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Einschätzung der GEW Thüringen

Was sagen uns die Ergebnisse der Schulleitungsstudie?

„Die vorliegende Cornelsen Schulleitungsstudie zeigt, dass die Mehrheit der Schulleitungen in Deutschland ihre Rolle aktiver und souveräner wahrnehmen möchte als bisher, aber dafür nicht die politische und rechtliche Unterstützung erfährt, die sie benötigt. Sie werden im unübersichtlichen Dickicht der Anforderungen, im Kleinklein des Tagesgeschäftes davon abgehalten.“ - Prof. Dr. Klaus Hurrelmann

Problem Zeitmangel

„Deutschlands Schulleitungen bleibt kaum Zeit, sich mit der Weiterentwicklung ihrer Schulen zu beschäftigen. Der Grund: Sie müssen zu viele kleinteilige Aufgabenbereiche bewältigen. Administrative Tätigkeiten beanspruchen einen Großteil ihrer Arbeitszeit – 54 Prozent* verbringen damit wöchentlich mehr als 10 Stunden.“

Das sagt die GEW Thüringen dazu:

Bei uns ist die stets gestiegene Aufgaben- und Arbeitsbelastung von Lehrkräften und insbesondere von Schulleitungen seit Jahren ein festes Thema in der Diskussion intern aber auch mit dem TMBJS. Seit Jahren fordert die GEW Thüringen deshalb u.a. die Entlastung der Lehrkräfte und Schulleitungen von Verwaltungsaufgaben durch die Festeinstellung von Verwaltungsassistenzen an Schulen.

Unsere langjährigen Bemühungen zeigen nun hoffentlich erste Erfolge: Mittlerweile denkt man im TMBJS über Pilotprojekte nach. Aber wir wissen alle, das kann dauern.

Problem: fehlende Entlastung

„Die aktuell wichtigsten Themen, mit denen sich Schulleitungen beschäftigen, sind digitale Ausstattung (67 Prozent), bauliche Themen wie Sanierungen, Um- oder Neubauten (62 Prozent), Digitalisierung des Unterrichts (58 Prozent) und die Gewinnung von neuem Lehrpersonal (54 Prozent).“

Das sagt die GEW Thüringen dazu:

Schulleiter:innen sind in der derzeitigen Situation nicht zu beneiden. Als „Mädchen für Alles“ oder „Verantwortliche für Alles“ kümmern sie sich um die aufgezählten und viele weitere Dinge. Aber Schulleitungen sind oft keine IT-Profis, Bausachverständige und Logistiker. Mit großem zeitlichen und Kraftaufwand wollen sie allen Anforderungen gerecht werden, stoßen zunehmend aber auch an sachliche, fachliche und persönliche Grenzen. Aber ständiges „Fahren auf Verschleiß“ kann auf Dauer kein Mensch durchhalten.

Von Entlastungen bisher keine Spur!

Verwaltungsassistenzen sind nicht die Lösung für alles, können aber in Teilbereichen Schulleitungen entlasten!

Problem: Unzufriedenheit durch mangelnde Vorbereitung

„Zum Befragungszeitpunkt im Herbst 2021 schauten 72 Prozent der Schulleitungen unzufrieden auf die vergangenen 12 Monate zurück. 52 Prozent blickten der Zukunft ihrer Schule optimistisch entgegen.“

Das sagt die GEW Thüringen dazu:

Die Corona-Pandemie hat alle fast unvorbereitet getroffen. Es gab keine Blaupause, wie man mit dieser Pandemie an Schulen umgehen kann, um sie zu beherrschen. Besonders die Schulleitungen haben sich in dieser Situation oft alleingelassen gefühlt. Klare, rechtssichere Handlungsanweisungen, Unterstützungen durch TMBJS und die Staatlichen Schulämter waren teilweise nur unzureichend und von kurzer Dauer.

Schulleitungen sahen sich häufig Fragen, Kritiken, Protesten und sogar Klagen gegenüber, die für sie kaum zu beherrschen waren.

Schulleitungen sowie das gesamte Pädagogenteam haben den Anspruch auf beste Unterstützung und auch Schutz durch den Arbeitgeber bzw. Dienstherren, den Freistaat Thüringen. Die GEW Thüringen fordert deshalb: Dieses Chaos darf sich nicht wiederholen.

Problem zu wenige Ganztagsschulen in gebundener Form

„Die Ganztagsschule ist das Modell der Zukunft: Insbesondere in einer gebundenen Form ermöglicht sie Schüler:innen aus Sicht der Schulleitungen, den eigenen Interessen entsprechend über einen längeren Zeitraum und in Gemeinschaft zu lernen und sich zu entfalten. Der gebundene Ganztag wird als ausgleichender Faktor für Bildungschancen gesehen (82 Prozent).“

Das sagt die GEW Thüringen dazu:

Herzensanliegen der GEW ist seit Jahren das „Längere gemeinsame Lernen“ eingebettet in Ganztagsangebote für alle Schülerinnen und Schüler (SuS). Im Ganztag bieten sich vielfältige Möglichkeiten, die Fähigkeiten, Interessen und Wünsche aller SuS anzusprechen und zu entwickeln, aber auch die vorhandenen Defizite abzubauen. Der Ganztag bietet ebenso Struktur, Halt und Verlässlichkeit für Kinder aus benachteiligten Milieus. So lassen sich Bildungschancen und Bildungsgerechtigkeit aus unsere Sicht am besten umsetzen!

Problem digitales Lernen

„Drei von vier Schulleitungen (73 Prozent) sind der Meinung, dass sich Schule an Digitalität, also der Art und Weise, wie Technik zum Lernen genutzt wird, orientieren sollte. Dazu gehört für 97 Prozent auch, dass Schüler:innen den verantwortungsbewussten Umgang mit digitalen Medien in der Schule lernen.“

Das sagt die GEW Thüringen dazu:

Corona hat allen vor Augen geführt, dass das Lernen mit Papier, Stift und Kreide nicht mehr alleingültig und zukunftsorientiert ist. Vorteile hatten die Schulen und somit die Schülerinnen und Schüler, die in der Digitalisierung des Unterrichts und des Schulalltags ein oder zwei Schritte weiter waren als die meisten anderen Schulen. Die
Pandemie hat die Bedeutung der Digitalisierung an Schulen in den Mittelpunkt gerückt. Wir warnen jedoch davor, dass die Anstrengungen und richtigen Entwicklungen in der Digitalisierung mit dem Rückgang der Pandemie sehr schnell wieder aus dem Fokus geraten. Viele andere Länder in Europa und Asien machen es Deutschland und Thüringen vor, wie pädagogisch sinnvoll digitales Arbeiten gelingen kann.

Digitaler Unterricht erfordert moderne technische Ausstattung und Fortbildungen und muss somit zum beständigem Teil des Lernens werden; auch nach Corona!

Problem mangelnde Autonomie und Gestaltungsfreiheit

„Schulleitungen fordern mehr Autonomie und Gestaltungsfreiheit. Dazu gehören neben der Befugnis zur Ausgestaltung der schulischen Bildung (77 Prozent) eine umfassendere Entscheidungsbefugnis bei der Auswahl des Personals (54 Prozent), die eigenständige Organisations- und Unterrichtsentwicklung (46 Prozent) sowie
Mittelvergabe (44 Prozent).“

Das sagt die GEW Thüringen dazu:

Das Thüringer Schulgesetz und die Thüringer Schulordnung bieten nach der Novellierung mehr Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Ausgestaltung der schulspezifischen Bildung durch die Mitwirkungsgremien. Auch für die schulinterne Organisation und Gestaltung des Unterrichts gibt es Freiräume. Doch wie das genutzt wird und gelingt, hängt häufig von der Personalsituation an der jeweiligen Schule ab. Der Wunsch vieler Schulleiter:innen nach Entscheidungskompetenz bei der Auswahl des Personals, ist deshalb verständlich. Soll das in Thüringen dazu führen, dass die Schulleitungen sich um ihr fehlendes Personal zukünftig selber kümmern sollen? Dazu muss man wissen, dass Personalgewinnung weitaus mehr ist, als ein Bewerbergespräch zu führen! Hier darf der Arbeitgeber, konkret die Schulämter, nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden.

Weitestgehende Einbeziehung der Schulleitung im Vorfeld von Einstellungen sollte selbstverständlich sein. Die alleinige Verantwortung für die Gewinnung von Personal halten wir nicht für zielführend, weil dies auch wieder zu deutlich größerem Arbeitsaufwand führen würde.

Problem unzureichende Weiterbildungen

„96 Prozent der Schulleitungen wünschen sich für sich selbst regelmäßige Weiterbildungsmöglichkeiten, um ihrer Rolle rundum gerecht werden zu können. Für 89 Prozent sind Fortbildungen eine wichtige Inspirationsquelle für die Schulentwicklungsarbeit.“

Das sagt die GEW Thüringen dazu:

Schulleitung zu sein, stellt einen hohen Anspruch dar mit täglich vielfältigen Herausforderungen, dem man sich zu Beginn sicher mit viel Optimismus (und vielleicht auch einer Portion Naivität) stellt. Sehr schnell merkt man als Schulleiter:in jedoch, dass ein:

„Das schaff ich schon!“ nicht ausreicht, um allen Situationen und dem eigenen Anspruch gerecht zu werden.

Auch Schulleiter:innen haben deshalb ein berechtigtes Verlangen nach qualifizierten kontinuierlichen Weiterbildungsmöglichkeiten, die ihnen zur Bewältigung ihrer verantwortungsvollen Aufgaben konkret Rat und Sicherheit geben. Solche Weiterbildungsmöglichkeiten für Schulleitungen müssen in Thüringen ausgebaut werden. Hier fordern wir das TMBJS und das Thillm dringend auf, geeignete Angebote aufzulegen!

Aber woher sollen Schulleiter:innen guten Gewissens die Zeit nehmen, an solchen Fortbildungen teilzunehmen, wo doch möglichst noch heute drei Statistiken zu fertigen sind, die nächste Bauberatung ansteht, die Dienstberatung vorbereitet werden muss, hospitiert und beurteilt werden muss, Personalgespräche für angeforderte Abordnungen geführt werden müssen, der IT-Verantwortliche des Schulträgers kontaktiert werden muss, weil irgendwas mal wieder nicht funktioniert, Elternbeschwerden bearbeitet werden sollen und so weiter und so endlos…

Und was kann die GEW Thüringen tun?

Die beschriebenen Problemlagen sind uns nach der Veröffentlichung der Umfrageergebnisse noch deutlicher bewusst geworden.

Das Kennwort der GEW zu den Personalratswahlen: „Es ist Zeit für mehr Zeit“ ist auch deshalb so gewählt worden und trifft die Forderungen nicht nur der Lehrkräfte, Erzieher:innen und der Sonderpädagogischen Fachkräfte, sondern auch aller Schulleitungen ganz konkret!

AG Schulleiter:innen

Die GEW Thüringen möchte die Arbeitsgruppe Schulleitungen wieder stärker in den Blick nehmen und sucht dafür weitere interessierte Schulleiter:innen,
die die inhaltliche Arbeit und die Forderungsdiskussion innerhalb der GEW und gegenüber dem TMBJS voran treiben.

Wenn Du Fragen dazu hast oder Interesse an einer Mitarbeit, dann schreib eine E-Mail an: schule(at)gew-thueringen(dot)de

 

Kontakt
Kristina Argus
Team Referatsleitung Allgemein- und berufsbildende Schulen
Adresse Heinrich-Mann-Str. 22
99096 Erfurt
Telefon:  0361 590 95 0
Kontakt
Andreas Heimann
Referatsleitungsteam Allgemein- und berufsbildende Schulen
Adresse Heinrich-Mann-Str. 22
99096 Erfurt
Telefon:  0361 590 95 0