Problematisch ist dabei der Anstieg des Rechtsextremismus, die sinkende Demokratiezufriedenheit und wachsende Diktaturaffinität. So wiesen ein Viertel der Befragten rechtsextreme Ansichten auf – mehr als noch im Vorjahr. Diese stimmten u.a. zu, dass der „Nationalsozialismus auch seine gute Seiten hatte". Gleichzeitig sinke die Sympathie für demokratische Strukturen: Jeder Fünfte äußerte, dass eine Diktatur gegebenenfalls „die bessere Staatsform“ sei.
Der Autoritarismus, also faschistoide und antidemokratische Einstellungen, sei eine der Hauptursachen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und gründe in der fehlenden emotionalen Bindung von Personen an das vorliegende politische System. Mit autoritären Einstellungen gehen eine Selbstüberhöhung, das Hängen an Konventionen, Vorurteilen, Stereotypen sowie die Ablehnung von Unbekanntem, Fremden, Individualismus, liberalen Einstellungen und kulturellem Pluralismus einher.
Neben autoritären Einstellungen erhöhen u.a. auch eine geringe Bildung oder die selbst erlebte Diskriminierung (etwa als Ostdeutsche*r) die Tendenz zu feindseligen Einstellungen. Demnach seien Personen tendenziell besser gegenüber Ungleichwertigkeitsideologien und diskriminierenden Einstellungen „geschützt, wenn sie tolerante und weltoffene Wertvorstellungen verinnerlicht, hohe soziale Partizipationschancen haben und sich folglich gut integriert und gerecht behandelt fühlen.
Kaum Solidarisierung aufgrund eigener Erfahrungen
Eigene Diskriminierungserfahrungen ziehen also nicht zwangsläufig die Solidarisierung mit anderen Personengruppen nach sich. Im Gegenteil können häufig Abwertung und Ausgrenzung ausgemacht werden, die darin motiviert sind, sich des eigenen Status‘ zu versichern bzw. diesen zu behaupten.
Hier kommt dem Bildungssystem eine wichtige Aufgabe zu. Vor allem die Schule als wichtige Erziehungs- und Sozialisationsinstanz steht hier in der Verantwortung. Zumal bereits 2013 die Antidiskriminierungsstelle des Bundes der Schule bescheinigte, ein wichtiger Reproduktionsort für Rassismus, Sexismus und Homophobie zu sein.
Um gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entgegenzuwirken, sei laut TM das Engagement aller politischen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen im Freistaat notwendig. Deshalb spricht sich die GEW für eine finanzielle und strukturelle Förderung nachhaltiger Bildungs-, Aufklärungs- und Begegnungs-Projekte aus - etwa durch das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit oder das Landesprogramm für Akzeptanz und Vielfalt.
Abbau negativer Einstellungen durch gegenseitiges Erleben
Der TM verweist hier außerdem auf den starken Einfluss der Kontakthypothese, der großen Bedeutung eigener Erfahrungen für das Bild des „Fremden“. Der Kerngedanke dieses Ansatzes beruht auf der Theorie, dass bestimmte Gruppen, die vermehrt einander ausgesetzt sind und mehr übereinander erfahren, ihre zuvor negativen Einstellungen gegenüber einander abbauen. Abneigungen, Ressentiments oder gar Hass würde so reduziert oder im besten Falle gar vollständig beseitigt. Es genügt also nicht, Lernenden lediglich Wissen über stigmatisierte Gruppen zu vermitteln. Es bedarf einer professionellen Organisation der Kontaktsituationen, um bei Lernenden die Bereitschaft zu Akzeptanz zu fördern. Doch lohnt sich dieser Aufwand, denn Kinder und Jugendliche werden dadurch mit Vielfalt, Pluralität und Diversität bekannt gemacht.