Mitglieder von Chören oder anderen Ensembles hören immer mal wieder vom Leiter oder der Leiterin dieser Vereinigung nach einer Probe: „Da war schon viel Gutes dran, aber…“ Dann folgt in der Regel eine so lange Liste von Mängeln, dass man an der Wahrheit des ersten Satzteils zweifelt. So ähnlich ist es mit diesem Novellierungsvorhaben: Der Titel des Gesetzentwurfs weckt hohe Erwartungen für die Partizipation an der akademischen Selbstverwaltung für nichtprofessorale Mitglieder und Angehörige der Hochschulen. Die Erwartungen werden aus Sicht der GEW Thüringen nur zum Teil erfüllt.
Die Änderungen im Gesetzentwurf zu den Aufgaben von Hochschulrat und Senat sind ein Schritt in die richtige Richtung. Wir haben immer dafür geworben, dass Hochschulräte die Hochschulen beraten und unterstützen, während es Aufgabe der akademischen Selbstverwaltung sein muss, Rektor*innen/Präsident*innen ebenso wie andere Amtsinhaber*innen zu wählen. Dass das für Hochschulwesen zuständige Ministerium den Mut hatte, das Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1973 richtig zu lesen und Viertel- bzw. Drittelparitäten für Entscheidungen vorzuschlagen, die Fragen von Forschung und Lehre nicht unmittelbar berühren, verdient Anerkennung. Professor*innen, Studierende, wissenschaftliche, künstlerische und sonstige Mitarbeiter*innen tragen gemeinsam zum Gelingen von Hochschule und dem Erfolg der Einrichtungen bei. Daher ist es richtig, ihnen auch eine gleichberechtigte Beteiligung an grundlegenden Entscheidungen, die jeweilige Einrichtung betreffend, zu ermöglichen.
Unsere Erwartungen zur (Wieder-)Einführung einer Landeshochschulkonferenz beschreibt Thomas Hoffmann in einem anderen Artikel dieser tz-Ausgabe.
- Gute Ideen, aber unkonkret
In § 5 heißt es bei Aufgaben der Hochschule, dass „(d)ie Hochschulen […] den berechtigten Interessen ihres Personals an guten Beschäftigungsbedingungen angemessen Rechnung [tragen]“ sollen. Die Idee ist gut, die Formulierung aber zu unkonkret. Im Koalitionsvertrag ist die Rede von der Entwicklung eines Maßnahmepaketes „Gute Arbeit in der Wissenschaft“. Die Landesregierung plant (plante?) Rahmenbedingungen zu entwickeln, in denen die Angemessenheit von Beschäftigungsbedingungen als Rahmensetzung vorgegeben wird, die dann von den Hochschulen im Detail gefüllt werden kann. Die Grundlage dafür findet sich Gesetzesentwurf so nicht wieder.
So lange die Hochschulen Lehrbeauftragte in teilweise erheblichem Umfang und nicht nur zur Ergänzung des Lehrangebots einsetzen, ist es dringend geboten, den Status der Lehrbeauftragten an den Hochschulen zu verbessern, indem z. B. Lehrbeauftragte unter bestimmten Bedingungen den Status von Mitgliedern der Hochschule und damit das aktive und passive Wahlrecht für die Hochschulgremien erhalten. Außerdem darf die Vergütung von Lehraufträgen nicht derart gering sein, dass Lehraufträge zum lukrativen Sparmodell für die Hochschulen werden. Unbenommen der Festlegung der Vergütung durch eine Verwaltungsvorschrift können im Gesetz wichtige Grundsätze der Vergütung geregelt werden. Des Weiteren fordern wir mehr Transparenz beim Einsatz von Lehrbeauftragten, indem über den Anteil der Lehre, der durch Lehrbeauftragte erbracht wird, und die durchschnittliche Höhe der Lehrvergütungen im Jahresbericht der Hochschule zu berichten ist.
- Was fehlt und was lehnen wir ab?
Verwundert sind wir darüber, dass die Diskussionen zur Verbesserung der Situation der wissenschaftlichen und künstlerischen Hilfskräfte und Tutor*innen keinerlei Eingang in die Gesetzesnovellierung gefunden haben.
Dass das neue ThürHG die Hochschulen verpflichten soll, Drittmittel einzuwerben, lehnen wir ab. Die Hochschulen tun dies längst, weil sie mit den Landesmitteln ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen könnten. Das heißt aber nicht, dass dieser unbefriedigende Zustand per Gesetz festgeschrieben werden sollte. Wir sind nach wie vor der
Meinung, dass das Land die Hochschulen so finanzieren muss, dass sie ihren Aufgaben in Lehre und Forschung aufgabengerecht nachkommen können, ohne dabei auf Drittmittel angewiesen zu sein. Hier ist das Stichwort „Grundlagenforschung“ zu nennen und auf die derzeitige Diskussion zur Freiheit von Forschung – und damit letztendlich auch von Lehre – und den Grenzen dieser Freiheit durch Postulate der Drittmittelgeber zu verweisen.
Wir hatten im Zuge der Novellierung des ThürHG eine grundsätzliche Überarbeitung der Thüringer Lehrverpflichtungsverordnung (ThürLVVO) erwartet und sind erstaunt, nur wenige Änderungen vorzufinden. Beispiele sind hier: die nicht hinreichende Anrechnung digitaler Lernformen und Blended Learning und die Einordnung von sprachpraktischem Unterricht.
Dieser Artikel kann nur einige Aspekte unserer Auseinandersetzung mit dem Gesetzesentwurf enthalten. Daher sei zur ausführlichen Stellungnahme auf unsere Homepage verwiesen.