Zwei Beispiele:
1. Im Referentenentwurf zur Novelle des Thüringer Personalvertretungsgesetzes (ThürPersVG) bleiben die Sonderregelungen für den Hochschulbereich (§ 88) an wichtigen Stellen unverändert:
Drittmittelfinanzierte wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen in wesentlichen Fragen (Einstellung, Eingruppierung, Kündigung) weiterhin nur auf Antrag vom Personalrat vertreten werden. Damit bleiben – trotz anderslautender Aussagen im Koalitionsvertrag1 – weiterhin mehr als ein Fünftel der Beschäftigten an Hochschulen von der antragsungebundenen Vertretung durch den Personalrat ausgeschlossen. Was das bedeutet, wissen alle, die auf diesem Gebiet etwas Erfahrung haben: Es wird kaum Bewerber*innen geben, die schon mit ihrem Bewerbungsschreiben auf eine freie Stelle beantragen, dass der Personalrat beteiligt wird. Dazu müssten sie erstens das ThürPersVG im Detail kennen und zweitens keine Angst haben müssen, dass dieser Antrag ihnen im Bewerbungsverfahren eventuell nachteilig ausgelegt wird. Ebenso verhält es sich bei Kündigungen: betroffene Beschäftigte müssen nach aktueller Gesetzeslage in dem Moment, wo sie eine Kündigungsabsicht seitens des Arbeitgebers erahnen, einen Antrag auf Vertretung durch den Personalrat stellen. Zudem ist unklar, wie Personalräte über die Einhaltung bspw. von Kodizes für gute Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft wachen sollen, wenn bei zahlreichen Einstellungen oder Vertragsverlängerungen keinerlei Beteiligung erfolgt.
Das ist schon eine paradoxe Situation, die sich leicht verändern ließe, indem nämlich alle an Hochschulen Beschäftigten antragsungebunden vom Personalrat vertreten werden – so wie es an anderen öffentlichen Dienststellen üblich ist und wie es im Übrigen auch im Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes geregelt ist.
2. Im Entwurf zur Novelle des Thüringer Hochschulgesetzes (ThürHG) gibt es entgegen zahlreicher Forderungen während des so genannten Thüringer Hochschuldialogs keinen Ansatz, ein Gremium (wieder) einzuführen, in dem alle am Thüringer Hochschulwesen Beteiligten zusammenkommen und wesentliche, die verschiedenen Interessengruppen betreffenden Angelegenheiten beraten und ggf. entscheiden.
Schon in der Auswertung des Hochschuldialogs kommentierte das federführende Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft (TMWWDG), dass die „Belange der Hochschulen … durch die Hochschulleiter durch die Landesrektorenkonferenz wahrgenommen“2 werden. Das sehen jedoch die an den Hochschulen Arbeitenden und Studierenden anders. Wir erleben unsere Hochschulleitungen nur sehr eingeschränkt als unsere Interessenvertretung. Die Landesrektorenkonferenz, die sich nach dem Gesetzentwurf demnächst „Landespräsidentenkonferenz“ nennen soll, wird eher als undurchsichtiges Entscheidungsgremium losgelöst von jeglicher demokratischer Kontrolle wahrgenommen. Wesentliche Entscheidungen, die auch die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten betreffen, werden von der Landesrektorenkonferenz getroffen, bspw. die Zusammenarbeit der Rechenzentren und der Bibliotheken oder die Modalitäten der ERP-Einführung. In vielen dieser Fragen gibt sich das Ministerium ahnungslos, wenn es beispielsweise vom Hauptpersonalrat darauf angesprochen wird und verweist auf die Landesrektorenkonferenz. Diese ist aber keine Ansprechpartnerin des Hauptpersonalrates, denn nach Personalvertretungsgesetz existiert sie nicht.
Konsequent wäre daher, die Landesrektorenkonferenz durch ein Gremium zu ersetzen, in dem neben den Hochschulleitungen auch die Personal- und die Studierendenvertretungen sowie die Gewerkschaften an einem runden Tisch zusammenkommen und die wesentlichen Belange des Thüringer Hochschulwesens beraten und
grundsätzliche Entscheidungen treffen. Den Hochschulleitungen bliebe dann immer noch die Möglichkeit, sich informell zu treffen, so wie es andere Arbeitsebenen auch tun, bspw. Bibliotheken, Rechenzentren, Studierendensekretariate oder Internationale Büros. Bei der Formulierung dieses neuen § 39 könnte man sich an § 8a des bis 2006 gültigen ThürHG anlehnen. Damals gab es nämlich schon mal eine „Landeshochschulkonferenz“. Ihr Wegfall zu Zeiten der CDU-Alleinregierung wurde von Beschäftigten und Studierenden als Verlust an Demokratie wahrgenommen.
Die aktuellen Gesetzentwürfe greifen also in wesentlichen Aspekten zu kurz. Demokratie sieht anders aus! Es besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf, damit die Regierungskoalition ihren selbst gesetzten Ansprüchen gerecht wird. Dabei könnte sie auch auf unsere Unterstützung zählen.“