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"Das Auge Schäft, bis es der Geist mit einer Frage weckt." (Sprichwort)

Unsere Bildungsreise nach Reggio Emilia

Vor ca. einem Jahr erfuhren wir durch die GEW Thüringen von einem Angebot des DGB-Bildungswerks Hessen/Thüringen für eine fünftägige Bildungsreise zum Thema „Die hundert Sprachen der Kinder. Vorschulpädagogik in Reggio Emilia“. Wir, zwei Erzieherinnen aus dem Reggio Kinderhaus in Gotha, meldeten uns sofort an, denn die Teilnehmerzahl war auf 16 begrenzt.

Quelle: Claudia Herda

Nachdem der Bildungsurlaub von unserem Träger, der Stadtverwaltung Gotha, gewährt worden war, wuchs die Vorfreude. Da allein die Seminarkosten für uns beide je 400,00 Euro betrugen, unterstützte uns der Kreisverband der GEW Gotha mit jeweils 250,00 Euro. Vielen Dank dafür! Am 9. Oktober 2021 war es endlich soweit, wir starteten mit viel Aufregung in Richtung Italien. Am nächsten Tag lernten wir Frank Lipschik, den Organisator vom DGB, und unsere Mitstreiter:innen im Hotel in Reggio Emilia kennen. Es freute uns sehr, dass wir 12 Thüringer Vorschulpädagog:innen waren, die die Reggio Pädagogik geschichtlich und vor Ort erleben wollten. Unsere Seminare fanden in den Räumen des „Istoreco“ statt, dem Institut für die Geschichte des antifaschistischen Widerstands und für Zeitgeschichte in der Provinz Reggio Emilia. Durch Steffen und Matthias vom Institut erhielten wir einen Überblick über die Geschichte und Politik der Stadt sowie der Region. Bei einer Stadtführung lernten wir auch die kommunalen, sozialen, kulturellen und politischen Institutionen kennen. Außerdem wurde die Rolle der Frauen bei der Entstehung der „Schulen von Reggio Emilia“ veranschaulicht. Der Zusammenhang zwischen der Geschichte des Landes und der Entwicklung der Reggio Pädagogik in dieser Region wurde uns allen dabei nahegebracht.

Beeindruckende Kinderkrippen-Architektur

Wir besuchten eine kommunale Kinderkrippe und einen Kindergarten in der Region der Po-Ebene als Beispiel für eine fortschrittliche Sozial- und Bildungspolitik. Von der Fachberaterin und dem Bürgermeister erfuhren wir viel über den Aufbau sowie die Funktionsweise der Einrichtungen. Wir waren sehr beeindruckt, besonders von dem modernen Bau der Kinderkrippe, von der Gestaltung der Räume, der Dokumentation und der Projektarbeit. In einem Seminar speziell zur Einführung in die Reggianische Bildungsphilosophie und deren Projektansatz hatten wir Gelegenheit, unsere vielen Fragen zu stellen und anregende Gespräche mit einer Fachberaterin zu führen.

Recycling fördert die Kreativität

Bei einem Besuch der „ReMida“, einer Sammelstelle für Recyclingmaterial aus ca. 200 Betrieben, lernten wir die ökologische Arbeitsweise der Kindereinrichtungen im Landkreis Reggio Emilia kennen. Uns begeisterte die Vielfalt des Materials und der ästhetischen Anordnung, wofür vier fest angestellte kommunale Mitarbeiter:innen verantwortlich sind. Ihre Aufgabe besteht darin, „aus Abfall mit wenig Möglichkeiten etwas zu machen, das man verwenden möchte“. Es werden Workshops für Kinder organisiert, nur pädagogische Fachkräfte dürfen sich Materialien für ihre Arbeit holen. Die Mitarbeiter:innen erklärten uns ihren Bildungsauftrag und ihren „Glauben an die Bildungsfähigkeit dieses Materials“. Die Kinder werden angeregt, selbst Namen für die Materialien zu erfinden und erfahren, dass diese nicht „falsch“ verwendet werden können.

Ateliers für Kinder

Ein besonderes Erlebnis war eine Führung durch das Loris Malaguzzi Zentrum „Reggio Children“. Neben Präsentationen zur politischen und pädagogischen Geschichte gibt es eine Vielzahl an Ateliers, in denen alle nur denkbaren Materialien nach Themen ausgestellt sind. Auf Dokumentationswänden mit Fotos und Texten wird veranschaulicht, wie Kinder das jeweilige Material verwenden. Besonders beeindruckend waren für uns das Atelier „In Form von Lehm“, wo Ton verarbeitet wurde, das „Lichtstrahl-Atelier“ und das Atelier „Sprachen der Zahnräder“. In diesem Zentrum finden auch Weiterbildungen statt und es werden Workshops für Kindergruppen organisiert. Dabei geht es u.a. darum „Ideen zu entwickeln und den Körper zu erfahren“. Die Kinder sollen „…nicht direkt Antworten finden“ und ihrer Fantasie freien Lauf lassen.

Zum Ausklang Genuss auf Italienisch

Während der täglichen Siesta hatten wir Zeit für einen Bummel durch die schöne Innenstadt, einen Kaffee im Sonnenschein und interessante Gespräche mit den anderen Teilnehmer:innen. Abends ließen wir den Tag bei leckerem italienischem Essen und einem Gefühl von „Dolce Vita“ ausklingen. Original Reggianischer Parmesan und Lambrusco Seco durften dann in unserem Gepäck in die Heimat nicht fehlen.

Was nehmen wir mit?

Insgesamt fühlten wir uns in unserem pädagogischen Tun schon oft bestätigt. Zu den anderen Pädagog:innen wollen wir Kontakt halten, um uns auch zukünftig auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen. Es war für uns ein einmaliges Erlebnis mit großartigen Eindrücken, vielen Inspirationen und kreativen Anregungen, die
langfristig auf unsere Arbeit wirken werden.

Noch mehr Bilder dieser Bildungsreise kannst Du hier sehen:
www.gew-thueringen.de/kita

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Claudia Herda
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Ines Wellendorf