Zum Inhalt springen

Stellungnahmen zu den im Landtag vorliegenden Entwürfen für ein novelliertes Thüringer Hochschulgesetz

Nachdem die Landesregierung im Herbst 2017 ihren Entwurf des Thüringer Hochschulgesetzes (ThürHG) in den Thüringer Landtag eingebracht hat, liegt dem Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft des Thüringer Landtages nun ein zweiter Novellierungsvorschlag vor.

Bereits ab 2016 hat das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft an der Novellierung des ThürHG gearbeitet (siehe Eintrag weiter unten vom 30.05.2017). Im Herbst 2017 erfolgte nun die Einbringung des Vorschlages der rot-rot-grünen Landesregierung in den Thüringer Landtag (Drs. 6/4467): Thüringer Gesetz zur Stärkung der Mitbestimmung an Hochschulen sowie zur Änderung weiterer hochschulrechtlicher Vorschriften. Der Landtag hat die Beratung des Gesetzes nach einer ersten Lesung an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft verwiesen und dieser hat nun Hochschulleitungen, Studierendenvertretungen, Personalvertretungen, Gewerkschaften und Interessengruppen dazu aufgefordert, sich zu diesem Gesetz zu äußern; zunächst einmal schriftlich. Am 18. Januar veranstaltet der genannte Ausschuss eine mündliche Anhörung, wo wir als GEW Thüringen noch einmal die Möglichkeit zur Stellungnahme haben.

Neben der Landesregierung hat die Fraktion der CDU im Thüringer Landtag einen eigenen Gesetzentwurf zur Novellierung des ThürHG eingebracht (Drs. 6/4657): Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Hochschulgesetzes. Auch zu diesem Gesetz war die GEW Thüringen zur Stellungnahme aufgefordert.

Die GEW Thüringen begrüßt den Gesetzentwurf der Landesregierung (Drs. 6/4467) als einen ersten Schritt in Richtung von mehr Mitbestimmung und Demokratie an Hochschulen. Dazu gehört, den Senat wieder mit mehr Kompetenzen auszustatten und einen ersten Schritt in Richtung des Hochschulrates als Beratungsgremium zu gehen. Auch die Einführung von Viertel- bzw. Drittelparität beim Senat und weiteren Gremien, d. h. dass die Gruppe der Professor*innen, die Gruppe der Studierenden, die Gruppe der akademischen Mitarbeiter*innen und die Gruppe der sonstigen Mitarbeiter*innen (an Fachhochschulen: die Gruppe der Mitarbeiter*innen, daher dort eine Drittelparität) jeweils die gleichen Stimmenanteile haben. Ausgenommen davon sind nur Angelegenheiten, die Forschung und Lehre unmittelbar betreffen; dort muss eine Professor*innenmehrheit gewährleistet sein. Allerdings sehen wir den Gesetzentwurf tatsächlich nur als einen ersten Schritt, dem noch viele weitere folgen müssen. Den neuen § 95 Assistenten lehnen wir ab, da wir der Auffassung sind, dass mit der Neuformulierung unzulässig in die Rechte der Tarifautonomie, von Grundgesetz und Thüringer Verfassung eingegriffen wird. 

Die ausführliche Stellungnahme lesen Sie hier.

Dagegen lehnt die GEW Thüringen den Vorschlag der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag (Drs. 6/4657) ab. Wir teilen nicht die Meinung, dass im jetzigen ThürHG alles gut geregelt ist und somit nur Anpassungen an andere gesetzliche Regelungen vorgenommen werden müssen. Auch das Verständnis, dass es nur die Professorenschaft ist, die sagen kann, wohin eine Hochschule zu steuern ist, lehnen wir ab. Demokratie lebt von (weitgehend) gleichen Mitbestimmungsmöglichkeiten aller Gruppen an den Hochschulen.

Die ausführliche Stellungnahme finden Sie hier.

Stellungnahme zum Entwurf eines Thüringer Gesetzes zur Stärkung der Mitbestimmung an Hochschulen sowie zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften

30.05.2017 – Marlis Bremisch

Nach den Dialogforen an den einzelnen Hochschulstandorten und den Werkstattgesprächen mit Expert*innen im letzten Jahr zur Vorbereitung der Novelle des Thüringer Hochschulgesetzes (ThürHG) liegt jetzt der Gesetzentwurf der Landesregierung vor. Die GEW Thüringen hat hierzu Stellung genommen.

Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft (TMWWDG) wollte den Gesetzentwurf breit bekannt machen und hat ihn daher auf seine Homepage gestellt.

Allerdings war die Zeit denkbar knapp für die Anzuhörenden, um zum Gesetzentwurf Stellung zu nehmen. Denn, obwohl die Richtung, in die sich die Novelle des ThürHG bewegen sollte, zumindest teilweise in den Ergebnissen der Werkstattgespräche erkennbar, aber der Teufel liegt nun mal im Detail. Und das bedeutete hier: innerhalb von reichlich zwei Wochen mussten knapp 200 Seiten Gesetzestext mit Begründung durchgearbeitet und auch in den Feinheiten gesichtet und diskutiert werden. Diese kurze Zeit zur Stellungnahme kritisiert die GEW Thüringen in ihrer Stellungnahme, da ein solches Zeitfenster mit ehrenamtlicher Arbeit im Referat Hochschule und Forschung fast nicht zu leisten ist. Zumal zwischen den Werkstattgesprächen Anfang November 2016 und der Einbringung ins Kabinett im Mai 2017 sich das Ministerium selbst Zeit genommen hat, den Gesetzentwurf aufs Papier zu bringen.

Die GEW Thüringen hat sich in ihrer Stellungnahme auf einige wichtige Punkte konzentriert, um bei der Fülle der Änderungen nicht die für sie wesentlichen Sachen aus dem Blick zu verlieren. Wir haben uns u. a. mit folgenden Fragen auseinandergesetzt:

  • Der Gesetzentwurf sieht einige Verbesserungen in der Stärkung der Mitbestimmung aller Mitgliedergruppen an Hochschulen vor. Dies erkennen wir an. Dennoch werden die hohen Erwartungen für die Teilnahme an der akademischen Selbstverwaltung für nichtprofessorale Mitglieder und Angehörige an Hochschulen nur zum Teil erfüllt.
  • Die GEW Thüringen setzt sich wiederholt für die Schaffung einer Landeshochschulkonferenz ein. Wir sind der Ansicht, dass die Landespräsidentenkonferenz als einziger hochschulischer Akteur nicht ausreichend ist, wenn sich das Ministerium zu Fragen der Hochschulen beraten lässt. Für die ganzheitliche Beratung fehlt dabei die Sicht von Beschäftigten und Studierenden. Die Argumentation, dass der Hauptpersonalrat (HPR) oder die Konferenz der Thüringer Studierendenschaften (KTS) ebenfalls Gespräche mit dem Ministerium führen und daher ein übergeordnetes Beratungsgremium nicht notwendig ist, geht hier fehl, da HPR (Hier gelten die Regelungen des Thüringer Personalvertretungsgesetzes ThürPersVG) und KTS ein klar geregeltes – und eingegrenztes – Aufgabenspektrum besitzen, im Rahmen dessen sie Gespräche mit dem Ministerium führen. Uns geht es um eine gemeinsame Beratung des Ministeriums durch ein Gremium, in dem die verschiedenen Vertreter der Gruppen der Hochschule Mitglied sind und ihre Sichtweisen einbringen können.
  • Wir lehnen die Verpflichtung der Hochschulen zur Drittmitteleinwerbung ab. Drittmittel sind Realität an allen Hochschulen, aber ihr Anteil an der Finanzierung der Hochschulen nimmt immer mehr zu. Dies lehnen wir nicht nur deshalb ab, weil mehr befristete Drittmittel auch immer mehr befristete Drittmittelstellen nach sich ziehen. Aus Sicht der GEW Thüringen ist es Aufgabe des Staates, die Hochschulen entsprechend ihrer Aufgaben auskömmlich und sachgerecht zu finanzieren. Drittmittel können dabei immer nur zusätzliche Finanzierung für weitere, zusätzlich übernommene Aufgaben sein.
  • Die GEW Thüringen bleibt dabei: Wir fordern die Abschaffung des Thüringer Hochschulgebühren- und –entgeltgesetz (ThürHGEG) und Gebühren aller Art statt der Neuschaffung von Gebührentatbeständen, teils in unklarer Höhe.
  • So lange die Hochschulen Lehrbeauftragte in teilweise erheblichem Umfang und nicht nur für die Ergänzung des Lehrangebots einsetzt, muss der Status der Lehrbeauftragten deutlich verbessert werden, indem sie unter bestimmten Mindestvoraussetzungen zu Mitgliedern der Hochschule werden.
  • Die Ausweitung der Aufgaben und Verantwortung des Senats sowie seine Besetzung in Viertelparität begrüßen wir.
  • Für die GEW Thüringen ist ein Hochschulrat ein beratendes Gremium für die Hochschulen, kein bestimmendes. Somit gehen die Vorstellungen im Gesetzentwurf einen ersten Schritt in die richtige Richtung.
  • Die Wahl einer Hochschulversammlung begrüßt die GEW Thüringen als zaghaften Schritt in eine stärkere Mitbestimmung aller Gruppen an Hochschulen.
  • Auch in diesem Gesetzentwurf fehlt eine eine grundsetzliche Auseinandersetzung und Normierung des Teilzeitstudiums, was auch die Pflicht der Hochschulen beeinhalten müsste, flexible Teilzeitstudien anzubieten. Dagegen sollen Teilzeitstudierende immer noch die volle Langzeitstudiengebühr zahlen, falls sie nicht zügig genug studieren.
  • Der Abschluss einer Qualifizierungsvereinbarung für die Qualifizierung von wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiter*innen findet unsere Zustimmung, auch wenn wir nicht erkennen können, wie für eine Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen im Zweifelsfall gesorgt werden kann.
  • Enttäuscht ist die GEW Thüringen, dass der Gesetzentwurf keinerlei Verbesserungen für die zumeist besonders prekär tätigen Lehrbeauftragten vorsieht.
  • Verwundert sind wir darüber, das die Diskussionen zur Verbesserung der Situation der wissenschaftlichen und künstlerischen Hilfskräfte und Tutor*innen keiner Eingang in den Gesetzentwurf gefunden hat. Und dies nicht nur vor dem Hintergrund der Ablehnung der Aufnahme von Tarifverhandlungen zu Studentischen Beschäftigten.
  • Die GEW Thüringen hatte eine grundsätzliche Überarbeitung der Thüringer Lehrverpflichtungsverordnung (ThürLVVO) erwartet und ist über die geringfügigen Änderungen im Gesetzentwurf erstaunt.

Die vollständige Stellungnahme zum Download finden Sie als Dokument hier.

Kontakt
Marlis Bremisch
Referentin für Bildung und Gewerkschaftliche Bildungsarbeit
Adresse Heinrich-Mann-Str. 22
99096 Erfurt
Telefon:  0361 590 95 21