Das Land beteiligt sich im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs an den Kosten der Kindertageseinrichtungen im Wesentlichen überdie Schlüsselzuweisungen und mit einem zweckgebundenen Zuschuss (Landespauschalen) an die Wohnsitzgemeinde. Die Landespauschalen ergeben sich aus den durchschnittlichen Betriebsausgaben(einschließlich der Personalausgaben) des vergangenen Haushaltsjahres. Die Finanzierung der Kitas ist an die tatsächlich belegten Plätze gebunden und hängt somit unmittelbar mit dem Betreuungs- und dem Personalschlüssel des Kita-Gesetzes zusammen. Derzeit betreut eine pädagogische Fachkraft vier Kinder im Alter von 0 bis 1 Jahr, sechs Kinder im Alter von 1 bis 2 Jahren, acht Kinder im Alter von 2 bis 3 Jahren und sechszehn Kinder im Altern von 3 Jahren bis zum Schuleintritt. Zur Berechnung des Personalschlüssels werden Ausfallzeiten (für Urlaub und Krankheit) sowie Zeiten für die pädagogische Arbeit außerhalb der Gruppe mit 25% der regelmäßigen Arbeitszeit veranschlagt.
Die Wohnsitzgemeinden/Kommunen zahlen die restlichen Betriebskostenin Kitas abzüglich Elternbeiträge und ggf. möglicher Eigenanteiledes Trägers.
Drei Dinge werden daran offenbar:
- Thüringen hat einen Betreuungs- und Personalschlüssel, der wissenschaftliche Erkenntnisse zur frühkindlichen Pädagogik ignoriert, der der gemeinsamen Erklärung der Jugendminister*innen „Frühe Bildung – Mehr Qualität für alle Kinder“ nicht gerecht wird und der Thüringen im bundesweiten Vergleich seit Jahren auf einender letzten Plätzen verweist. Die qualitative Verbesserung dieser Schlüssel zieht einen Anstieg bei den Platzkosten nach sich.
- Die Landesmittel werden pauschalisiert und zum Teil nicht zweckgebunden an die Wohnsitzgemeinden gezahlt. Die regionale Trägerstruktur– viele Kitas in freier Trägerschaft oder viele kommunale Kitas – ist für die Höhe der Landesfinanzierung unerheblich.
- Die Berechnung der Landesmittel basiert auf der Anerkennung unterschiedlicher Entlohnungsbedingungen. Zur Ermittlung der Betriebskosten wird der Thüringer Durchschnitt – hohe Personalkosten bei kommunalen Trägern und zum Teil um 20% unter diesen Personalkosten liegende Entgelt bei freien Trägern – herangezogen.
Kindertagesstätten als Sparmodell für die Kommunen
Für die Kommunen entsteht dabei der Anreiz, ihre Kindertagesstätten als Sparmodell zu nutzen. Die Landesmittel werden verlässlich an die Anzahl der Kinder und nicht an tatsächlich entstehende Kosten gebunden. Wer weniger je belegten Platz ausgibt, spart diese Mittel für andere Bereiche. Die entscheidendste Schraube, um Platzkosten zu verringern, ist die der Personalkosten.
Für die GEW Thüringen ergeben sich aus der derzeitigen Finanzierungsstruktur folgende Forderungen:
- Die Landesmittel müssen auskömmlich berechnet und zweckgebunden ausgeschüttet werden. Grundlage für die Berechnung der Personalkosten muss der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienstsein. Der Paragraf 21 zur Finanzierung der Kinderbetreuungsangebote muss wie folgt geändert werden:
„Voraussetzung für die Finanzierung nach diesem Gesetz ist die Aufnahme der Kindertageseinrichtung und des Angebots der Kindertagespflege in den Bedarfsplan sowie der Nachweis der Anwendung eines einschlägigen Tarifvertrages. Erst eine transparente,nachvollziehbare und durch Nachweis belegte Verwendung der öffentlichen Finanzierung insbesondere in Bezug auf die Personalkosten stellt eine Kostenerstattung durch das Land Thüringen sicher.“ „Betriebskosten im Sinne dieses Gesetzes sind die angemessenen Personal- und Sachkosten, die für den Betrieb einer Kindertageseinrichtung erforderlich sind. Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst gilt dabei als wirtschaftlich und auskömmlich und ist als Maßstab heranzuziehen.“Damit stellt man die Finanzierung von Kindertagesstätten auf eine solide Basis und unterbindet durch die Tariftreue-Klausel die Zweckentfremdung der Gelder. - Der Betreuungs- und Personalschlüssel ist an qualitative Maßstäbe anzupassen. Die Verbesserung des Schlüssels bei den unter Dreijährigen auf ein Verhältnis von 1 zu 4 hat zur Folge, dass mehr als zweitausend neue Vollzeitstellen geschaffen werden müssen. Dies entspricht einem Finanzierungsbedarf von 60 Millionen Euro. Eine Anpassung bei den über Dreijährigen auf ein Verhältnis von 1 zu 8 führt zur Neuschaffung von mehr als tausendachthundert Vollzeitstellen mit einem Finanzierungsbedarf von 56 Millionen Euro1.
Für die Thüringer Landesregierung bleibt also viel zu tun. Im Zuge der derzeitigen Kita-Gesetz-Novellierung sollten erste Schritte unternommen und dabei Beteiligungen des Bundes vermehrt genutzt werden.
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1 - GEW: Bildungsfinanzierung der öffentlichen Hand – Stand und Herausforderungen, Frankfurt a.M. 2016.