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Fachgespräch: „Die TGS - ein Erfolgsmodell für Schüler*innen und Lehrer*innen?“

Am 8. November fand in den Räumen der GEW Thüringen ein Fachgespräch zum derzeitigen Stand der Thüringer Gemeinschaftsschule mit Vertreter*innen der GEW, des Landtags und des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport statt.

Foto: GEW Thüringen
  •  Anliegen der Veranstaltung

Die GEW („Eine Schule für alle“) und die Landesregierung („flächendeckende Einführung der TGS in Thüringen“) verfolgen ein gemeinsames Ziel: Hemmende gesetzliche Regelungen beim Entstehen und der Entwicklung von Gemeinschaftsschulen müssen beseitigt werden, damit alle Schüler*innen, die dies möchten, von den Vorteilen einer TGS profitieren können. Längeres gemeinsames Lernen und damit keine frühzeitige Selektion nach Klasse 4, pädagogische Innovationen, mehr Durchlässigkeit, individuelle Förderung und Leistungsentwicklung sowie alle Abschlüsse von Hauptschule bis Abitur an einer Schule sind für viele Schüler*innen und Eltern gute Argumente bei der Auswahl der Schulart. Außerdem gibt es mit der TGS besonders im ländlichen Raum aus strukturellen Gründen die Gewährung eines breiten Bildungsangebotes.

Erfahrungen aus zwei Jahren Arbeit AG TGS bei der GEW Thüringen auswerten, Forderungen der Praktiker hören und Änderungen in gesetzlichen Regelungen anstoßen, damit die TGS tatsächlich ein Erfolgsmodell wird – dies war das Anliegen des Fachgespräches TGS am 08.11.2016 in der LGS der GEW.  

  • Wer war da?

Die ca. 25 Teilnehmer waren Mitglieder der AG TGS, GEW- Mitglieder an TGS (Schulleiter*innen, Lehrer*innen und Erzieherinnen), es kamen die bildungspolitischen Sprecher*innen der Koalitionsparteien, Torsten Wolf für DIE LINKE, Marion Rosin für die SPD und Astrid Rothe-Beinlich für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und dazu die Mitarbeiterin für TGS im Ministerium, Frau Pabst. Anwesend waren zudem Mitarbeiter*innen der Landesgeschäftsstelle der GEW Thüringen und Richard Schäfer für das Gewerkschaftsradio BILDUNG IN THÜRINGEN.  

  • Verlauf 

Regelmäßige Treffen der AG TGS (auch mit Eltern- und Schülervertretern), Diskussionen mit Schulleitungen, Beschäftigten und Personalräten bei Schulbesuchen sowie die Auswertung einer Online-Umfrage haben insbesondere 5 Problemfelder an TGS erkennen lassen:

  1. Die an TGS besonders hohe Arbeitsbelastung muss im Interesse der Gesundheit der Beschäftigten und der Sicherung einer hohen Qualität bei der Umsetzung der Konzepte anerkannt und verringert werden (personelle Situation verbessern, Anrechnungsstunden, Arbeitszeitmodelle…)
  2. Um Kolleg*innen für die TGS zu begeistern, die hohe Motivation der bereits an TGS Beschäftigten zu erhalten und deren Arbeit angemessen wert zu schätzen, muss deren Arbeit angemessen vergütet werden (Eingruppierung, Beförderung und Höhergruppierung)
  3. Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten in der Besoldung und bei der Unterrichtsverpflichtung müssen beseitigt werden.
  4. Die Lehreraus- und Weiterbildung muss aktuellen Erfordernissen angepasst werden (Lehramt TGS, sonderpädagogische Ausbildung, …)
  5. Inhaltliche Änderungen bezüglich Schulordnung, Lehrplänen und weiteren Vorschriften müssen nach ersten Erfahrungen an den Schulen überarbeitet werden.

Diese Punkte wurden von der AG TGS eingangs vorgetragen und stellten den Auftakt einer regen Diskussion dar. Von den Praktikern wurden die Themen mit den Erfahrungen im Schulalltag konkretisiert. Es gab eine Vielzahl von Anregungen und Verbesserungsvorschlägen, die meist nicht kostenneutral sind (mehr Einstellungen, Stunden für sonderpädagogische Arbeit dem Bedarf anpassen, Anrechnungsstunden, Klassengrößen, Ganztagsschule mit vollbeschäftigten Erzieher*innen, Altersteilzeit, …), aber auch Vorschläge, die mit geringerem finanziellen Aufwand umzusetzen wären (Lehrpläne, …).

Am Ende der Diskussion waren die bildungspolitischen Sprecher*innen mit einem Statement gefragt. Sie waren den Ausführungen aufmerksam gefolgt, schrieben viel mit und häufiges zustimmendes Nicken lies erahnen, dass viele Problemlagen den Politiker*innen und Mitarbeiter*innen des Ministeriums durchaus vertraut sind bzw. dass sie der Argumentation der Teilnehmer*innen des Fachgesprächs folgen können. 

  • Ergebnisse (Statements)

Ministerium und GEW „sind keine Gegner“, haben das gleiche Ziel: Voranbringen und Etablieren der TGS.

Übereinstimmend wurde von allen anwesenden bildungspolitischen Sprecher*innen geäußert:

  1. Die TGS ist die Schule der Zukunft, dafür sprechen pädagogische und strukturelle Gründe.
  2. Die TGS wird an ihren Ergebnissen gemessen und muss im Vergleich mit anderen Schularten bestehen.
  3. Wichtigstes Problem ist die Personaldiskussion: Ausreichend qualifiziertes Personal ist Grundvoraussetzung für gute pädagogische Arbeit (Einstellungen, Seiteneinsteiger (Qualifizierung), Erzieher, Sonderpädagogen/Sonderpädagogische Fachkräfte…).
  4. Das Besoldungsrecht muss angepasst werden.
  5. Der Beförderungsstau muss aufgehoben werden.
  6. Die Ganztagsschule muss ausgebaut werden (mehr als Hort, „Hort“ denkbar auch in Klasse 5/6,).
  7. Mehr Autonomie für die Schulen.
  8. Spätere Differenzierung (nach Klasse 8).
  9. Spezieller Lehrplan für TGS.
  10. Anregungen zu inhaltliche Detailfragen (betrafen u. a. Individuelle Abschlussphase, Schuleingangsphase, Seminarfach, Übergang an Berufsschulen…) wurden aufgegriffen.
  11. Forderung der GEW nach mehr Transparenz und Einbeziehung der Praktiker in eine breite Diskussion zum Inklusiven Schulgesetz wird begrüßt und unterstützt.

Unterschiedliche Ansichten gab es zum Thema Verbeamtung. 

  • Wie weiter? Was können bzw. werden Politiker*innen nun tun? 
  1. Finanzwirksame Änderungen müssen bei der Planung des nächsten Doppelhaushaltes eingebracht werden.
  2. Bei der Diskussion zum neuen Besoldungsgesetz muss die Thematik TGS eine Rolle spielen.
  3. Der Ausbau der Ganztagsschule muss in Angriff genommen werden.
  4. Es gibt die Forderung nach mehr Transparenz zum Schulgesetz und einen Vorschlag von Regionalkonferenzen für eine breite öffentliche Diskussion. 
  • Fazit

Die Veranstaltung wurde von allen Beteiligten als sehr gelungen beschrieben. Die Forderungen der GEW fanden Verständnis und Zustimmung.

Die GEW hat keine zu hohe Erwartungshaltung, wir wissen, dass Verhandlungen mit dem Finanzministerium sehr schwierig sind. Wir werden uns weiter einmischen müssen. Umso mehr kommt uns der Wunsch aller Beteiligten nach weiteren Fachgesprächen sehr entgegen.

Kontakt
Kristina Argus
Team Referatsleitung Allgemein- und berufsbildende Schulen
Adresse Heinrich-Mann-Str. 22
99096 Erfurt
Telefon:  0361 590 95 0