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Offener Brief von SPF an den Thüringer Bildungsminister vom 28.12.2020

Wertschätzung, Aufgabengebiete und Eingruppierung

"Sehr geehrter Herr Minister Holter, mit Befremden nehmen die Sonderpädagogischen Fachkräfte zur Kenntnis, dass unsere Vorschläge und Einwände für das neue Thüringer Schulgesetz (2020) keine Berücksichtigung fanden. Hiermit machen wir unsere Forderungen erneut deutlich und bitten freundlichst um Ihre Unterstützung.

Symboldbild - Quelle: Canva Pro

Zum Sachverhalt:

„Sonderpädagogische Fachkräfte sind Erzieher, Heilpädagogen und Heilerziehungspfleger mit einer sonderpädagogischen Zusatzausbildung in mindestens einer sonderpädagogischen Fachrichtung“

(Thüringer Förderschulgesetz §18, 3. Absatz). Viele Kolleginnen und Kollegen, welche nach dem Recht der DDR ein Studium an Instituten für Lehrerbildung zu ausgebildeten Hort- und Heimerziehern*innen mit Lehrbefähigung in zwei Fächern bzw. Pionierleiter mit Lehrbefähigung für die unteren Klassen nachweisen konnten, hatten ab 1995 die Möglichkeit einer berufsbegleitenden Nachqualifizierung zur Sonderpädagogischen Fachkraft. Diese gliederte sich in einen einjährigen Grundkurs und jeweils einen einjährigen Spezialkurs in verschiedene sonderpädagogische Fachrichtungen. Zu jedem dieser Bausteine wurde eine Prüfung (siehe Verwaltungsvorschriften von 1995/ 1996) auf der Grundlage eines „Lehramtes an Förderschulen“ absolviert. Vorgesehen war hierbei auch eine Verbeamtung zum „Sonderpädagogischen Oberassistenten“, welche jedoch nicht stattfand.

Der Einsatz der Sonderpädagogischen Fachkräfte konzentrierte sich zunächst vordergründig auf die entsprechenden Förderschulen bzw. -zentren. Schwerpunkte dabei waren die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von sonderpädagogischen Fördermaßnahmen. Seit den letzten 10 bis 15 Jahren erfolgt der Einsatz aller Förderpädagogen*innen verstärkt in den Grund-, Regel- und Gemeinschaftsschulen. Im regulären Schulbetrieb stellt es sich so dar, wie auch im neuen Thüringer Schulgesetz § 34 Absatz 4a beschrieben.

„Die Lehrer für Förderpädagogik und die Sonderpädagogischen Fachkräfte sind für die Förderschule oder die allgemeine Schule im gemeinsamen Unterricht tätig. Sie erfüllen Aufgaben der sonderpädagogischen Förderung und Beratung an allgemeinen Schulen sowie der Prävention sonderpädagogischen Förderbedarfs, insbesondere in der Schuleingangsphase der Grundschulen und Gemeinschaftsschulen.“

Diese nun fixierte gleichgesetzte Aufgabenbeschreibung ist neu. Gängige Praxis war es bisher, dass es uns, den sehr gut ausgebildeten Sonderpädagogischen Fachkräften, rechtlich verwehrt wurde, sonderpädagogische Fortschreibungen und entsprechende Förderpläne zu erstellen, obwohl wir fachlich dazu befähigt sind. Es ist ein Fortschritt, dass unsere fachlichen Kompetenzen nun erkannt werden. Jedoch finden diese weder in unserer Eingruppierung noch in dem zu leistenden wöchentlichen Stundenumfang eine wertschätzende Berücksichtigung. (siehe nebenstehende Tabelle „Finde den Unterschied!“)

Wir sind der Überzeugung, dass diese Unterschiede hinsichtlich der Eingruppierung und wöchentlicher Arbeitszeit sehr ungerecht sind und fordern, bei entsprechender vollumfänglicher Ausbildung einer Sonderpädagogischen Fachkraft eine Gleichstellung analog eines Förderlehrers.

„Sonderpädagogische Fachkräfte sind Lehrkräfte.“

(Thüringer Schulordnung §34 (4))Diese Thematik ist sowohl bei der GEW als auch im Thüringer Ministerium für Bildung bekannt. Die entsprechenden Maßnahmen zum Ausgleich der Unterschiede sind mit dem Inkrafttreten des neuen Thüringer Schulgesetzes leider noch nicht erfolgt.

Im Februar 2020 ging eine ausführliche schriftliche Darstellung zur Thüringer Schulordnung von der Landesvorsitzenden der GEW an das TMBJS. Frau Vitzthum stellte auch fest, dass sich der Verordnungsentwurf der Förderschullehrer*innen und der SPF stark ähneln und hierzu unbedingt Klärungsbedarf besteht.

Durch zahlreiche Schreiben (z.B. vom 18.02.2019 ebenfalls an Minister Herrn Holter) und Gespräche mit dem Thüringer Ministerium ist dieser Sachverhalt hinlänglich bekannt. Außer einer zur Kenntnisnahme und geäußertem Verständnis wurden keine Verbesserungen umgesetzt. Für uns stellt sich dies als eine mangelnde Wertschätzung unserer täglichen sonderpädagogischen Arbeit im Gemeinsamen Unterricht dar.

Wir sind zahlenmäßig gewiss eine sehr kleine Berufsgruppe und haben somit vielleicht nicht die Aufmerksamkeit wie andere, deren Gehalt angepasst wurde bzw. wird (Regelschullehrer*innen, Grundschullehrer*innen A13).

Gerne sind wir Sonderpädagogischen Fachkräfte bereit, uns den stetig wachsenden Herausforderungen und Anforderungen im Rahmen des Gemeinsamen Unterrichts zu stellen. Zugleich fordern wir jedoch eine Gleichstellung als Förderpädagogen*innen mit identischer Wertschätzung, Wochenstundenzahl und Eingruppierung.

Mit freundlichen Grüßen“

Kontakt
Anke Pietsch
Erzieherin an der Jakob-und-Wilhelm-Grundschule in Erfurt