Bereich Schule (Lehrer:innenbildung)
Die Lehrer:innenbildung ist mit Blick auf den bereits grassierenden Lehrkräftemangel und ein solide ausgestattetes Schulsystem, welches auch gewappnet ist für zukünftige Herausforderungen, eines der zentralen Themen im Bildungsbereich. Vor diesem Hintergrund gibt es in dieser Sonderausgabe der tz neben der Themenseite „Schule“ auch eine Sonderseite für das Thema Lehrer:innenbildung.
Zu Beginn kann bereits eines festgehalten werden, das Thema „Lehrer:innenbildung“ findet sich in allen Wahlprogrammen, auch wenn die Ausführung inhaltlich, sowie in ihrer Konkretisierung und in ihrem Umfang über alle Parteien sehr unterschiedlich zu gewichten sind. Um dem zur Verfügung stehenden Platz und dem Anspruch dieses Beitrages – eine wirkliche Hilfestellung bei der Einordnung der jeweiligen Wahlprogramme zu sein – gerecht zu werden, breche ich die jeweiligen Forderungen auf, um sie in die einzelnen Phasen der Lehrer:innbildung einzusortieren.
Schulart- oder schulstufenbezogene Ausbildung?
Klare Unterschiede zwischen den Parteien gibt es bereits bei der Frage nach einer schulart- oder schulstufenbezogenen Ausbildung. Während Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen sich klar für eine schulstufenbezogene Ausbildung aussprechen, um perspektivisch längeres gemeinsames Lernen im Rahmen gestärkter Gemeinschaftsschulen zu ermögliche (Die Linke), sprechen sich die CDU, AfD und BSW klar für den Erhalt der schulartbezogenen Ausbildung aus.
Die GEW hat bereits an verschiedenen Stellen dargelegt, warum eine schulstufenbezogene Ausbildung in Verbindung mit der Stärkung von Gemeinschaftsschulen aus unserer Sicht der richtige Weg für eine zukunftsfähige Schule von Morgen ist.
Lehrer:innengewinnung
Verschiedene Reformvorschläge sind außerdem vor dem Hintergrund der Lehrer:innengewinnung zu sehen. Gerade die SPD und CDU lassen sich in diesem Zusammenhang zu teilweise fragwürdigen Plänen hinreißen. So fordert die SPD in ihrem Regierungsprogramm, dass
„Studierende [in Mangelfächern] bereits mit Aufnahme des Studiums in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf analog zu den Referendar:innen berufen“
werden sollen. Die CDU plant für dieselbe Zielgruppe zwar keine Verbeamtung, möchte diesen allerdings auch einen Zugang zum noch aufzubauenden
„Thüringen Stipendium“
ermöglichen, wonach Studierende in besonders gefragten Bereichen: Ingenieure, IT-Fachkräfte, aber auch Lehrkräfte für MINT-Fächer Geld während ihres Studiums erhalten sollen. Finanziell hinterlegt sind diese Konzepte nicht und es bleibt außerdem offen, welche Rahmenbedingungen für die jeweiligen Konzepte gelten sollen.
Linke und Bündnis 90/Die Grünen wollen in erster Linie die Studienbedingungen verbessern, um die nach wie vor nicht zu verachtende hohe Abbrecher:innenquote zu minimieren. Hierfür planen sie unter anderem Beratungseinrichtungen an den lehramtsausbildenden Universitäten.
Das BSW lässt sich bei Fragen des Lehramtsstudiums wenig in die Karten schauen. Es fordert, dass das Lehramtsstudium einem verbindlichen Curriculum zu folgen habe und dem Anspruch eines Studiums auch gerecht werden muss. Ob hinter diesen recht leeren Phrasen substanzielle Ideen und Konzepte stehen, bleibt zu diesem Zeitpunkt unbeantwortet.
Auch die AfD erkennt den Lehrkräftemangel an und sieht bereits während des Studiums Handlungsbedarf. Sie fordert, dass bei der Vergabe der Studienplätze, eine noch nicht weiter ausgeführte
„Landeskinderquote“
berücksichtigt werden sollte, hierbei handelt es sich allerdings nicht um ein statistisches Werkzeug, welches langfristige Personalplanungen anhand der Geburtenrate und ähnlicher Faktoren bestimmen soll, sondern um eine Bevorzugung von Thüringer Schulabsolvent:innen bei der Vergabe von Studienplätzen im Lehramt. Mit Blick auf die zurückgehenden Studierendenzahlen im Lehramt ein mehr als zweifelhafter Vorschlag.
Vorbereitungsdienst
Auch die zweite Phase der Lehrer:innenbildung wird von den Parteien in den Blick genommen. Vor allem die Linke hat hier weitreichende Vorstellungen: die Regionalisierung der Lehrer:innenbildung soll weiter voranschreiten und die Regionalstellen zu Zentren der Aus-, Fort- & Weiterbildung erweitert werden.
Zusammen mit den Grünen fordern sie außerdem, dass ähnlich wie für das Lehramtsstudium auch gefordert, die Betreuung innerhalb des Vorbereitungsdienst ausgebaut wird, um die Abbruchquote weiter zu senken. Die Einstellungsprozesse sollen gestraft und beschleunigt werden.
SPD und CDU sprechen außerdem von einer Übernahmegarantie für junge Lehrkräfte, die ihren Vorbereitungsdienst erfolgreich in Thüringen absolviert haben. Hierbei wird auch zukünftig der Dreh- und Angelpunkt der Einstellungsprozess in den Thüringer Schuldienst sein. Ohne eine Reform dieses Systems und eine bessere personelle Ausstattung an den Schulämtern hilft leider auch eine formale Übernahme-Garantie nichts.
BSW und AfD äußern sich nicht klar erkennbar zur zweiten Phase der Lehrer:innenbildung.
Seiten- und Quereinstieg
Durchweg alle Parteien erkennen den Wert und die Notwendigkeit des Seiten- und Quereinstiegs mit Blick auf den aktuellen Lehrer:innenmangel an.
BSW, die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und SPD fordern, dass die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen verbessert wird, um so die Zugangsmöglichkeiten zu erweitern und zu beschleunigen.
Die AfD setzt sich für eine pädagogische Hochschule für das Grund- und Regelschullehramt ein. Diese Institution sollte dann auch im Seiteneinstieg gesonderte Fort- und Weiterbildungsformate für die Bewerber:innen anbieten. Außerdem sollen Horterzieher:innen die Möglichkeit einer besonderen Umschulung erhalten, um anschließend an Grundschulen als Lehrer:innen zu arbeiten. Aus Sicht der GEW Thüringen bietet dieser Vorschlag einige Stolpersteine. Stichwort: Lehrer:innen zweiter Klasse.
Fazit
In der Rückschau lässt sich festhalten, dass gerade die Linke und Bündnis 90/Die Grünen sehr ausdifferenzierte Vorschläge zur Verbesserung der Lehrer:innenbildung machen. Das BSW und die AfD, in Teilen auch die CDU, halten sich in diesem Bereich eher bedeckt. Hier gilt die Devise: Alles muss verbessert werden, aber wie und über welche Hebel, da lässt man sich nicht in die Karten schauen. Vielleicht weiß man es aber auch nicht.
99096 Erfurt
- AfD Thüringen: Wahlprogramm zur Landtagswahl 2024
- BSW Thüringen: Wahlprogramm zur Landtagswahl 2024
- Bündnis 90/Die Grünen Thüringen: Wahlprogramm zur Landtagswahl 2024
- CDU Thüringen: Wahlprogramm zur Landtagswahl 2024
- Die Linke Thüringen: Wahlprogramm zur Landtagswahl 2024
- FDP Thüringen: Wahlprogramm zur Landtagswahl 2024
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