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GEW fordert attraktive Beschäftigungsbedingungen in Hochschule und Forschung

Auf seiner Sitzung am 27.02.16 hat der Landesvorstand ein zuvor in den Referaten und Arbeitsgruppen diskutierten Forderungskatalog an die Landesregierung zu attraktiven Beschäftigungsbedingungen im Bildungswesen beschlossen.

Hintergrund ist, dass tarif- oder beamtenrechtliche Forderungen allein nicht ausreichen, die Arbeitsbedingungen vor Ort im Sinne der Beschäftigten zu verbessern. Zu „guter Arbeit“ gehört weitaus mehr als eine angemessene Vergütung bzw. Besoldung, auch wenn diese die Grundlage darstellt. Beginnend mit dem Hochschulbereich sollen die beschlossenen Forderungen für die einzelnen Bildungsbereiche in dieser und den kommenden Ausgaben der tz vorgestellt werden.

Unbefristete Vollzeitbeschäftigung ist die klare GEWerkschaftliche Forderung für alle Bildungsbereiche. Davon ausgehend werden insbesondere Altersteilzeit und die Abstellung auf Lebensarbeitszeitmodelle, inklusiver temporärer, individueller Teilzeit als attraktiv angesehen. Dies korrespondiert mit den Wünschen nach Vereinbarkeit mit der eigenen Lebenssituation (Familie und Beruf, eigene Gesundheit) und alter(n)sgerechten Beschäftigungsbedingungen. Dazu gehört auch, Zeit zu haben für die eigentliche Arbeit, aber auch für ehrenamtliche Tätigkeiten.

Dauerstellen für Daueraufgaben

Für den Hochschulbereich folgt daraus, dass für Daueraufgaben Dauerstellen vorzusehen sind. Befristung darf es aus unserer Sicht nur zwecks Qualifizierung und im Drittmittelbereich geben, wobei auch die Befristungsdauer der Aufgabe angemessen sein muss, also der voraussichtlichen Dauer der Qualifizierung bzw. des Drittmittelprojekts entsprechen muss.

Für die Beschäftigten an Hochschulen müssen verlässliche Perspektiven durch Personalentwicklungskonzepte geschaffen werden, die zugleich Entfristungs- bzw. Dauerstellenkonzepte sind. In diesen Konzepten muss dargelegt werden, inwiefern man auch aus Drittmitteln und zeitweise zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln unbefristet Personal beschäftigen kann, indem zu erwartende Eintritte in den Ruhestand berücksichtigt werden und Beschäftigte zielgerecht auf die Übernahme von deren Tätigkeiten vorbereitet und entsprechend weiterqualifiziert werden. Das Haushaltsgesetz 2016/17 lässt nur die Entfristung von 20 % der Drittmittelbeschäftigten zu. Durch gezielte Personalentwicklung im beschriebenen Sinne könnte man ein Drittel bis die Hälfte der momentan befristet Eingestellten dauerhaft beschäftigen.

Familienfreundliche Arbeitsorganisation

Aus Sicht des Hochschulbereichs der GEW muss ein besonderer Akzent auf familienfreundliche Arbeitsorganisation gesetzt werden, die auf einem Familienverständnis beruht, das – im Sinne des wissenschaftspolitischen Programms der GEW „Alleinerziehende, Partnerinnen und Partner in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften als Eltern sowie andere Formen von Lebensgemeinschaften, in denen Menschen füreinander Verantwortung übernehmen“1 einschließt. Familienfreundliche Arbeitsorganisation stellt ein Gesamtpaket aus verschiedenen Maßnahmen dar, wobei die Arbeitszeitgestaltung im Vordergrund steht: Den Beschäftigten soll die Möglichkeit gegeben werden, ihre Arbeitszeit flexibel auf die Arbeitstage und -wochen zu verteilen; auch soll „Arbeit an einem anderen Ort“ (Tele- und Heimarbeit)großzügig ermöglicht werden. Die Berücksichtigung der Schulferien bei der Semesterplanung spielt eine besondere Rolle (gerade in diesem Jahr werden die Probleme besonders deutlich, da es an den meisten Hochschulen keine Schnittmenge zwischen vorlesungs- und prüfungsfreier Zeit und den Sommerferien gibt). Ganz wichtig ist außerdem eine gute Kinderbetreuung am Arbeitsplatz, die Campus-Kitas müssen überall auch den Kindern der Hochschulbeschäftigten zur Verfügung stehen. In diesem Zusammenhang ist der Ausbau des Studierendenwerks Thüringen in Richtung eines „Hochschul-Sozialwerks“zu überprüfen.

Ermöglichung von selbstbestimmter Arbeit

Die Forderung nach selbstbestimmter Arbeit ist ein weiterer wesentlicher Anspruch an „gute Arbeit“ in der Wissenschaft. Hierarchiearmen und demokratischen Strukturen kommt dabei eine besondere Bedeutung dazu. Die Beschäftigten wünschen Rahmenbedingungen, die es ihnen ermöglichen, selbst gesetzte Ziele zu erreichen. Eine Wertschätzungskultur muss entwickelt werden. Da die Strukturen allein nicht reichen, ist dringend auch eine Professionalisierung der Führungskräfte durch gezielte Schulung erforderlich. Auch ein betriebliches Gesundheitsmanagement trägt zur Attraktivität der Arbeitsbedingungen bei, wobei alle Mitglieder einer Hochschule berücksichtigt werden sollen. „Entstresste“ Studierende wären nämlich ebenfalls ein Beitrag zum Wohlergehen der Hochschulbeschäftigten.

Tarifliche Veränderungen notwendig

Schlussendlich gibt es noch zwei tarifliche Forderungen: Der Tarifvertrag der Länder soll auf alle an Hochschulen Tätigen ausgeweitet werden einschließlich einer Entgeltordnung, die auch für Lehrkräfte an Hochschulen gilt. Und wir fordern eine tarifvertragliche Regelung der Lehrverpflichtung, die momentan leider per Verordnung geregelt wird, obwohl es kaum Beamte in diesem Bereich gibt. Von der Umsetzung dieser Forderungen versprechen wir uns, dass die Attraktivität des Arbeitsplatzes Hochschule in Thüringen deutlich gesteigert wird. Als Gewerkschaft müssen wir gemeinsam mit den Personalräten und unseren Mitgliedern im Hauptpersonalrat beim TMWWDG daran arbeiten.

 

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1 - GEW-Hauptvorstand (Hg.), „Wir können auch anders!“, Neuauflage, Juli 2015, S. 17.

Kontakt
Thomas Hoffmann
Stellvertretender Landesvorsitzender
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Thomas Hoffmann