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Der Masterzugang – ein Problem mit vielen Stufen

Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen

Foto: GEW

Jedes Wintersemester erneut häufen sich an den Hochschulen die Probleme mit der Zulassung zu den Masterstudiengängen. Häufige Probleme sind dabei die deutlich verspätete Ausstellung der Bachelor-Zeugnisse, teilweise sind nicht einmal die Bachelor-Arbeiten bewertet, wenn die Fristen für die Bewerbung ablaufen. Zwar werden in Thüringen von den Hochschulen meist Fristverlängerungen gewährt oder vorläufige Zulassungen ausgesprochen, es sind jedoch Fälle ausländischer Hochschulen bekannt, bei denen die Zulassung wegen der monatelangen Verzögerung der Bachelor-Zeugnisse aufgehoben und der Studienplatz wieder entzogen wurde.

Zudem neigen vor allem die Universitäten dazu, „ihre“ Masterstudiengänge noch immer vor allem für die eigenen Studierenden vorhalten zu wollen und erkennen andere Bachelor-Studiengänge nicht als gleichwertig an. Oft kommt es dabei nicht zu einer detaillierten, sachlich und rechtlich begründeten Bewertung, sondern zu einer Pauschalfeststellung, die oft auch gegen die Vorgaben der Lissabon-Konvention verstößt.

Eine weitere Hürde auf dem Weg zum Masterstudium ist die Neigung der Hochschulen zu Zugangsbeschränkungen durch formale und inhaltliche, oft aber vor allem kapazitäre Beschränkungen aller Art. Diese finden sich (falls überhaupt rechtlich geregelt) in den Studienordnungen, die oft nur ein, zwei Semester Bestand haben und immer wieder verändert und mit neuen Hürden versehen werden. Hinzu kommt, dass teilweise für neue Masterprogramme noch nicht einmal die nach § 42 ThürHG (Thüringer Hochschulgesetz) nötigen Studiendokumente existieren, bevor mit der Einschreibung begonnen wird.

In der Regel liegen den Senaten und Fakultäts-/Fachbereichsräten der Hochschulen keine Berechnungen der Kapazitäten vor, nur auf vage Andeutungen hin werden diese Einschränkungen in Satzungen gegossen – die Rechtsprüfung durch die Präsidien und das Ministerium ist in diesem wie in den meisten Fällen eher Makulatur, trotz des Charakters der Grundrechtseinschränkung für die abgelehnten Studienbewerber*innen. Ebenso defizitär sind in der Regel die Ablehnungsbescheide der Hochschulen selbst: Es wird weder die konkrete Rechtsgrundlage für diesen Fall benannt, noch werden die tatsächlichen Kapazitätszahlen und Quotierungen benannt oder die Platzierung der Bewerber*innen transparent gemacht. Hinzu kommt die Thüringer Spezialität, nach der auch Bewerbungen, die einen Anspruch auf einen Studienplatz außerhalb der Kapazitäten geltend machen wollen (sog. versteckte Studienplätze, die bei der Berechnung „übersehen“ wurden), innerhalb der Frist für die innerkapazitativen Bewerbungen abgegeben werden müssen.

Noch brisanter wird die Situation bei „weiteren Auswahlmaßstäben“ nach § 11 ThürHZG (Thüringer Hochschulzulassungsgesetz) der Hochschulen wie Auswahlgesprächen, Motivationsschreiben oder vor Auswahlkommissionen, die sich nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Rechtsprechung zu Berufszugangsregelungen fragen lassen müssen, ob sie tatsächlich gerichtsfeste Kriterien für die Zulassung entwickeln und anlegen und diese schriftlich zu dokumentieren und diskriminierungsfrei anzuwenden wissen. Zuletzt genügte oft bereits die Einlegung eines Widerspruchs, um auf wundersame Weise im Losverfahren von den Hochschulen zugelassen zu werden. Das nährte die Vermutung, dass den Hochschulen selbst bewusst war, dass ihre Zugangsverfahren rechtlich nicht korrekt waren. Dennoch dürften sie beim Großteil der Studierenden die intendierte abschreckende Wirkung erzielt haben und sie letztlich zu vertreiben geeignet gewesen sein. Die Methode der Hochschulen ist aber auch politisch begründet: Noch immer wirkt das in der hochschulpolitischen Realität absurd wirkende KMKDiktum nach, nach dem der Bachelor-Abschluss für die meisten Studierenden zur Berufseinmündung führen soll, selbst wenn das üblicherweise nicht den eigenen Planungen und den Möglichkeiten zur Erwerbsarbeit entspricht. Konsequenterweise haben allerdings zuletzt die Verwaltungsgerichte festgestellt, dass auch für das Masterstudium die klassische NC-Systematik im Anschluss an das 1972 Urteil des Bundesverfassungsgerichtes anzuwenden ist, auch wenn dies einen nur vorübergehend grundrechtskonformen und nur für eine Übergangszeit akzeptablen Zustand dekretierte – unter der Voraussetzung der baldestmöglichen Kapazitätsschaffung.

Eine wichtige gewerkschaftliche Aufgabe wäre es nicht nur, mittels Rechtsschutz in Zulassungssachen für die Mitglieder aktiv zu sein, was durchaus umstritten und in der bisherigen Praxis eher ein Mitgliedschaftshemmnis ist, sondern auch die Finanzierungssysteme so zu gestalten, dass ausreichend Kapazitäten zum Studium und für die nötigen Verwaltungsverfahren vorhanden sind. Zugleich sollten Hochschul- und -zulassungsgesetz so umgestaltet werden, dass der Rechtsanspruch auf einen Masterplatz sichergestellt ist, statt Anreize zu setzen, kostenpflichtige Weiterbildungsmaster zu Lasten der originären Studienaufgaben zu etablieren. Spätestens an dieser Stelle zeigen sich einmal mehr die Nachteile des Wettbewerbs um Mittel mit oktroyierten Verteilungsmodellen, Pseudomärkten und fiskalischen, primär betriebswirtschaftlichen Steuerung.