GEW-Stiftung fair childhood
Ziele vereinbaren ist gut, Ziele erreichen besser
Dies gilt auch und ganz besonders für das UN-Nachhaltigkeitsziel 8.7, bei dem es um die Beseitigung von Kinderarbeit bis 2025 geht. Seit letztem Jahr ist im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie immer wieder die Rede vom Brennglas, das die Probleme in der Welt verdeutlicht. Jetzt brennt es tatsächlich.
Die alarmierenden Zahlen sind ein wichtiger Realitätscheck
Alle vier Jahre wird so ein Bericht über die Zahl der Kinder in Kinderarbeit weltweit vorgelegt. Kinderarbeit in allen Formen
bis 2025 zu beenden, das ist die internationale Verpflichtung im Nachhaltigkeitsziel 8.7. Ohne den entschiedenen politischen Willen und die Bereitstellung von Ressourcen in einem nie dagewesenen Ausmaß wird dieses Ziel jedoch auf absehbare Zeit nicht erreicht werden. „Die Verwirklichung des SDG-Ziels der Abschaffung der Kinderarbeit erfordert eine erhebliche Beschleunigung.“ (Child-Labour-Report S.25)
Von 2000 bis 2016 nahm Kinderarbeit kontinuierlich ab, stagnierte dann bei 152 Millionen arbeitender Kinder. Die Daten des neuen Berichts, dessen Schätzungen auf Informationen aus Haushaltsbefragungen beruhen, die zwei Drittel der Weltbevölkerung von Kindern zwischen 5 und 17 Jahren abdecken, sind erschreckend. Fast jedes 10. Kind (63 Mio. Mädchen und 97 Mio. Jungen) weltweit war Anfang 2020, also vor Corona, in Kinderarbeit. Etwa die Hälfte von ihnen verrichten Arbeiten, die ihre Gesundheit, Sicherheit und moralische Entwicklung gefährden.
Insbesondere bei jüngeren Kindern zwischen 5 und 11 Jahren stieg die Zahl seit 2016 um 16,8 Millionen. Durch die COVID-19-Krise und die damit verbundene steigende Armut könnte bis Ende 2022 mit fast 9 Millionen weiteren Kindern in Kinderarbeit zu rechnen sein. Die tatsächlichen Auswirkungen werden davon abhängen, ob und in welchem Ausmaß politische Reaktionen und Maßnahmen zur sozialen Absicherung erfolgen werden.
„Ein Anstieg des Sozialschutzes hingegen könnte die Auswirkungen von COVID-19 auf die Kinderarbeit mehr als ausgleichen, so dass wir wieder Fortschritte in diesem Bereich erzielen.“ (ebenda S.9)
Kinderarbeit behindert den Zugang zu Bildung
Mehr als ein Drittel aller arbeitenden Kinder sind vom Schulbesuch komplett ausgeschlossen, bei den 12- bis 14-jährigen sind es mindestens 35 Prozent. Die Arbeit lässt ihnen keine Zeit und Energie für einen Schulbesuch. Außerdem fehlen in der Regel hochwertige kostenlose Schulen. Die Aussichten dieser Kinder auf eine menschenwürdige Arbeit im Jugend- und Erwachsenenalter sind stark eingeschränkt. Die anderen zwei Drittel der Kinder in
Kinderarbeit versuchen, die Anforderungen von Schule und Arbeit unter einen Hut zu bringen. Sie bleiben in der Regel hinter den nicht arbeitenden Mitschüler:innen zurück und ihr Risiko ist hoch, die nächste Klassenstufe nicht zu erreichen und die Schule vorzeitig zu verlassen. Während in Asien, im Pazifikraum, in Lateinamerika und der Karibik die Kinderarbeit in den letzten vier Jahren weiter zurückgedrängt werden konnte, sind solche Fortschritte in
afrikanischen Ländern südlich der Sahara nicht zu vermelden. In Subsahara-Afrika steigt die Anzahl arbeitender Kinder seit 2012, so dass es hier mittlerweile mehr Kinder in Kinderarbeit gibt als im gesamten Rest der Welt.
Bei der Spendenbereitschaft ist noch Luft nach oben
Das ist für die GEW-Stiftung fair childhood – Bildung statt Kinderarbeit ein zusätzlicher Grund, gerade afrikanische Lehrkräftegewerkschaften dabei finanziell zu unterstützen, in ihren Ländern kinderarbeitsfreie Gebiete zu schaffen. Die Spendengelder ermöglichen ihnen, Lehrkräfte entsprechend fortzubilden, damit diese – sowohl in ihrem Unterricht als auch in Versammlungen und Gesprächen mit ihren Kollegien, mit den Eltern, den traditionellen, religiösen und politisch Verantwortlichen in der Region – für das Recht der Kinder auf Bildung und gegen Kinderarbeit eintreten.
Mit beispielhaften Erfolgen in den kinderarbeitsfreien Gebieten können diese Gewerkschaften auch Regierungsstellen überzeugen und ein Umdenken bewirken. Die Bildungsgewerkschafter:innen vor Ort haben das verstanden, allein die Anschubfinanzierung für solche Projekte fehlt ihnen oft. Ein höheres Spendenaufkommen gäbe der GEW-Stiftung die Möglichkeit, noch mehr Anfragen unserer Schwestergewerkschaften positiv zu beantworten.