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Lehrkräfte

Seiten- und Quereinstieg – ein alternativer Weg!?

Immer größer wird an unseren Schulen der Anteil an Lehrkräften, welche in ihrem „ersten Leben“ Journalist, Erziehungswissenschaftler, Diplomgeolog, promovierte Sportwissenschaftler, Chemiker, Sozialarbeiter, Betriebswirt, Tischlermeister … waren. Zunehmend sind auch Menschen mit Migrationshintergrund und nichtdeutscher Muttersprache dabei, so z.B. aus Marokko, Algerien, China, Ukraine oder Polen. Im zu Ende gehenden Schuljahr 2023/24 sind über alle Schularten ein Viertel aller neu eingestellten Lehrkräfte Seiteneinsteiger:innen, in der Regelschule sogar mehr als 50 Prozent.

Warum stellen sich immer mehr Menschen einer beruflichen Veränderung?

In den Medien wird seit längerer Zeit immer wieder der enorme Unterrichtsausfall mit allen bereits jetzt sichtbaren negativen Folgen für die Schüler, unsere Wirtschaft und Gesellschaft thematisiert. Auch die groß angelegte Werbekampagne des Ministeriums führt dazu, dass sich Menschen mit anderer beruflicher oder akademischer Vorerfahrung überlegen, als Lehrkraft einzusteigen. Attraktive Bezahlung und ein sicherer Arbeitsplatz im Öffentlichen Dienst spielen bei diesen Überlegungen für viele eine Rolle. Aber auch das Interesse mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten, Themen im Unterricht zu vermitteln für die man „brennt“ und bei denen man aus vielfältigen berufspraktischen Erfahrungen schöpfen kann, sind Gründe für das Interesse am Einstieg in den „Lehrerberuf auf Umwegen“.

Der Neuanfang muss gut überlegt sein!

Wer sich mit diesem Gedanken trägt, benötigt vielfältige Informationen, Antworten auf Fragen, deren Liste immer länger wird, je mehr man sich mit dieser Thematik beschäftigt:

  • Ist mein beruflicher Abschluss für eine Bewerbung im Schuldienst ausreichend?
  • Was unterscheidet Seiten- von Quereinsteigern?
  • Wie stehen die Chancen auf eine (unbefristete) Einstellung?
  • Welche Qualifizierungen kann bzw. muss ich absolvieren und vor allem welche Perspektive bezüglich des Abschlusses und der Eingruppierung habe ich?
  • Bleibt man für immer nur die „zweite Wahl“?
  • Kann man als Seiten- oder Quereinsteiger auch verbeamtet werden?

Diese und viele weitere Fragen zum Bewerbungsverfahren, zum Einstieg und zur notwendigen Unterstützung im Schulalltag gilt es, am besten vor der Unterschrift auf dem Arbeitsvertrag, zu klären.

Wie gehe ich den Einstieg an?

Eine erste Orientierung und notwendige Informationen zu den möglichen Wegen in den Thüringer Schuldienst findet man auf der Homepage des Thüringer Bildungsministeriums. Eine Hotline und Beratungstermine vor Ort werden Interessierten angeboten. Auch Erfahrungsberichte über Vorteile, Chancen und Herausforderungen, die ein solcher Neuanfang mit sich bringt, findet man unter der Adresse erste-reihe-thueringen.de. Häufig gestellte Fragen (FAQ) werden hier gut verständlich erklärt, ebenso werden vielfältige Hinweise für weitergehende Informationen (z.B. zum Thema Nachqualfizierung) gegeben.

Da die Wege und Qualifizierungsmaßnahmen aufgrund der jeweiligen Berufsbiografie des Bewerbers sehr unterschiedlich sind und der Einsatzwunsch durch persönliche oder familiäre Umstände variiert, muss nach der Nutzung von grundsätzlichen Informationsangeboten der direkte Kontakt zum zuständigen Schulamt gesucht werden. Die Chancen auf eine Einstellung sind sehr gut, aber es muss trotzdem eine Stelle an einer bestimmten (Wunsch-) Schule vorhanden sein. Nach wie vor stellt sich die Bedarfs- und Bewerbersituation in den fünf Schulämtern und in den einzelnen Schularten unterschiedlich dar. Der größte Bedarf besteht in ländlichen Gebieten und insbesondere an der Schulart Regelschule, betroffen sind dort nahezu alle Fächer der Stundentafel. Honoriert wird eine Neueinstellung in besonderen Mangelsituationen mit einem nicht unerheblichen Sonderzuschlag.

Welche Positionen und Forderungen hat die GEW Thüringen zum Thema Seiten- und Quereinstieg?

In Thüringen wurde die Einstellungsrichtlinie sukzessive geöffnet. Inzwischen ist die Not an den Schulen so groß, dass man, wenn kein geeigneter Bewerber mit klassischem Lehramtsstudium zur Verfügung steht, mit nahezu jedem beruflichen Abschluss als Lehrer nachrangig eingestellt werden kann, wenn fachliche Voraussetzungen vorliegen und die persönliche Eignung festgestellt wird.

Als GEW betrachten wir diese Entwicklung kritisch. Insbesondere betrifft dies die seit November 2023 mögliche unbefristete Einstellung von Lehrern mit „sonstigen Abschlüssen“ nach einem Jahr Bewährung, welche durch Hospitationen von Schulleitung und Schulamtsmitarbeitern festgestellt werden soll. Welche Pflichtqualifizierungen und welche Perspektiven sind für diese Menschen mit den „sonstigen Abschlüssen“ vorgesehen? Da es immer häufiger keine qualifizierten Bewerber gibt, sehen viele die Gefahr einer De-Professionalisierung. Die GEW fordert, alle Anstrengungen zu unternehmen, um Lehramtsstudierende zu gewinnen und im Studium Bedingungen zu schaffen, dass Studienanfänger nicht mehr in Größenordnungen ihr Studium abbrechen! Vorschläge unsererseits gibt es, zuletzt in der GEW-Broschüre „Lehrer:innenbildung in Deutschland im Jahr 2024. Status quo und Entwicklungen der letzten Dekade“ vom März 2024.

Trotz allem, wir müssen uns den Realitäten stellen: Ohne Seiten- und Quereinsteiger funktioniert Schule derzeit und in absehbarer Zukunft nicht mehr! Aber kann Schule unter diesen Umständen gut funktionieren? Es muss gelingen! Welche Voraussetzungen müssen jedoch gegeben sein, damit Seiteneinsteiger im Schuldienst tatsächlich eine Bereicherung sind? Was hat die GEW in diesem Zusammenhang erreicht und geplant?

Um das Ankommen und die berufliche Weiterentwicklung insbesondere der Seiteneinsteiger zu erleichtern und zu verbessern, wurde den Schulen der Leitfaden „Einstellungsvoraussetzungen, Qualifizierungswege und Unterstützungsangebote im Seiteneinstieg“ an die Hand gegeben. Erstellt wurde dieser unter maßgeblicher GEW-Beteiligung im Rahmen der Verhandlungen zum Personalentwicklungskonzept. Wichtigstes Ergebnis ist der allmähliche Einstieg in den eigenverantwortlichen Unterricht statt vom ersten Tag zu 100 % Unterrichtsverpflichtung. Damit haben Seiteneinsteiger Raum, den schulischen Alltag kennenzulernen und zunehmend pädagogische Erfahrungen zu sammeln. In der Verwaltungsvorschrift zur Organisation des Schuljahres wurde dieser allmähliche Einstieg mit aufwachsender Unterrichtsverpflichtung festgeschrieben.

Gleichzeitig setzt sich die GEW für die Bestandslehrkräfte ein, denn ohne die fachdidaktische und pädagogische Unterstützung der erfahrenen Kollegen vor Ort und vom Studienseminar können Seiteneinsteiger nicht qualifiziert werden. Für den zusätzlichen Aufwand muss es Anrechnungsstunden geben, weitere Belastungen sind unzumutbar! Auch hier wurden, insbesondere durch unsere Personalräte, erste Erfolge erzielt, die mit der Verwaltungsvorschrift zur Organisation des Schuljahres verbindlich werden.

Die GEW hilft beim Seiteneinstieg

Mehrere Seiten- und Quereinsteiger wandten sich in letzter Zeit mit ihren Sorgen und Nöten an die GEW. Nicht alle fühlen sich den enormen Herausforderungen aus verschiedensten Gründen gewachsen, suchen aber nach Lösungen. Mehrfach wurden in diesem Zusammenhang bereits Vorschläge für Verbesserungen gemacht. Wiederholt erreichen uns in der GEW auch arbeits- und tarifrechtliche Anfragen, die uns zu denken geben. Aus den Erfahrungen, Ideen und Forderungen, die diese Seiten- und Quereinsteiger mitgeteilt haben, ergeben sich weitere Aspekte für unsere GEW-Arbeit in den Gremien und Personalräten.

Du bist Seiteneinsteiger und willst anderen Seiteneinsteigern helfen?

Wer kann sich besser für die Interessen der Seiten- und Quereinsteiger einsetzen als sie selbst? Einige engagierte Seiten- bzw. Quereinsteiger wollen ihre Anliegen selbst in die Hand nehmen, haben im Referat eine Projektgruppe gegründet und planen Aktionen in verschiedenen Formaten nach dem Motto: „Von Seiteneinsteiger für Seiteneinsteiger“.

Du willst dabei sein? Dann kontaktiere bitte unsere Referentin Marlis Bremisch per Mail unter marlis.bremisch(at)gew-thueringen(dot)de oder telefonisch unter 0361 590 95 21.

 

Aus meiner Sicht der beste Weg! Auch, um neue GEW-Mitglieder zu gewinnen.

Kontakt
Kristina Argus
Team Referatsleitung Allgemein- und berufsbildende Schulen
Adresse Heinrich-Mann-Str. 22
99096 Erfurt
Telefon:  0361 590 95 0
Kontakt
Marlis Bremisch
Referentin für Bildung und Gewerkschaftliche Bildungsarbeit
Adresse Heinrich-Mann-Str. 22
99096 Erfurt
Telefon:  0361 590 95 21