Bereich Schule (allgemein)
Die bildungspolitischen Vorstellungen für den schulischen Bereich der Thüringer Parteien zur Landtagswahl 2024 und wie diese zur GEW Thüringen passen.
Eine Arbeitsgruppe innerhalb der GEW Thüringen hat es sich zur Aufgabe gemacht, die bildungspolitischen Vorstellungen der Parteien zur Thüringer Landtagswahl am 01. September 2024 näher zu betrachten. Aus der Fülle der Themenbereiche wurden einige Schwerpunkte ausgewählt, die für unsere Mitglieder von größerer Relevanz sind.
Längeres gemeinsames Lernen in der Thüringer Gemeinschaftsschule
Ein wichtiges Thema für die GEW Thüringen ist das längere gemeinsame Lernen, das mit der Einführung der Thüringer Gemeinschaftsschule seit 2009 von den jeweiligen Landesregierungen umgesetzt wurde.
Gegen diese Schulart hat sich in den bildungspolitischen Programmen keine der Thüringer Parteien grundsätzlich ausgesprochen. Die LINKE, die SPD, Bündnis 90/Die Grünen und auch die FDP bekennen sich ausdrücklich zu dieser Schulart. Für Die LINKE und die SPD ist das längere gemeinsame Lernen und die Förderung von Gemeinschaftsschulen ein übergeordnetes Ziel im bildungspolitischen Bereich.
Dagegen gibt es bei der CDU immer wieder kritische Stimmen. Es existieren CDU geführte Landkreise, in denen auch 15 Jahre nach der Etablierung dieser neuen Schulart keine (staatliche) Gemeinschaftsschule begründet werden konnte. Diese ablehnende Haltung spiegelt sich auch in Aussagen im Wahlprogramm der CDU wider. Dort wird hervorgehoben, dass das gegliederte Schulsystem gestärkt werden soll.
Auch die AfD sieht die Thüringer Gemeinschaftsschule eher skeptisch. Dort wird vor allem auf die Regelschule
„als Herz des Thüringer Bildungssystems“
gesetzt. In dieser Schulart soll der weiteren
„Verkopfung“
des Schulunterrichts entgegengewirkt werden.
Das BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) will auch - wie AfD und CDU - die Regelschule wieder stärken. Dementsprechend wird gefordert, dass das gegliederte Schulsystem erhalten werden soll, um den unterschiedlichen Lernbedürfnissen aller Kinder gerecht zu werden. Gleichzeitig wird aber auch betont, dass
„unsere Kinder […] länger gemeinsam lernen sollen“.
Diese beiden (Grund-)Positionen stehen in einem Spannungsverhältnis. Hier wird es unumgänglich sein, dass die GEW Thüringen nach der Landtagswahl sich mit Vertretern dieser neuen Partei über Details verständigt.
Digitalisierung
Grundsätzlich lässt sich für alle hier besprochenen Parteien sagen, dass die Digitalisierung und die damit verbundenen Fragen und Probleme in den jeweiligen Programmen angemessen berücksichtigt wurde. Bei den Lösungsansätzen für den schulischen Bereich gibt es aber bei keiner Partei eine überzeugende Gesamtstrategie. Vieles ist Stückwerk und hängt teilweise von regionalen Rahmenbedingungen ab.
Daher soll hier auf ein gelungenes Beispiel für die Digitalisierung im schulischen Bereich hingewiesen werden. Es handelt sich um das Staatliche Berufsschulzentrum "Hugo Mairich“ in Gotha. An dieser Schule gibt es schon seit 2022 nur noch digitale Noten- und Klassenbücher. Es gibt einen Fachinformatiker, der vom Landkreis Gotha als zuständigem Schulträger finanziert wird. Damit wird eine dauerhafte und professionelle Betreuung der technischen Infrastruktur gewährleistet.
Offenbar hat sich die CDU an diesem regionalen Vorzeigeprojekt des Landkreises Gotha orientiert. Denn in ihrem Programm wird für die
„Wartung und Administration“
an den Schulen die Einführung eines
„digitalen Hausmeisters“
gefordert. Gleichzeitig wird betont, dass Digitalunterricht den Präsenzunterricht nicht ersetzen kann.
Alle anderen Parteien bleiben bei diesem Thema allgemein und formulieren nur wenige konkrete Vorschläge. So ist für die SPD klar, dass die Schule von morgen digital ist. Bündnis 90/Die Grünen wollen digitale und datenschutzkonforme Lernmöglichkeiten und -angebote ausbauen und DIE LINKE will den Digitalpakt des Bundes weiter verstetigen. Die FDP möchte
„Informatik und das Fach Medienkunde schnellst möglich zu einem verpflichtenden und breit gefächerten Digital-Unterricht“
weiterentwickeln. Das BSW fordert, dass mit
„zunehmender Digitalisierung […] der Erwerb praktischer Digital- und Medienkompetenz nach der Grundschule einen stärkeren Stellenwert bekommen soll“.
Die AfD blickt etwas skeptischer auf dieses Thema und fordert eine
„Digitalisierung mit Augenmaß“
ein. Dementsprechend wird formuliert, dass
„alle Bestrebungen, den Unterricht im Ganzen zu digitalisieren und die Lehrkraft durch das Medium zu ersetzen“
abzulehnen sind.
Ganztagsschulen
Schon seit längerer Zeit fordert die GEW Thüringen die Weiterentwicklung der Thüringer Grundschulen zu Ganztagsschulen.
Diese Forderung greift die SPD auf und will
„das Konzept Ganztagsschule thüringenweit“
etablieren. Ein Ganztagsschulkonzept kann nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn vom Land Thüringen die benötigten personellen, räumlichen und sächlichen Ressourcen bereitgestellt werden. Dies sieht die Linkspartei auch so und fordert umfassende (gebundene) Ganztagsangebote ein. Dieser Ansatz wird auch von Bündnis 90/Die Grünen ausdrücklich unterstützt und eine
„Einbindung der Erzieher:innen in den Unterricht und […] der Grundschule (gebundener Ganztag)“
eingefordert. Und auch die CDU will Ganztagsangebote stärken, weil diese
„für mehr Bildungsgerechtigkeit“
sorgen.
Die AfD befürwortet ebenfalls Ganztagsschulen. Sie lehnt aber
„den Ausbau von verpflichtenden (gebundenen) Ganztagsschulen ab, da diese unangemessen tief in das Entscheidungsrecht der Eltern eingreifen und nur zu einer weiteren Verschulung und Verwaltung der Kindheit führen“.
Inklusion und Förderschulen
Seit 2009 wird auch im Freistaat Thüringen die Inklusion im schulischen Bereich umgesetzt. Und von Beginn an gab es intensive Diskussionen, welche Gelingensbedingungen vorliegen müssen, damit Inklusion erfolgreich sein kann.
Die LINKE will die Inklusion weiter voranbringen. Auch Bündnis 90/Die Grünen wollen eine
„konsequente Umsetzung und Weiterentwicklung des Thüringer Entwicklungsplans Inklusion“.
Die SPD verspricht in ihrem Wahlprogramm,
„dass den Schulen die personellen und materiellen Ressourcen für eine gelingende Inklusion zur Verfügung gestellt werden“.
Aus Sicht der CDU muss
„Inklusion mit Augenmaß“
umgesetzt werden. Eine
“kalte Abwicklung”
der Förderschulen wird abgelehnt. Das sieht die FDP genauso und fordert den Erhalt von Förderschulen und Förderzentren. Die AfD tritt - wie die CDU - für eine
„Inklusion mit Augenmaß“
ein. Und formuliert recht allgemein, dass es keine
„kopflose Inklusion“
mehr geben soll.
Das BSW dagegen will - wie rot-rot-grün - die inklusive Bildung stärken. Dazu muss aber genügend Personal zur Verfügung gestellt werden, um die
„Integration von Kindern mit Beeinträchtigung in reguläre Schulklassen“
zu ermöglichen.
Zusammenfassung
Es lässt sich feststellen, dass die derzeitigen Regierungsparteien (Die LINKE, die SPD, Bündnis 90/Die Grünen) viele inhaltliche Überschneidungen mit der GEW Thüringen aufweisen. Aber auch bei der CDU, der FDP und dem BSW gibt es mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Lediglich bei der AfD finden sich deutlichere programmatische Differenzen.
99096 Erfurt

- AfD Thüringen: Wahlprogramm zur Landtagswahl 2024
- BSW Thüringen: Wahlprogramm zur Landtagswahl 2024
- Bündnis 90/Die Grünen Thüringen: Wahlprogramm zur Landtagswahl 2024
- CDU Thüringen: Wahlprogramm zur Landtagswahl 2024
- Die Linke Thüringen: Wahlprogramm zur Landtagswahl 2024
- FDP Thüringen: Wahlprogramm zur Landtagswahl 2024
- SPD Thüringen: Wahlprogramm zur Landtagswahl 2024