräfte zu einem ganztägigen Solidaritätsstreik auf. Erstmals für die GEW Thüringen findet die Streikversammlung online per BigBlueButton-Videokonferenz statt.

 

Hintergrund

Nach zwei Verhandlungstagen in Potsdam ist die Bilanz ernüchternd. Die in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) zusammengeschlossenen Arbeitgeber haben zu keiner gewerkschaftlichen Forderung ein Angebot vorgelegt. Die Entgeltforderung der Gewerkschaften passe überhaupt nicht zur wirtschaftlichen Lage, behaupten die Arbeitgeber.

Statt den Beschäftigten Wertschätzung entgegenzubringen, offenbaren die Verhandlungsführer der Arbeitgeber einen gravierenden Realitätsverlust. Nach wie vor ignorieren sie die enorme Steigerung der Lebenshaltungskosten. Dazu muss man nicht die derzeitige Inflation von 4,5 Prozent (September 2021) ins Feld führen, die auch durch die vorübergehende Mehrwertsteuersenkung im vergangenen Jahr beeinflusst ist. Inzwischen haben führende Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Prognosen für das gesamte Jahr 2021 korrigiert und rechnen mit einer Preissteigerung von rund drei Prozent, die nicht auf temporären Effekten basieren. Falls das im Tarifergebnis nicht berücksichtigt wird, ist ein Kaufkraftverlust für die Beschäftigten vorprogrammiert.

Beim Thema Einstieg in die Verhandlungen zur Tarifbindung für studentische Beschäftigte sehen die Arbeitgeber neben ihrer grundsätzlichen Blockade keinen Handlungsbedarf.

Die Arbeitgeber zeigen sich unwillig, über andere Themen neben der Entgelterhöhung auch nur zu reden, solange die Gewerkschaften beim Thema „Arbeitsvorgang“ nicht nachgeben. Hinter dem Thema „Arbeitsvorgang“ verbergen sich die Mechanismen, nach denen Beschäftigte in das Tabellensystem des Gehaltstarifvertrages einsortiert werden. Die Arbeitgeber wollen durch die Zerstückelung von Arbeitsabläufen eine schlechtere Eingruppierung von Beschäftigten durchsetzen und damit Geld sparen. Der TdL-Vorsitzende und Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Finanzminister Reinhold Hilbers aus Niedersachen, machte deutlich, ohne Zugeständnisse beim Arbeitsvorgang seien für diese Tarifrunde alle Themen der Gewerkschaften außer der Lohnerhöhung vom Tisch.

Das Geld ist vorhanden

Dass Finanzministerien über zu wenig Geld klagen, kennen die Gewerkschaften aus jeder Tarifrunde. Dieses Jahr, beim Auftakt der Länder-Tarifrunde, fiel die Klage besonders laut aus. Die Arbeitgeber haben zudem mit Kürzungshaushalten (Stichwort Stellenabbau im öffentlichen Dienst) gedroht, sollten die Gewerkschaften ihre weiteren Forderungen aufrecht erhalten.

Nun hat der Arbeitskreis Steuerschätzungen, der zwei Mal im Jahr eine Aktualisierung der erwarteten Steuereinnahmen vorlegt, Entwarnung gegeben. Bund, Länder und Kommunen können bis einschließlich 2025 mit 180 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen rechnen als bei der letzten Steuerschätzung im Mai 2021 erwartet. Das berichtete Bundesfinanzminister Scholz (SPD) am 11.11.2021 bei der Vorstellung der aktuellen Steuerschätzung. Der größte Teil geht dabei an die Bundesländer: Schon im laufenden Jahr 2021 werden ihre Einnahmen um 22 Milliarden Euro höher ausfallen als vor einem halben Jahr vorhergesehen. Das entspricht einer Steigerung um 9,7 Prozent gegenüber dem Jahr 2020, in dem die Steuereinnahmen um 2,5 Prozent geschrumpft waren.

In den kommenden vier Jahren beträgt das Plus gegenüber der Mai-Schätzung 2021 noch einmal jährlich zwischen 17 und 15 Milliarden Euro. Die prognostizierten Zuwachsraten der Steuereinnahmen gegenüber dem Vorjahr liegen dann zwischen 2,7 Prozent (2022) und 4,1 Prozent (2024). Zum Vergleich: Die gesamten Personalausgaben aller Bundesländer zusammen lagen im ersten Halbjahr 2021 bei gut 87 Milliarden Euro – einschließlich Beamtenbesoldung, Pensionen, Ministergehälter und Abgeordnetendiäten.

 


Über die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Thüringen:
Die Bildungsgewerkschaft GEW THÜRINGEN ist die größte Interessenvertretung in Thüringen im Bildungsbereich. Sie organisiert aktive und ehemalige Beschäftigte an den Thüringer Bildungseinrichtungen. Schwerpunkte der politischen Arbeit sind die Bildungsgerechtigkeit, die Lern- und Arbeitsbedingungen an Kitas, Schulen, Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen sowie die Angestellten-, Beamten- und Tarifpolitik. Vorsitzende ist Kathrin Vitzthum.

Kontakt
Dr. Michael Kummer
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Adresse Heinrich-Mann-Str. 22
99096 Erfurt
Telefon:  0361 590 95 22
Mobil:  0151 1063 2902