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GEW-Umfrage unter Lehramtsanwärter*innen

Wie kann die zweite Phase der Lehrer*innenausbildung besser werden?

109 Fragen, 11 Themenkomplexe, 158 Lehramtsanwärter*innen: Hier sind die Ergebnisse der LAA-Umfrage 2018. Im April diesen Jahres hat die GEW ihre Umfrage unter Lehramtsanwärter*innen (LAA) aus 2014 wiederholt. Die Umfrage befasst sich mit insgesamt elf Themengebieten. Hundertachtundfünfzig LAA haben sie ganz oder teilweise beantwortet, das sind 17,7 Prozent der damals im Vorbereitungsdienst befindlichen LAA. Im folgenden wird eine Auswahl der Ergebnisse kurz vorgestellt.

Rosig sieht die sogenannte zweite Phase der Lehrer*innenausbildung in den Augen der meisten Befragten nicht aus. Dennoch stellen sich hier und da leichte Verbesserungen gegenüber den Umfrageergebnissen aus dem Jahr 2014 ein. Dies kann möglicherweise mit dem Wegfall der Pädagogischen Hausarbeit zusammenhängen, der zu einer Verringerung der Belastung geführt haben kann. Zugleich bedeutete dies aber für das Lehramt an Grundschulen eine drastische Kürzung des Vorbereitungsdienstes auf nur zwölf Monate – womit die Belastung in diesem Bereich wiederum stark anstieg. Lehrämter dieser Schulart müssen mit ihrem Eintritt in den Vorbereitungsdienst unmittelbar ihre Prüfungen für das 2. Staatsexamen in den Blick nehmen und Klassen für ihre Lehrproben finden. Eine der im Weiteren formulierten Forderungen muss daher auf Aufstockung des Vorbereitungsdienstes auf mindestens 18 Monate lauten. Denn: Ausbildung muss Ausbildung bleiben!

Die Umfrage wurde erstmalig im August am Tag der offenen Tür der GEW vorgestellt. Es folgen weitere Termine: Vorgestellt wird die Umfrage vor LAA, Studienseminarleiter*innen, Fachleiter*innen sowie im TMBJS. Hiernach werden Empfehlungen der GEW weiter entwickelt und auf der Homepage zu finden sein.

Gerne stellen wir die Ergebnisse auch in Ihrer Einrichtung vor! Anfragen hierzu richten Sie bitte an Jana.Bonn(at)gew-thueringen(dot)de

Inhalte in der Ausbildung

siehe Diagramm 1

Im Themenkomplex „Erwerb von Kompetenzen für die Lehrer*innenarbeit“ wurden konkrete ausbildungsspezifische Inhalte abgefragt. Diese Inhalte sind von zentraler Bedeutung für die angehenden Lehrer*innen und haben praktische Relevanz.

Der Aussage „Der Vorbereitungsdienst stattet mich mit Kommunikationsstrategien für Gespräche mit Schüler*innen angemessen aus.“ stimmten 54, 4 Prozent der LAA nicht zu. Sie fühlen sich unzureichend auf solche oftmals schwierigen Situation zwischen Tür und Angel vorbereitet. Diese Situation ist ausgesprochen ungünstig, zählen Schüler*innengespräche doch zum Kerngeschäft eines jeden Lehrers/einer jeden Lehrerin.

Auch in Bezug auf Elterngespräche, die anders als Schüler*innengespräche zwar nicht an der Tagesordnung sind, fühlen sich gerade einmal 7,6 Prozent der Anwärter*innen voll zutreffend gut ausgebildet. Für 25, 3 Prozent trifft dies gar nicht zu. Gerade in diesen Bereichen besteht dringend Verbesserungsbedarf. Die Ausbildung muss näher an die Bedürfnisse der LAA heranrücken. Der praktische Bezug zum Schulalltag muss die Seminare prägen.

siehe Diagramm 2

Ausbildung durch die Fachleiter*innen

Insgesamt 29 Fragen widmen sich dem Zusammenhang der Ausbildung der LAA durch ihre Fachleiter*innen. Die LAA bewerten die Erreichbarkeit und Ansprechbarkeit ihrer Fachleiter*innen zu über 90 Prozent als positiv und knapp 87 Prozent haben auch den Eindruck respektiert zu werden. Ganz klar positiv (85 Prozent ) wird auch die Verbesserung des eigenen Unterrichts eingeschätzt, nachdem Fachleiter*innen diesen besucht und weiterführende Hinweise gegeben haben. Weiterhin wird positiv eingeschätzt, dass Kritik sachlich geäußert wird. Dem stehen diametral die Ergebnisse des nachfolgenden Diagrammes gegenüber: Jede*r Dritte assoziiert hier den Begriff Angst mit dem Unterrichtsbesuch durch Fachleiter*innen. Schule sollte für keine/n Akteur*in mit Angst besetzt sein.

siehe Diagramm 3

Die Werte im Bereich der Fachleiter*innen sind nicht optimal. Um ein faires Bild zu generieren, ist auf ihre Arbeitsbedingungen hinzuweisen. Das Beförderungsamt wurde abgeschafft, stattdessen erhalten sie eine geringe Zulage, die gestrichen werden kann, wenn man in einem Halbjahr „nicht benötigt“ wird. Hier spart das Land an der Bildung! Bei hoher Verantwortung und geringer Anerkennung haben sie zudem keine eigene Personalvertretung. Aufgrund dieser Gemengelage bieten wir auch Fachleiter*innen eine Umfrage an, um einen multiperspektivischen Blick auf den Vorbereitungsdienst zu ermöglichen.

Die von den LAA geübte Kritik an den Fachleiter*innen bleibt von deren Gesamtsituation jedoch unberührt. Denn dass die für Fachleiter*innen vorfindlichen Strukturen und Arbeitsbedingungen oftmals unzureichend sind, ändert nichts an der Situation der LAA. Vor allem was die Transparenz der Bewertung anbelangt, ließe sich rasch Abhilfe schaffen. 41,7 Prozent sind die Bewertungskriterien ihrer Fachleiter*innen intransparent.

Belastung durch den Vorbereitungsdienst

siehe Diagramme 4 und 5

Insgesamt 72,3 Prozent der LAA fühlen sich unmittelbar durch den Vorbereitungsdienst stark oder sehr stark (37,5 Prozent) belastet. Und über 65,5 Prozent weisen darauf hin, dass die Arbeitsbelastung während der praktischen Prüfung deutlich zu hoch sei. Tatsächlich ermöglicht die Ausbildungsverordnung (ThürAZStPLVO § 24, Abs. 5) lediglich, den Werktag vor den beiden Lehrproben frei zu nehmen. Bis zum Mittag dieses Tages muss allerdings auch der Entwurf beider Lehrproben eingereicht werden. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Arbeitsbelastung durch die mündlichen Prüfungen (66 Prozent).

siehe Diagramm 6

Aus Sicht des TMBJS sollte den LAA im Vorbereitungsdienst der Lehrer*innenberuf schmackhaft gemacht werden und so auch ein Verbleib im Land Thüringen. De facto wird aber deren Belastungsgrenze vielfach ausgereizt.

Fazit

Wenn zuvor von leichten Verbesserungen gegenüber dem Umfragejahr 2014 die Rede gewesen ist, so bedeutet das zugleich, dass viele Bereiche noch immer dramatisch verbesserungswürdig sind, wie an Beispielen erläutert wurde. Nach Redaktionsschluss wird erst ein Austausch mit den Studienseminaren möglich sein. Diskussionsinhalte aus diesem Prozess werden gegen Ende Oktober in die hier bereits gedruckten folgenden Empfehlungen miteinfließen. Daraus wird ein weiteres Empfehlungs-Papier entstehen, dass auf die Homepage der GEW gestellt werden wird.

Empfehlungen

Wie kann die zweite Phase der Lehrer*innenausbildung besser werden? Diese Frage stellt sich nun allen Akteuren in der Lehrer*innenausbildung. Die GEW fordert mehr Transparenz in Bezug auf Informationsmöglichkeiten vor und während des Vorbereitungsdienstes sowie bezüglich der gestellten Anforderungen und Bewertungen durch die verschiedenen Akteure. Eine bessere Verzahnung von 1. und 2. Ausbildungsphase – inhaltlich und terminlich – ist längst überfällig! Die Verkürzung des Vorbereitungsdienstes sollte zurückgenommen werden und eine Aufstockung auf mindestens 18 Monate erfolgen. Dies wirkt zugleich der dargestellten Stressbelastung entgegen. Wer im Vorbereitungsdienst Unterstützung findet, wird ein positiveres Berufsbild etablieren. Der Vorbereitungsdienst darf nicht abschrecken, wenn wir Lehrer*innen in Thüringen halten wollen! Denn: Die Verbeamtung allein hält die angehenden Lehrer*innen nicht im Land. Das sind vielmehr „weiche Faktoren“ wie Familie, schnelle Zusage (!), Wohnort oder Beziehungen. Nichtsdestotrotz ist einsichtig, dass Thüringen aufgrund der Konkurrenzlage zu anderen Bundesländern hier mitziehen musste.

siehe Diagramm 7