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Coronavirus und COVID-19

Informationen für Erzieher*innen bei Kita-Schließungen

Durch die flächendeckende Schließung von Kindertageseinrichtungen bei gleichzeitiger Notbetreuungsregelung stellen sich viele Erzieher*innen die Frage, welche Auswirkungen dies auf ihre Arbeitsverhältnissse hat (Lohnfortzahlung, Arbeitszeit etc.). Hier beantworten wir die drängendsten Fragen:

Quelle: DGB

Grundsätzlich gilt erst einmal: Bei den Kita-Schließungen handelt es sich um Maßnahmen zur Kontaktreduzierung und nicht um Arbeitsverbote für Erzieher*innen! Geschlossen sind durch die Notbetreuungsregelung ja auch die wenigsten Einrichtungen. Den Trägern von Kindertageseinrichtungen bleibt zudem unbenommen die Möglichkeit, ihre Erzieher*innen weiterhin mit mittelbarer pädagogischer Arbeit zu beschäftigen: mit Portfolio-Arbeit, Konzept-Überarbeitung, Fortbildungen, Elternarbeit etc.

Hilfreich ist an dieser Stelle der im April 2020 abgeschlossene Kita-Pakt: Die Entlohnung des Personals von Kindertageseinrichtungen obliegt den Kommunen und den freien Trägern als Arbeitgeber. Durch (...) die ungekürzte Fortführung der Landesbeiträge will das Land den Kommunen ermöglichen, ihr eigenes Personal unverändert so zu entlohnen, wie vertraglich vereinbart. Die Kommunen sollen auch in die Lage versetzt werden, gegenüber den freien Trägern alle Personalkosten anzuerkennen, die durch eine Weiterzahlung des Gehalts oder eine Aufstockung ggf. beantragten Kurzarbeitergeldes entstehen.

Die Landesmittel fließen also erst einmal weiter, so dass die Kommunen und Träger nicht in finanzielle Notlagen bei der Bezahlung des Kita-Personals kommen dürften.

Besondere Situationen verlangen nach besonderen Lösungen. Es empfiehlt sich, die Situation mit dem Arbeitgeber zu besprechen und gemeinsam mit diesem nach flexiblen, einvernehmlichen Lösungen zu suchen. Wir raten den Erzieher*innen aber dringen davon ab, dass eine solche besondere Lösung die Änderung des bestehenden Arbeitsvertrages umfassen sollte. Gewerkschaftsmitglieder sollten sich zuvor immer erst beraten lassen und nichts vorschnell unterschreiben.

 

Welche arbeitsrechtlichen Varianten kommen in der derzeitigen Situation in Frage?

  • Für Erzieher*innen, die keine zu Hause zu betreuende Kinder haben, und deren Kita geöffnet bleibt bzw. deren Träger Präsenzpflicht anordnet

Diese Erzieher*innen müssen ihrer Arbeitsverpflichtung nachkommen und erhalten natürlich fortlaufend Entgelt. Als GEW kritisieren wir aber eine grundsätzliche Präsenzpflicht in den Einrichtungen und erinnern an das Gebot der Kontaktreduzierung.

  • Für Erzieher*innen, die selbst zu Hause zu betreuende Kinder haben, und deren Betrieb geöffnet bleibt bzw. deren Träger Präsenzpflicht anordnen

Hier könnte der Ausgleich des Verdienstausfalls bei notwendiger Betreuung aufgrund behördlich angeordneter Kita- oder Schulschließung über die Neuregelungen des § 56 Infektionsschutzgesetz greifen. Die Höhe der Entschädigung beträgt 67 Prozent des Netto-Verdienstausfalls; für einen vollen Monat wird jedoch höchstens ein Betrag von 2.016 Euro gewährt, selbst wenn dieser Betrag unterhalb der 67 Prozent-Grenze liegt. Gezahlt wird die Entschädigung für längstens 10 Wochen. Ausdrücklich klargestellt wurde (mit dem Gesetz vom 27. Mai 2020), dass die Entschädigung auch tageweise beantragt und somit über mehrere Monate "gestreckt" werden kann. Eine stundenweise Beantragung soll dagegen ausgeschlossen sein.

Für die Entgegennahme und Abwicklung der Anträge sind die Behörden der Länder zuständig. Bei Arbeitnehmer*innen hat der Arbeitgeber für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens jedoch für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet (§ 56 Abs. 5 IfSG).

Eine weitere Möglichkeit der Freistellung soll über die Erweiterung der Kind-krank-Tage ermöglicht werden. Dafür soll es pro Elternteil 10 zusätzliche Tage pro Jahr geben, an denen sie sich "kindkrank" melden können.

Der Anspruch gilt nicht nur wie üblich bei Krankheit des Kindes, sondern auch, wenn Kitas und Schulen geschlossen oder nur eingeschränkt geöffnet sind und Eltern deshalb ein Betreuungsproblem haben. Und der Anspruch gilt auch dann, wenn Behörden den Eltern empfohlen haben, ihre Kinder pandemiebedingt lieber zu Hause zu betreuen. Eltern können sich in diesen Fällen die Bescheinigung oder das Attest für die Krankenkasse von der Kita- oder Schulleitung ausstellen lassen (nicht vom Kinderarzt!). Und selbst wenn die Eltern grundsätzlich im Homeoffice arbeiten könnten, besteht der Anspruch auf Kinderkrankentage. Diese Neuregelung ist flächendeckend und unbürokratisch. Sie gilt rückwirkend ab dem 5. Januar für Kinder bis zum 12. Lebensjahr und bei Kindern, die eine Behinderung haben, auch über das 12. Lebensjahr hinaus.

Quelle: Bundesgesundheitsministerium, 12.01.2021

 

Insgesamt ist hier eine Einzelfallprüfung zu empfehlen, Mitglieder der GEW können sich bei uns beraten lassen.

Grundsätzlich wird empfohlen die Kinder nicht von älteren Menschen betreuen zu lassen, um jene zu schützen. Die Großeltern sollten also jetzt nicht die Enkel versorgen. Der Kreis der betreuenden Personen sollte klein und gleich gehalten werden.

 

  • Für Erzieher*innen, die keine zu betreuenden Kinder zu Hause haben, und deren Träger die Einrichtung schließt

Grundsätzlich tragen die Arbeitgeber auch bei den unerwarteten und von ihnen unverschuldeten Betriebsstörungen, zu denen auch die extern angeordnete Schließung des Betriebes gehört, das Risiko und damit auch die Lohnkosten (§ 615 Bürgerliches Gesetzbuch). Im Hinblick auf die Entgeltfortzahlung gilt, dass der Arbeitgeber grundsätzlich weiter zur Entgeltzahlung verpflichtet bleibt, wenn die Arbeitnehmer arbeitsfähig und arbeitsbereit sind, aber er sie aus Gründen nicht beschäftigen kann, die in seiner betrieblichen Sphäre liegen (sog. Betriebsrisikolehre, § 615 Satz 3 Bürgerliches Gesetzbuch). Dazu würden etwa Fälle zählen, in denen es aufgrund von COVID-19-Erkrankungen zu erheblichen Personalausfällen oder Versorgungsengpässen käme, in deren Folge der Arbeitgeber die Betriebstätigkeit vorübergehend einstellen würde. Die Arbeitnehmer behalten also in diesen Fällen ihren Entgeltanspruch, auch wenn sie nicht arbeiten können.
Hinweis: Für diese Konstellationen, in denen weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer den Arbeitsausfall zu vertreten haben, können einzel- oder kollektivvertragliche Vereinbarungen Abweichendes regeln.

Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Angesichts bevorstehender wochenlanger Schul- und Kitaschließungen sollten Arbeitgeber zusammen mit Mitarbeitern pragmatische, unbürokratische und einvernehmliche Lösungen finden, die nicht zu Lohneinbußen führen. So könnten Homeoffice-Lösungen oder flexible Arbeitszeitregelungen dazu beitragen, die aktuelle Situation zu bewältigen. Arbeitnehmer sollten ihrerseits die Möglichkeit wahrnehmen, über Zeitausgleiche, etwa Überstundenabbau oder kurzfristige Inanspruchnahme von Urlaub, die Betreuung ihrer Kinder im Anschluss an die ersten Tage sicherzustellen.

 

Ist Kurzarbeitergeld eine Lösung?

Kurzarbeit muss vom Arbeitgeber bei der Bundesagentur für Arbeit beantragt werden. Diese prüft, ob die betrieblichen und die jeweiligen persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind.  Sind diese erfüllt, erhalten die Beschäftigten für die ausgefallene Arbeitszeit Kurzarbeitergeld (KUG) in Höhe von 60 % (67 % bei unterhaltspflichtigen Kindern) des pauschalierten Nettoentgeltes von der Bundesagentur.

Ein Anspruch auf KUG besteht, wenn ein erheblicher Arbeitsausfall mit (unvermeidbarem) Entgeltausfall vorliegt und eine Rückkehr zur Vollbeschäftigung nach Überwindung der Krise wahrscheinlich ist. Eine behördlich angeordnete Schließung kann sicher Voraussetzung für einen „erheblichen Arbeitsausfall“ sein. Ein Anspruch auf KUG besteht allerdings nur dann, wenn die Lohnzahlungsverpflichtung des Arbeitgebers (welche zunächst auch nach der Schließung weiterhin besteht), nicht mehr erfüllt werden kann, ohne die Existenz des Betriebs zu gefährden.  Ob dies bei Privatschulen oder privaten Kitas jedoch der Fall ist, muss bezweifelt werden, da diese aufgrund der überwiegend staatlichen Finanzierung auch nach einer behördlich angeordneten Schließung die Gehälter weiter bezahlen könnten. Zumindest muss davon ausgegangen werden, dass Kurzarbeitergeld nur sehr eingeschränkt bezahlt werden kann.

Der Betriebsrat hat gemäß § 87 Abs. 1 Ziffer 3 BetrVG Mitbestimmung (Initiativrecht) bei der vorübergehenden Verkürzung der Arbeitszeit.  Er sollte also unbedingt die Sachlage mit dem Arbeitgeber klären und zumindest über eine Beschränkung der Nachteile für die Beschäftigten verhandeln. Dazu zwei wichtige Hinweise:

  • Die Betriebsräte sollten unbedingt darauf achten, dass der Arbeitgeber den betroffenen Mitarbeitern einen Nettoentgeltzuschuss zum Kurzarbeitergeld bezahlt, damit das Betriebsrisiko insoweit nicht allein auf die Arbeitnehmer verlagert wird.
  • Außerdem sollte unbedingt in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden, dass eine Anordnung von Kurzarbeit nur dann erfolgen darf, wenn diese von der Arbeitsagentur auch genehmigt wurde. Ansonsten kann es passieren, dass die Beschäftigten nur einen Teil der Arbeitszeit arbeiten und auch nur dafür vergütet werden. Der Betriebsrat sollte also darauf achten, dass er seine Zustimmung zur Einführung von Kurzarbeit rechtlich wirksam davon abhängig macht, ob Arbeitnehmern Kurzarbeitergeld auch tatsächlich ausgezahlt wird.
  • Der Betriebsrat sollte sich in jedem Fall anwaltliche Unterstützung holen.

Wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht einigen können, entscheidet eben die Einigungsstelle gemäß § 76 BetrVG.

Arbeitsrechtlich setzt die Kurzarbeit voraus, dass entweder eine entsprechende Kurzarbeitsklausel im Arbeitsvertrag enthalten ist, Kurzarbeit durch Tarifvertrag ermöglicht wird oder – was der praktisch der häufigste Fall sein wird – über Kurzarbeit eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG abgeschlossen wird.

Hintergrund

Die Bundesregierung hatte die Regelungen für die Kurzarbeit verändert, die am 1. April 2020 in Kraft traten. Vor allem die Unternehmen und ihre Beschäftigten, die direkt oder indirekt von den Folgen der Corona-Krise betroffen sind, sollen so eine wirkungsvolle Unterstützung bekommen. Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist, dass die üblichen Arbeitszeiten verringert sind, bislang muss mindestens ein Drittel der Beschäftigten von einem Arbeitsausfall betroffen sein, nun soll dieser Schwellenwert auf 10 Prozent der Beschäftigten, die vom Arbeitsausfall betroffen sind, abgesenkt werden. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn aufgrund des Corona-Virus Lieferungen ausbleiben und dadurch die Arbeitszeit verringert werden muss oder staatliche Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass der Betrieb vorübergehend geschlossen wird.

 

Ohne Kurzarbeitergeld einfach nach Hause schicken, ohne Lohn zu zahlen, kann der Arbeitgeber seine Beschäftigten nicht ohne weiteres. Vielmehr trägt der Arbeitgeber das sog. Betriebs- und Wirtschaftsrisiko, auch bei unrentabler Beschäftigung (§ 615 S. 3 BGB). Gleiches gilt für seitens des Arbeitgebers zwangsweise angeordneten Abbau von Überstunden. Arbeitgeber sind auch nicht ohne weiteres dazu berechtigt, Arbeitszeitkonten mit Minusstunden zu belasten. Denkbar sind allerdings tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Regelungen, die die Nutzung von Arbeitszeitkonten zur Überbrückung von Auftragsschwankungen vorsehen.

 

Darf der Arbeitgeber die wöchentliche Arbeitszeit reduzieren?

Viele Arbeitsverträge sehen einen Sockel vor und werden – je nach gemeldeter Kinderanzahl und kommunaler Stichtagsregelung – befristet angepasst. Die befristete Anpassung der wöchentlichen Arbeitszeit stellt eine Änderung des Arbeitsvertrages dar, die auch rechtlich einklagbar ist. Hier ist also die Befristung in den Blick zu nehmen. Wir raten GEW-Mitgliedern sich dazu bei uns individuell beraten zu lassen.

 

Können die Beschäftigten die Zeit auch mit Urlaub überbrücken oder kann der Arbeitgeber diesen gar anordnen?

Sinn macht es auch durchaus, den Resturlaub aus 2020 jetzt zu nehmen, der häufig bis Ende März verfallen könnte. Je nach tariflicher oder arbeitsvertraglicher Regelung könnte der nun unter Umständen verfallen, wenn man das Angebot, Urlaub zu nehmen, nicht annimmt. Im Einzelfall raten wir zur Beratung (gewerkschaftlicher Rechtsschutz für Mitglieder!).

Bereits vereinbarter Erholungsurlaub ist auch dann zu nehmen, wenn die geplante Reise wegen des Coronavirus ausfällt.

Die Lösung, über Wochen hinweg bezahlten Urlaub zu nehmen, stößt auch irgendwann, spätestens wenn alle Urlaubstage aufgebraucht sind, an ihre Grenzen.

Der Arbeitgeber aber darf weder einseitig Erholungsurlaub noch unbezahlter Urlaub anweisen. Die einseitige Anordnung von Urlaub gegen den Willen der Arbeitnehmer würde dringende betriebliche Belange voraussetzen. Kein Recht zur Anordnung von Zwangsurlaub hat der Arbeitgeber jedoch bei Auftragsmangel oder Betriebsablaufstörungen. Das sogenannte Betriebsrisiko, d. h. die Gefahr der unwirtschaftlichen Bezahlung von Arbeitnehmern, darf nicht durch einseitige Urlaubsanordnung abgewälzt werden. Ob die Schließung auf Grund der Corona-Pandemie dringende betriebliche Belange berühren, wird in Zukunft noch zu klären sein. Die Beteiligungsrechte des Personal- bzw. Betriebsrats wären an dieser Stelle zudem zu beachten. Ein Betriebsurlaub darf nur mit Zustimmung des Betriebsrats angeordnet werden und es müssen die betrieblichen Gründe geprüft werden. Die GEW rät den Beschäftigten, nicht vorschnell auf angeordneten Urlaub einzugehen, sondern mit dem Arbeitgeber nach weiteren Lösungen zu suchen.

Besondere Situationen verlangen nach besonderen Lösungen. Es empfiehlt sich, die Situation mit dem Arbeitgeber zu besprechen und gemeinsam mit diesem nach flexiblen, einvernehmlichen Lösungen zu suchen.

 


Gute Gründe für eine Mitgliedschaft in der GEW Thüringen

Kontakt
Nadine Hübener
Referentin für Bildung
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