
Zunächst hörten beide Politiker eine halbe Stunde nur zu, was die Kolleg*innen aus den Grundschulhorten sachlich, sehr konkret und eindringlich schilderten. Nicht nur an nicht besetzten Stellen, vor allem aber auch an den zu geringen Beschäftigungsumfängen fehlt es, insbesondere bei den jungen bzw. neu eingestellten Kolleg*innen. Von 60 bis 65 % Beschäftigungsumfängen kann man keine Familie ernähren, das betonten vor allem auch die männlichen Beschäftigten. Aufstockungen beim Sozialamt sind nach 5 Jahren Ausbildungszeit eine Demütigung. Auch der Weggang z. B. in die Kindergärten, wo es höhere Beschäftigungsumfänge gibt, sind gravierende Folgen. Dass bei Krankheit und Urlaub von Kolleg*innen dann Gruppenstärken von 40 Kindern für eine Erzieher*in an der Tagesordnung sind, ist ein Riesenproblem – allerdings eines von mehreren.
Beim Thema Inklusion und der zunehmenden Vielfalt der zu betreuenden Schüler*innen wurde dann klar, dass es notwendig ist, die Begleitung/Hilfestellung für die Schüler*innen bereits am Vormittag des Schultags einzubauen. Warum nicht über sonderpädagogischen Nachqualifizierungen von Erzieher*innen auch diese am Vormittag in der Ganztagsschule bewusst einzusetzen? Im Begriff der Ganztagsschule ist mit der Rhythmisierung des Schulalltags schon lange der ganztägige Einsatz der Erzieher*innen vorgesehen und auch teilweise thüringenweit praktiziert worden. Damit könnte auch die zu geringe Anzahl von Förderschulpädagog*innen etwas ausgeglichen werden. Und damit wären alle Kinder - insbesondere die verhaltensauffälligen – während des ganzen Schultages (u. a. auch beim Schwimmunterricht, an Projekttagen, Schulfesten, Wandertagen oder einfach nur in den Pausen) wesentlich besser betreut. Genau für die zunehmende Anzahl von Kindern mit Besonderheiten / Auffälligkeiten sind eine Wochenstunde Vor- und Nachbereitung pro Erzieher*in völlig unzureichend. Mindestens zwei Stunden sind die klaren Forderungen der Anwesenden gewesen.
Die beiden Politiker hatten diese Vielzahl von Problempunkten sicher nicht erwartet. Beide konnten keine greifbaren und sofortigen Lösungen anbieten. Die Ausnahme war der Verweis darauf, dass bei den LINKEN im Wahlprogramm das Vorhaben von Stellen mit 100 % Beschäftigungsumfängen aufgeführt ist. Aber auch im Landeshaushalt für 2020 ist nur ein durchschnittlicher Beschäftigungsumfang von 71 % vorgesehen. Diese Zahl verniedlicht allerdings das Problem der prekären Beschäftigungen an den Horten der jüngeren Kolleg*innen, denn die 80 %-Stellen der älteren Kollege*innen werden hier mit eingerechnet.
Christian Tischner, CDU, versuchte dann, die ehemals kommunalisierten Horte als Erfolgsmodell zu loben. Auf eine direkte Nachfrage hin verneinte er aber, dass die CDU dieses Modell nach einer möglichen Übernahme der Regierungsverantwortung wieder aufleben lassen wolle. Es wurde im Fachgespräch darauf hingewiesen, dass die volle und üppige Finanzierung der kommunalisierten Horte durch das Land zum einen nicht dauerhaft erfolgt wäre und zum anderen eine sehr unterschiedliche Ausgestaltung durch die Landkreise und Städte erfolgt wäre, denn nicht jede Kommune ist wohlhabend. Dass diese Erzieher*innenstellen eigentlich für den Stellenabbaupfad im öffentliche Dienst geopfert werden sollten, kam von Tischners Seite nicht zur Sprache.
Beiden Politikern wurde klare Forderungen für bessere Arbeitsbedingungen mit auf den Weg gegeben:
Die nicht anwesenden Fraktionen (Grüne, SPD) werden durch einen gesonderten Brief über diese Diskussionsrunde informiert, denn die Erzieher*innen schauen sehr bewusst auf die konkreten Ausführungen der Parteien zur Landtagswahl im Oktober 2019.