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"Wenn nicht wir, wer dann?"

So sangen es die streikenden Erzieher*innen auf ihren Demonstrationen. Wisst ihr noch? Aber ich will noch ein paar Schritte zurück gehen: Für Thüringen begann die Tarifrunde Sozial- und Erziehungsdienst bereits im Januar 2015 mit einer Veranstaltung im Erfurter Augustinerkloster. Dort präsentierten wir die Ergebnisse unserer Online-Umfrage zur tariflichen Situation in Thüringer Kindertagesstätten und Horten und zeigten die Revue „Neues vom EGO“.

Foto: Michael Kummer

Es folgte das übliche Tarifgeschäft: Information der Mitglieder, kleinere Warnstreiks, Fahrten zum Verhandlungsort.

Neu war die ausdauernde Blockadehaltung der kommunalen Arbeitgeber. Hier ein paar Standardargumente derselben, weshalb eine überarbeitete, eine Aufwertung der sozialen Berufe nach sich ziehende verbesserte Entgeltordnung zum aktuellen Zeitpunkt schlicht nicht möglich sei: klamme kommunale Haushalte, schiefes Tarifgefüge, Aufwertung erfolgte bereits im Zuge der Einführung der eigenen Entgeltordnung 2009, Tätigkeitsprofil habe sich in den letzten Jahren nicht geändert.

Nach fünf Verhandlungsterminen, die einen Arbeitgebervorschlag (jedoch kein Angebot!) hervor brachten, welcher geringfügige Korrekturen für nur wenige Beschäftigte vorsah, wurden die Verhandlungen für gescheitert erklärt. Es folgte eine Urabstimmung zur Bereitschaft für einen unbefristeten Arbeitskampf. 96,4% der GEW-Mitglieder sprachen sich dafür aus, weiter an ihren Forderungen festzuhalten und ihnen auf der Straße Nachdruck zu verleihen. Was darauf folgte war der längste bundesweite Arbeitskampf des Bildungs-, Erziehungs- und Sozialwesens: vier Wochen unbefristeter Streik, 50.000 streikende Beschäftigte des Sozial- und Erziehungsdienstes, Massenkundgebungen mit bis zu 30.000 Teilnehmer*innen.

In Thüringen beteiligten sich Kolleg*innen aus dem Wartburgkreis, Weimar, Gotha, Erfurt und Jena. Uns erreichten aber auch Hinweise aus weiteren Kreisen, dass die Beschäftigten dort ebenfalls bereit waren, ihre Arbeit unbefristet nieder zu legen.

So erklangen über Wochen die Liedzeilen

„Wenn nicht jetzt, wann dann?                                                                                                            Wenn nicht hier, sag mir wo und wann?                                                                                              Wenn nicht wir, wer sonst?                                                                                                              Unsere Arbeit ist wirklich mehr wert!“

auf Thüringer Plätzen, in den Straßen und Einkaufsmeilen der größeren Städte und während der unzähligen Busfahrten zu Kundgebungsorten in und außerhalb Thüringens. Singende Erzieher*innen oder streikende Angestellte kennt jeder, singende und streikende Erzieher*innen gab es nur in Thüringen!

Doch auch der lange unbefristete Streik zeitigte nicht unmittelbar Erfolge. Das folgende Tarifgespräche Anfang Juni endete mit der Anrufung der Schlichtungskommission. Dies bedeutete für die Gewerkschaften Friedenspflicht, hinderte uns aber nicht daran, zu Solidaritätskundgebungen aufzurufen, Aktionen mit Studierenden der Kindheitspädagogik und Sozialen Arbeit vor dem Thüringer Landtag durchzuführen und somit das Thema weiterhin hoch zu halten. Die Schlichtungsempfehlung wurde im Zuge einer Befragung Anfang August von den Gewerkschaftsmitgliedern abgelehnt. Die Zeichen standen erneut auf Streik.

Die Thüringer Beschäftigten diskutierten Ende September mögliche Szenarien im Tarifkampf und organisierten Flashmobs in fünf Städten, um den Verhandlungstermin 28./29. September zu flankieren.

Nach acht Monaten Tarifkampf mit Höhen und Tiefen, mit zaghaften Angeboten und Rückschlägen, mit neu erlangtem Selbstbewusstsein und manchmal auch Enttäuschung über die „nicht mitstreikenden“ Kolleg*innen haben wir jetzt eine Tarifeinigung. Diese stellt sich nicht als glänzender Erfolg, aber als ein trag- und zukünftig ausbaufähiges Ergebnis dar. Es bleibt noch viel zu tun!

Während dieser lange währenden Tarifauseinandersetzung wurde uns, der GEW Thüringen, immer wieder deutlich, dass es den Kolleg*innen neben einer höheren Anerkennung ihres Berufs auch um eine Verbesserung der Rahmenbedingungen geht. Diese konnten zwar nicht Bestandteil der Tarifverhandlungen sein, aber sie werden zukünftig unser gewerkschaftliches Handeln auf Bundes- und Landesebene leiten. Auch in diesem Fall gilt: die Beschäftigten sind nur

Gemeinsam
Engagiert
Wirksam!

Deshalb: Organisieren! Engagieren! Erfolge erzielen!

Mehr Informationen sind hier zu finden: http://www.gew-thueringen.de/tarif/tarifverhandlungen-fuer-den-sozial-und-erziehungsdienst/

Kontakt
Nadine Hübener
Referentin für Bildung
Adresse Heinrich-Mann-Str. 22
99096 Erfurt
Telefon:  0361 590 95 54
Mobil:  01573 336 02 98