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Bericht

Corona und Lockdown an der Grundschule

Im März 2020 wurden wir alle vor eine große Herausforderung gestellt. Nie zuvor gab es eine vergleichbare Situation im Bildungsbereich. Wie alle Schulen musste auch in unserer Grundschule von heute auf morgen überlegt werden, wie wir sicherstellen können, dass alle Schüler:innen weiter lernen können.

Notbetreuung ohne Abstand an einer Erfurter Grundschule - Foto: Andrea Völker/GEW

Einerseits galt es, Pläne zu erarbeiten, die unsere Schüler:innen nun ohne unsere direkte Hilfe bearbeiten sollten und andererseits sicherten wir die Notbetreuung ab. Dabei mussten die Schulleitungen in wenigen Tagen einen Hygieneplan auf den Weg bringen, anfangs mit selbstgestalteten Bildern improvisieren. Das Schulhaus wurde zum Einbahnstraßensystem. Ein Vorteil unserer Grundschule war und ist, dass wir schon über 10 Jahre mit Wochenplänen arbeiten.

Doppelte Arbeitsbelastung

Nun galt es aber, individuelle Lern- und Arbeitspläne für die Schüler:innen zu gestalten. Alle Kolleg:innen waren motiviert, aber für die meisten bedeuteten die Herausforderungen auch eine doppelte Belastung: die Absicherung der Notbetreuung und zugleich die Vorbereitung der Pläne. Die Drucker und die Kopierer liefen auf Hochtouren. Die Kolleg:innen der Risikogruppe unterstützten von zu Hause. Das hieß, Pläne erstellen, Aufgaben zusammenzustellen und möglichst viele Fächer einbeziehen.

Problem der Verteilung

Dann galt es, die Pläne zu verteilen. Dabei nutzten wir die Internetseite der Schule, dort gab es für die einzelnen Klassen Dropboxen. Allerdings konnten nicht einmal die Hälfte der Schüler:innen das nutzen, da sowohl Computer als auch Drucker bei ihnen zu Hause fehlten. Die Frage war: Wie erreichen wir alle Kinder? Viele Telefonate und Besuche an der Haustür waren notwendig, manchmal auch mehrmals. An Selbstschutz war hier nicht zu denken. So lief es im wöchentlichen Wechsel bis zum Wiedereinstieg im Mai.

Schon damals bemerkten wir, dass einige Kinder deutliche Probleme mit dem Homeschooling hatten, aber nur wenige Schüler:innen konnten in der Notbetreuung individuell beim Lernen unterstützt werden. Alle hofften auf einen Neustart nach den Sommerferien. Uns war klar, dass einige Schüler:innen Wissenslücken aufweisen würden und dass sie unsere Unterstützung mehr denn je benötigen würden. Aber noch immer gab es viele Auflagen und Hygienemaßnahmen mussten eingehalten werden, die uns die Arbeit in der Schule nicht leicht machten.

Neues Schuljahr bringt nur kurz die Normalität zurück

Das neue Schuljahr begann, und die Schüler:innen durften wieder in die Schule gehen. Doch von einem normalem Schulalltag war keine Rede und bereits im Herbst galt wieder, feste Gruppen und konstante Pädagog:innenenteams zu bilden. Dann kam der 2. Lockdown und sollte länger als der im Frühjahr anhalten. Wieder hieß es, möglichst individuelle Pläne vorzubereiten, diesmal in den Weihnachtsferien. Von Woche zu Woche mussten Wochenpläne ausgeteilt werden, das heißt nach Hause zu den Schüler:innen gebracht werden und wieder zurückgefordert werden. Um zu erfahren, wer die Aufgaben wie bearbeitet hat, standen viele lange und tägliche Telefonate auf dem Programm, dazu unzählige E-Mails verfassen und beantworten.

Ungleiche Lernchancen der Kinder als größtes Problem

Die Frage für uns Pädagog:innen war: Wie bringen wir gleiche Informationen sowie Inhalte adäquat an alle Schüler:innen? Genutzt haben wir dazu auch Videokonferenzen mit den Kindern, allerdings nur in einigen Klassen. Das war eine doppelte Belastung für alle, da dies nicht für alle Kinder geeignet war. Und wieder zeigte sich ein entscheidendes Problem: Nicht alle haben die Voraussetzungen zu Hause. Das ist ein riesiger Nachteil für diese Kinder. Wir fragten uns, wo die kostenlosen Endgeräte für diese Kinder blieben, von denen in den Medien immer gesprochen wurde.

Und dann durften die Schüler:innen mit Unterstützungsbedarfen endlich wieder in die Schulen gehen. Viele Kinder holten wir mit Hilfe des Jugendamtes zurück in die Schule. Dabei erfuhren wir Lehrer:innen eine große Unterstützung durch die Schulsozialarbeiterin, die Förderschulpädagogin und die Sonderpädagogischen Fachkräfte.

In der Notbetreuung waren jetzt noch mehr Kinder als im Frühjahr, alle Klassen waren gut gefüllt. So viel Mühe sich die Kolleg:innen auch gaben und immer noch geben, manche Schüler:innen haben nun noch größere Probleme sowie Wissenslücken und das bereitet uns große Bauchschmerzen.

Zu hohe Arbeitsbelastung als Normalfall in der Pandemie

Für uns Pädagog:innen ist eine zu hohe Arbeitsbelastung seit einem Jahr leider der Normalfall. Gleitzeit zu Schulbeginn am Morgen, versetzte Pausenzeiten für alle Klassen und konstante Pädagog:innenteams sind eben nur möglich, wenn alle Kolleg:innen in der Schule arbeiten. Dazu kommen zusätzlich tägliche Aufsichten und noch intensivere Vor- sowie Nachbereitung, Absprachen mit Lehrer:innen, Erzieher:innen und der Schulleitung.

Wir sind froh, dass die Erzieher:innen endlich auf 80 % Beschäftigungsumfang erhöhen konnten und dass die Grundschullehrer:innen ab Sommer dann nach der E13 bezahlt bzw. nach der A13 besoldet werden.

Und der nächste Schritt muss lauten: Bessere Bezahlung für unsere Sonderpädagogischen Fachkräfte, mindestens die E10.

Wir brauchen jede:n!

Kontakt
Andrea Völker
Lehrerin an der Staatlichen Grundschule "Bechsteinschule" in Erfurt