Der Landesausschuss Diversity nimmt dies zum Anlass, um den vielfaltssensiblen Blick auch für Vorschul- und Grundschulmaterialien zu schärfen. Denn diese prägen sehr früh das Weltbild ihrer Adressat*innen – und können damit auch Vorurteile reproduzieren. Die Geschlechterforscher*in Christin Richter untersuchte im Zuge dessen Thüringer Erstlesebücher hinsichtlich rassistischer und sexistischer Sprache und Darstellungen. [1] Sie unterzog folgende Lernmittel einer Untersuchung: die „Karibu Fibel“ des Westermann Verlags (2009), das „Tinto Erstlesebuch“ (grüne Ausgabe) des Cornelsen Verlags (2012) und die „Bücherwurm“ Fibel vom Ernst Klett Verlag (2013).
Die Ergebnisse können als erwartbar ernüchternd formuliert werden: Kinder werden nach wie vor eindeutig geschlechtlich codiert, vornehmlich durch die Farbe ihrer Kleidung und ihre Frisur. Während zwar zunehmend darauf geachtet wird, dass Mädchen und Jungen nicht nur geschlechterstereotypen Interessen nachgehen, werden den Erwachsenen in den Fibeln klare Rollen zugewiesen: Der Vater erscheint durchgängig als der starke Elternteil, der jenseits von Hausarbeit zu existieren scheint, wohingegen die Mutter häufig im Setting Hausarbeit und Einkauf gezeigt wird (siehe Bild aus dem „Bücherwurm“ Seite 139). Sie ist auch diejenige, die den verständnisvollen Part des Elterndaseins einnimmt. Die Fibeln kennen zwar neben der klassischen Kleinfamilie auch Alleinerziehende oder Patchworkfamilien. Regenbogenfamilien oder andere Konstellationen sucht man allerdings vergebens.
Menschen mit Migrationshintergrund und in anderen Ländern werden häufig klischeehaft und zu oft distinguierend dargestellt - anhand von Kleidung, Aussehen oder Berufen wird ihre vermeintliche Andersartigkeit ausgedrückt. Beispielsweise werden Kinder aus anderen Regionen der Erde in vermeintlich traditioneller Kleidung ihres Landes oder Stammes gezeigt. Grundsätzlich werden die westlichen Industrienationen kulturell homogener, fortschrittlicher und zivilisierter dargestellt als Entwicklungsregionen oder andere Kontinente wie Afrika – im „Tinto“-Erstlesebuch z.B. wird Weihnachten mit Trommeln in der Savanne gefeiert. Auch ein großer Handlungsbedarf besteht in Bezug auf die Darstellung von Behinderung in den Büchern – zu oft erfolgt der Zugriff über Leistungsansprüche, die behinderte Menschen vermeintlich nicht erfüllen (siehe z.B. „Bücherwurm“ Seite 71).