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Schulschließung in der Grundschule

Erfahrungsbericht einer Thüringer Lehrerin

Am 17. März wurden in Thüringen die Schulen geschlossen, um die Ausbreitung des Virus CoVid-19 zu verhindern. Seitdem hat sich einiges getan, worüber ich heute gerne aus meiner Sicht berichten möchte.

Quelle: pixabay - CC3 - Tumisu

OMG, und jetzt?

Nachdem am Freitag, den 13.3.2020, die Schließungen verkündet wurden, liefen im Hintergrund die Arbeiten in den Schulen auf Hochtouren. Alle überlegten, wie sie die nächsten 3 Wochen bis zu den Osterferien (das war damals das erwartete Zeitfenster) für ihre Schülerinnen und Schüler „mit Stoff“ gestalten konnten. Laut Ministerium sollten die Kinder am Montag mit Material und Aufgaben versorgt werden.

Dabei passierten natürlich Fehler, die man rückwirkend gerne ungeschehen machen würde. Mein größter Fehler, den ich mangels HomeSchooling-Erfahrung gemacht habe: Ich habe viel zu viel in den 3-Wochen-Plan gestopft. Anhand meines Stoffverteilungsplanes wählte ich die Inhalte der kommenden drei Wochen aus, packte sie in einen Arbeitsplan und garnierte die Kombination aus Aufgaben in Buch und Arbeitsheft mit einem kleinen Stapel Arbeitsblättern. Um die Zeit zu Hause aufzulockern, kam noch eine Übersicht mit „Aktivitäten gegen Langeweile“ dazu, passgenaue Inhalte in der ANTON-App – fertig.

Zufrieden?

Definitiv. Ich hatte den Kindern einen strukturierten Plan vorbereitet und war mir sicher, dass das so klappen würde.

Die Stille

In den darauffolgenden drei Wochen wurde es gespenstisch still. Die Kommunikation mit Eltern plätscherte vor sich hin. Es kamen zwar regelmäßig Anfragen via SchoolFox, einem Schul-Messenger für das Smartphone, aber generell gab es wenig Austausch. Die Kinder ließ ich über die Eltern grüßen, ich verschickte regelmäßig Lösungsblätter zur Selbstkontrolle – das war`s. Ich dachte es läuft super.

Das Erwachen

Was in den Familien so los war und welche Probleme es gab, erfuhr ich nicht durch Eltern meiner Klasse, sondern im Freundeskreis. In Gesprächen mit befreundeten Familien mit Kindern wurde klar: die Eltern sind überlastet, die Kinder gefrustet und von den Schulen war nichts/wenig zu hören.

Ich hinterfragte zum ersten Mal, ob der Weg mit „Erledige Seite x in Buch y und danach Seite z im Arbeitsheft“ allein wirklich gewinnbringend war. Wenn schon unsere klugen und geduldigen Freunde an ihre Grenzen kamen – wie würde es dann in weniger privilegierten Familien aussehen?

Die Erkenntnis „Eltern sind keine Lehrer. Außer sie sind Lehrer.“ wuchs immer weiter.

Das Feedback

Inzwischen waren die drei Wochen Schulschließung vor den Osterferien vorbei und es war klar, dass uns die Situation nicht nur vorübergehend, sondern langfristig begleiten werden würde. Daher holten wir als Kollegium bei den Eltern Feedback zu den vorangegangen Wochen ein – und der Eindruck aus meinem Freundeskreis bestätigte sich auch bei uns:

  • zu viele Aufgaben
  • zu wenig Zeit um den Kindern zu helfen
  • keine Ahnung, wie man die Inhalte erklären soll
  • zu wenig Kontrolle/Feedback durch die Lehrer*innen

Die Konsequenzen

In einer Videokonferenz als Kollegium (sehr empfehlenswert übrigens, ich fand es großartig)  besprachen wir die Ergebnisse und darauf basierend das weitere Vorgehen nach den Osterferien. Für mich persönlich folgerte ich diese Änderungen:

  • Wochenpläne, die nach Tagen strukturiert sind
  • Online-Unterstützungsmöglichkeiten
  • Videochat

… und stürzte mich in die Planungen.

  1. Ich baute für meine Matheklasse (Kl. 2) ein Padlet mit Erklärvideos zu Inhalten des kleinen Einmaleins, mit Videos zu jeder Malreihe und Hintergrundinformationen für die Eltern.
  2. Ich baute für meine eigene Klasse (Kl. 4) im ersten Plan nach den Ferien Verweise zu einem Lernvideo von „Lehrerschmidt“ auf YouTube ein. Das Feedback war super, also bastelte ich auch für sie einen kompletten Klassenraum als Padlet. Kleiner Einblick:
  3. Ich strukturierte den Wochenplan meiner Klasse so um, dass die Kinder eine tägliche schaffbare Portion Mathe und Deutsch haben – und zwar mit mehr Anmerkungen (um Eltern zu entlasten) und auch Anregungen, um mit Mitschülern in Kontakt zu treten und das Soziale nicht aus den Augen zu verlieren.
  4. Ich entschied mich für ein Videokonferenz-Tool und startete die erste Konferenz mit meinen Schülerinnen und Schülern.

Am ersten Tag war ich so aufgeregt, dass ich schon sehr früh wach war und nicht mehr einschlafen konnte. Würde alles klappen? Wer würde dabei sein? Wie viele haben Lust auf das Angebot? Was würden wir machen?

Wird sich Schule nach Corona von der Schule davor unterscheiden? Definitiv.

 

Wer den gesamten Text und mehr von Frau A. lesen möchte, dem sei ihr Blog empfohlen: https://dersteinigeweg.wordpress.com