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Glossar: "Was heißt eigentlich...?"

Hier geben wir einen Überblick über einschlägige Begriffe aus aktuellen gesellschaftlichen Diskussionen zu Antidiskriminierung und der Vielfalt von Identitäten und Lebensformen.

Das Glossar soll eine Hilfe sein, um sich in diesen Debatten orientieren zu können und Begriffe einzuordnen. Hierfür nutzen wir die Sammelbegriffe Identitäten, sexuelle Orientierung, Diskriminierungen, Gesetze, Konzepte und Aktionstage.

Queer hat keine feststehende Definition. Ursprünglich kommt es aus dem Englischen und ist dort in erster Linie ähnlich dem Deutschen „pervers“ zu verstehen. Heute wird es entweder als positive Selbstbezeichnung gebraucht – vor allem von Personen, die ihre Identität außerhalb der gesellschaftlichen Norm verstehen. Neben der Bezeichnung der romantischen und/oder sexuellen Orientierung dient queer auch als Identitätskategorie entgegen einer starren Einteilung in feste Dichotomien wie „weiblich/männlich“. Dabei bezieht sich der Begriff auch auf überschneidende Machtverhältnisse (z.B. Behinderung, Rassismus, Antisemitismus, Klassismus), die in einer Person zusammenfallen können. Queer steht diesen skeptisch gegenüber und stellt diese in Frage. Außerdem können damit Praxen, Bewegungen und Theorien bezeichnet werden. Ohne die Herrschaftskritik wird Queer auch als Synonym für schwul, lesbisch, trans und/oder inter* genutzt.

Diskriminierung geht alle Menschen gleichermaßen etwas an. Allies bedeutet auf Englisch „Verbündete“ und meint Personen, die ihre gesellschaftlichen Möglichkeiten und Freiheiten (Privilegien) einsetzen, um gegen Diskriminierung vorzugehen und sich für Menschen stark machen, die diskriminiert werden, ohne selbst betroffen zu sein. Solidarisch sein kann bedeuten, auf Themen aufmerksam zu machen, die nicht alle Menschen betreffen, in Situationen von Alltagsrassismus einzuschreiten und Betroffenen zuzuhören. Die Initiative Hate Aid gibt hier Hinweise, was man als „Ally“ tun kann.

Identitäten

Die Vorsilbe „cis“ wird benutzt, um auszudrücken, dass eine Person sich mit dem Geschlecht identifiziert, dem sie bei der Geburt zugewiesen wurde. „Cis“ ist damit das Pendant zu „trans“.

Seit Ende 2018 gibt es einen positiven dritten Geschlechtseintrag in amtlichen Dokumenten für nichtbinäre und inter* Personen. Bei der „dritten Option“ handelt es sich um eine Sammelkategorie für eine Vielzahl an Geschlechtern neben dem männlichen und weiblichen. Es gibt also nicht das eine „dritte Geschlecht“. Manchmal wird „divers“ synonym verwendet.

Mit dem Begriff Gender kann die Mannigfaltigkeit von Geschlechtlichkeit ausgedrückt werden. Zum einen kann Gender das selbstbestimmte Geschlecht beschreiben, also die persönliche Vorstellung vom eigenen Geschlecht. Diese kann mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmen, muss aber nicht. Hier wird häufig auch von Geschlechtsidentität gesprochen. Außerdem wird Gender genutzt, um zu beschreiben, welche gesellschaftlichen Geschlechterrollen, -bilder und -stereotype auf Menschen wirken und auf welche Weise sie Personen beeinflussen, einschränken oder bevorteilen. Diese Erwartungshaltungen und Gesellschaftsstrukturen haben sich historisch herausgebildet und können nicht plausibel mit der „Biologie“ von Geschlechtern begründet werden. Häufig wird „gender“ als Pendant zu „sex“ verwendet. Dabei meint „sex“ eine „biologisch“ begründete Geschlechtszuschreibung aufgrund körperlicher Merkmale, wie es z.B. bei der Geburt üblich ist. „Sex“ ist auch eine Form gesellschaftlich geprägter Vorstellungen von Geschlecht.

Genderfluid kann als Selbstbezeichnung genutzt werden, um zu beschreiben, dass man sich nicht mit einem einzigen Geschlecht identifiziert und sich die Vorstellung vom eigenen Geschlecht ändert. Die Vorstellung des eigenen Geschlechts kann häufig und selten, in Bezug auf bestimmte Situationen oder in bestimmten Lebensabschnitten wechseln. Genderfluid kann auch eine eigene Geschlechtsidentität sein.

Personen werden als inter* verstanden, wenn sie nicht der medizinischen Norm eines „eindeutigen“ männlichen oder weiblichen Körpers entsprechen, sondern sich in einem Spektrum dazwischen befinden. Noch immer werden Kinder mit „uneindeutigen“ Geschlechtsmerkmalen ohne ihre Einwilligungsmöglichkeit operiert. Inter*-Verbände sprechen von Verstümmelungen mit teilweise erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen und psychischen Problemen, die sich daraus ergeben. Der Begriff wird auch als emanzipatorische Selbstbezeichnung verwendet. Mit dem Sternchen wird auf die Heterogenität intergeschlechtlicher Realitäten aufmerksam gemacht.

Das Akronym ist dem englischen LGBT entlehnt und bezieht sich auf einige sexuelle Identitäten jenseits der heterosexuellen Norm; lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, inter*, queer, agender, asexuell. Das Sternchen meint weitere Identitäten, die sich in keiner der vorangehenden Bezeichnungen wiederfinden. Das Akronym findet insbesondere in der öffentlichen politischen Debatte Verwendung, um auf geteilte Emanzipierungskämpfe und Diskriminierungserfahrungen von Menschen hinzuweisen, die sich nicht mit der heterosexuellen Norm identifizieren.

Als nichtbinär oder nonbinary (kurz „enby“) bezeichnen sich Menschen, die sich nicht als Mann oder Frau identifizieren, sondern als beides gleichzeitig, zwischen männlich und weiblich oder als weder männlich noch weiblich.

BIPoC ist eine positive Selbstbezeichnung von Menschen, die als nicht-weiß gelten und rassistisch diskriminiert werden. Es steht für Schwarze und Indigene Menschen und People of Color. Der Begriff People of Color wurde in der Schwarzen Bürgerrechtsbewegung und in Kämpfen gegen Rassismus und Kolonialismus geprägt. 

„Der Begriff „Schwarz“ wird oft als Selbstbezeichnung von Menschen afrikanischer und afro-diasporischer Herkunft, schwarzen Menschen, Menschen dunkler Hautfarbe und People of Color gewählt“. ZITAT: https://www.dgb-bwt.de/wp-content/uploads/2021/01/DGB_B_LADG_Ansicht_WEB.pdf

Dieser Überbegriff für die Vielzahl an transsexuellen, transidenten und transgeschlechtlichen Selbstkonzepten meint Menschen, die sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, dem sie bei der Geburt zugewiesen wurden. Mit dem Sternchen sind Identitätsformen und Lebensweisen im trans*-Spektrum gemeint, die sich mit keinem definierten Konzept von Transgeschlechtlichkeit identifizieren. Einige Menschen lehnen trans* als Selbstbezeichnung ab und verwenden andere Kategorien für sich.

Bi ist eine Selbstbezeichnung, die beschreibt, dass Menschen unabhängig vom Geschlecht begehren und lieben. Begrifflich werden mit „bi“ nur die zwei traditionellen Geschlechtsidentitäten männlich und weiblich angesprochen. Um die Norm der Zweigeschlechtlichkeit aufzubrechen, wird daher auch die Vorsilbe „pan“ verwendet. Damit sind begrifflich „alle“ gemeint.

Manche Menschen finden Labels, die z.B. eine geschlechtliche Identität oder sexuelle Orientierung beschreiben, unwichtig oder einengend. Für viele Menschen sind sie aber wichtig, weil sie mit diesen Begriffen über ihr Erleben, Begehrend und ihre Identität sprechen können, welche sich in der Norm nicht abbildet. Sich ein Label zu geben kann also bestärkend sein. Begriffe und Definitionen sind dabei aber immer Hilfskonstruktionen. Verschiedene Identitätsbezeichnungen und Orientierungen können in einer Person zusammenfallen und Menschen sind häufig von mehreren Formen der Diskriminierung betroffen. Die vermeintliche Trennschärfe, die durch Begriffe entsteht, kann es also nie geben.

Viele Projekte und Initiativen mit langjähriger Erfahrung und wertvoller Expertise haben bereits Begriffsdefinitionen erarbeitet – auf ihre Arbeit baut dieses Glossar auf. Bezugnahmen und Zitierungen sind entsprechend ausgewiesen. Wenn Du findest, dass in den Beschreibungen etwas wichtiges fehlt, dass sie nicht treffend sind oder verkürzen, schreib uns gerne an: diversity(at)gew-thueringen(dot)de.

Kontakt
Marcus Heyn
Vertreter des Landesausschusses Diversity
AdresseHeinrich-Mann-Str. 22
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Telefon: 0361 590 95 21