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Erfahrungsbericht eines Lehramtsanwärters

Plötzlich digital. Probieren geht über Studieren!

Wie ist es möglich, dass die „digitale Welt“ einen Skeptiker wie mich letztendlich doch überzeugen konnte? In meinem Erfahrungsbericht geht es um positive Erfahrungen im Umgang mit digitaler Lehre in gleich drei verschiedenen Bildungsbereichen.

Quelle: pixabay - CC3 - Pexels

Lange Zeit galt für mich die digitale Welt als Gräuel und ich wollte es mir und allen anderen stets beweisen, dass ein Leben auch sehr gut ohne Smartphones, Tablets, Laptops, etc. funktioniert. Spätestens seit dem Beginn der Corona-Krise wird mir täglich ein ums andere Mal die Bedeutung und Chance digitalen Lernens und Lehrens vor Augen geführt. So kann ich sagen, dass ich es auch in Zukunft eigentlich nicht mehr missen möchte. Warum das so  ist? Das möchte ich anhand dreier Bereiche erklären, bei denen ich sehr erfolgreich mit digitalen Lehrern in Kontakt gekommen bin.

Vorbereitungsdienst

Die Corona-Krise hat alle vor neue Herausforderungen gestellt und mit einer Situation konfrontiert, die es so vorher noch nicht gab. Umso erstaunlicher und faszinierender empfand ich es, wie in kürzester Zeit Präsenz- in Onlineseminare innerhalb meines Vorbereitungsdienstes umgewandelt wurden und somit durchgeführt werden konnten. Dabei ist die Ausgestaltung und Form dieser Veranstaltungen sehr vielfältig. Es reicht von Videokonferenzen über flexiblere Aufgabenbearbeitungen bis hin zu kooperativem  Austausch in Kleingruppen (Bearbeiten gemeinsamer Dokumente) oder dem Erstellen eigener digitaler Produkte (z.B. Erklärfilme) – und das alles von Zuhause aus.

In meinen Augen profitieren wir noch mehr voneinander, indem uns viele Ergebnisse über eine gemeinsame Plattform zur Verfügung gestellt werden. Natürlich ist es schade, dass einige Methoden, Aufgaben etc. weniger gut praktisch erprobt und bestimmte Materialien nicht selbst ausprobiert werden können. Dafür erfolgt in meinen Augen eine umso intensivere Auseinandersetzung mit Seminarinhalten, indem sich nun vieles auch sehr selbstständig erarbeitet werden muss.

An meiner Ausbildungsschule wird hingegen noch recht analog gearbeitet und Aufgaben per Post oder Mail an die Schüler*innen verschickt. Aber auch hier sehe ich viel Potential in Zukunft für einen Ausbau digitalen Lehrens und Lernens. Die bisherige Aufgabenverteilung führt in meinen Augen eher dazu, dass man vereinzelte Lernende fast komplett aus den Augen verliert und kaum Überblick über deren Leistungen hat.

Über ein digitales Angebot sehe ich die Chance, einen besseren Austausch auch direkt mit den Schüler*innen zu bekommen. Das kann sich ebenfalls zunutze gemacht werden, wenn später z.B. einzelne Lernende längere Zeit krankheitsbedingt nicht in die Schule kommen können. Schließlich wird damit auch die in Zukunft immer wichtiger werdende Medienkompetenz geschult. Natürlich ist dies aber immer nur möglich, wenn alle Lernenden die Möglichkeiten zur Nutzung digitaler Medien haben.

Studium

Die Online-Gestaltung des Sommersemesters an der Universität in Jena erlaubt es mir zudem auch, einfacher und flexibler an Lehrveranstaltungen meines parallel zum Vorbereitungsdienst ablaufenden Studiums teilzunehmen. So muss ich nun nicht extra den Weg nach Jena auf mich nehmen, sondern kann von zu Hause aus arbeiten. Es ist nun auch problemlos möglich, am Nachmittag an Videokonferenzen teilzunehmen, Aufgaben online zu bearbeiten und einzureichen oder mir Podcasts/Aufzeichnungen zu Vorlesungen anzuhören.

Der Umfang und die Tiefe der Aufgabenbearbeitung haben dabei keineswegs abgenommen, jedoch ist die Bearbeitung flexibler geworden. Dadurch kann ich besser den Vorbereitungsdienst und Studium unter einen Hut bekommen.

Erwachsenenbildung

Ich kann ebenso sehr positiv über die digitale Lehre in der Erwachsenenbildung sprechen. Durch meine Zeit als Deutschlehrer im Ausland bin ich ebenfalls mit vielen Fortbildungsangeboten in Kontakt gekommen, die schon jahrelang online angeboten und so auch von Kolleg*innen in ländlicheren Gegenden problemlos angenommen werden können. Zudem bietet das Nutzen digitaler Angebote gerade für Sprachenlehrende/-lernende den enormen Vorteil, mit Muttersprachler*innen in den jeweiligen Ländern zusammenzuarbeiten und sich auszutauschen. Es macht es also um einiges leichter, Menschen miteinander zu vernetzen und bietet Bildungsangebote über Städte- und Ländergrenzen hinaus.

Probieren geht über Studieren

Vermutlich bleibe ich immer ein Verfechter eines ,,analogen“ Unterrichts, da ein ganzheitliches Lernen meiner Meinung nach am besten von Angesicht zu Angesicht und mit ,,Kopf, Herz und Hand“ realisiert werden kann. Und dennoch sehe ich das riesige Potential in digitalen Lehrformaten, indem das Lernen nicht mehr an einen bestimmten Ort gebunden wird und den gesamten Lernprozess flexibler gestaltet. Wir können und sollten unsere Augen nicht vor der zunehmenden Bedeutung der Digitalisierung verschließen, um uns selber auch besser auf die Zukunft vorzubereiten.

Skepsis ist gut, aber trotzdem ist die bessere Devise wie so oft: ,,Probieren geht über Studieren.“ So habe ich die digitale Welt nicht nur als zeitraubend und unpersönlich kennenlernen dürfen, sondern auch als verbindendes, lehrreiches und Spaß bringendes Element zeitgemäßer und umfangreicher Bildung.