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Wird die Mitbestimmung an Hochschulen gestärkt?

Bedeutsame Änderungen für Hochschulbeschäftigte und ihre Personalräte

Das Thüringer Personalvertretungsgesetz (ThürPersVG) ist grundlegend novelliert worden und seit 8. Juni 2019 in Kraft. Doch was hat sich dadurch am meisten verändert?

Quelle: pixabay - Karen Arnold

Was ist neu im Thüringer Personalvertretungsgesetz?

Das Thüringer Personalvertretungsgesetz (ThürPersVG) ist grundlegend novelliert worden und seit 8. Juni 2019 in Kraft. Die wohl bedeutendste Änderung betrifft die Mitbestimmung selbst. Der Personalrat kann künftig in allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen mitbestimmen, die die Beschäftigten insgesamt, Gruppen von ihnen oder einzelne Beschäftigte betreffen oder sich auf sie auswirken (§ 69 Absatz 1). Der bisherige abgeschlossene Katalog wurde damit geöffnet und Mitbestimmung ist nun auch in Fällen möglich, die bisher nicht ausdrücklich im Gesetz benannt sind. Der Katalog der Mitbestimmungsfälle ist zwar weiterhin im Gesetz enthalten, hat aber nun den Charakter einer beispielhaften Aufzählung. Das stellt besonders die Personalräte, aber auch die Dienststellenleitungen nun vor die Aufgabe, die neuen Möglichkeiten auszuloten und sinnvoll zu nutzen.

Erweitert wurden auch die Möglichkeiten für Initiativanträge. Unter bestimmten Voraussetzungen können Personalräte jetzt auch in personellen Angelegenheiten die Initiative ergreifen. Ebenfalls erweitert wurden die Möglichkeiten zum Abschluss von Dienstvereinbarungen, die bisher auf ausdrücklich in Gesetzen und Tarifverträgen benannte Sachverhalte beschränkt waren.

Für die nächste Wahl bedeutsam ist die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Dadurch können künftig bis auf ganz wenige Ausnahmen alle Beschäftigte ihren Personalrat wählen. Daneben gibt es zahlreiche Änderungen für die Arbeit des Personalrates selbst, beispielsweise bei der Zahl der stellvertretenden Vorsitzenden, bei den Freistellungsmöglichkeiten, der Bildung übergreifender Arbeitsgruppen, der Durchführung von Personalversammlungen, der Zusammenarbeit mit der Dienststelle bis hin zur Bildung eines Wirtschaftsausschusses nach dem Vorbild des Betriebsverfassungsgesetzes.

Bei den Sonderregelungen für Hochschulen in § 88 sind ebenfalls zahlreiche Neuerungen beschlossen worden. Während Hochschullehrer auch künftig nicht von den Personalräten vertreten werden (§ 88 Nr. 1), gelangen durch § 88 Nr. 2 bisher nicht vertretene Beschäftigtengruppen in den Zuständigkeitsbereich der Personalvertretungen, die nebenberuflich und nebenamtlich Beschäftigten und die gleichzeitig als Studierende an ihrer Hochschule immatrikulierten Assistent*innen (früher wissenschaftliche bzw. studentische Hilfskräfte). Ihnen gemeinsam ist, dass sie wie alle anderen Beschäftigten in die Hochschulstruktur eingebunden sind und ihre Arbeitsbedingungen von der Hochschule geprägt werden. Nur der Beschäftigungsumfang beträgt weniger als 50 %. Nun gilt auch dieser Personenkreis als Beschäftigte und die Personalräte können sich für deren Arbeitsbedingungen einsetzen.

Mitbestimmung an Hochschulen

Die Mitbestimmung in den Personalangelegenheiten dieses Personenkreises ist aber unterschiedlich ausgestaltet. Bei allen Kolleginnen und Kollegen, die bisher als nebenamtlich oder nebenberuflich Tätige von der Mitbestimmung ausgenommen waren, kann der Personalrat in Zukunft voll mitbestimmen. Bei den Assistenten ist
eine Mitbestimmung bei der Einstellung, der Eingruppierung und der Verlängerung der befristeten Beschäftigung nur auf deren Antrag vorgesehen. Dies gilt auch weiterhin für die ganz oder teilweise aus Drittmitteln bezahlten wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (§ 88 Nr. 4). In allen anderen Personalangelegenheiten der beiden letztgenannten Beschäftigtengruppen bestimmt der Personalrat hingegen voll mit. Somit hat sich der Umfang der Mitbestimmung gegenüber der alten Fassung des ThürPersVG deutlich erweitert.

Werden Personalräte zukünftig größer?

Die Erweiterung des Beschäftigtenbegriffs an den Hochschulen kann neben der inhaltlichen Erweiterung auch noch weitere Wirkungen entfalten. Da mit den nebenamtlichen bzw. nebenberuflichen Beschäftigten und den Assistenten zusätzliche Personen vom Personalrat zu vertreten sind, kann sich das bei der Größe des Personalrates und bei den Freistellungsmöglichkeiten für Personalratsmitglieder auswirken. Beide Größen sind direkt an die Zahl der „in der Regel Beschäftigten“ gekoppelt. Während die erweiterten Freistellungsmöglichkeiten sofort nutzbar sind, da mit In-Kraft-Treten der Gesetzesnovelle dem Personalrat auch die Aufgaben zufallen, wird die Größe des Personalrates erst mit der Neuwahl im Jahr 2022 neu bestimmt. Die 2018 gewählten Personalräte bleiben bis zum 31. Mai 2022 in ihrer Stärke und Zusammensetzung bestehen (§ 95 Abs. 1).

Ersatzlos weggefallen ist die Möglichkeit, dass die akademischen Beschäftigten auf Antrag eine, in manchen Fällen sogar zwei zusätzliche Gruppen innerhalb des Personalrates bilden können. Von dieser Möglichkeit wurde in der Vergangenheit nur sehr selten Gebrauch gemacht. Dort, wo diese Gruppen gebildet wurden, bleiben
sie bis zur Neuwahl, längstens also bis 2022 bestehen.

Die neuen Assistent*innenräte

Vollkommen neu ist die in § 88 Nr. 5 vorgesehene Interessenvertretung für die Assistent*innen einer Hochschule. Sie soll ähnlich wie die Jugend- und Auszubildenden-Vertretung den spezifischen Themen der Assistent*innen im Personalrat Gehör verschaffen. Dazu soll an jeder Hochschule ein Assistent*innenrat gebildet werden.
Ein Vertreter kann an den Personalratssitzungen mit Antrags- und Rederecht teilnehmen und dort die Anliegen der Assistent*innen vertreten. In deren Angelegenheiten erhält er auch ein Stimmrecht im Personalrat. Abweichend von den für Personalräte und Jugendund Auszubildenden-Vertretungen üblichen Wahlregularien und Amtszeiten wurde mit Rücksicht auf die häufig kurzen Vertragslaufzeiten der Assistenten eine jährliche Wahl gemeinsam mit den Wahlen zu den studentischen Senatsmitgliedern festgelegt.

Da zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens an den meisten Thüringer Hochschulen diese Wahlen bereits eingeleitet waren, werden die Assistent*innenräte erstmals 2020 zu wählen sein. Bis dahin ist auch ausreichend Zeit, die Wahlordnungen der Hochschule für dieses Gremium anzupassen. Ebenfalls mit Rücksicht auf die hohe
Fluktuation in dieser Beschäftigtengruppe endet das Wahlmandat nicht mit dem Ende der Assistententätigkeit, sondern erst mit dem Ende der Wahlperiode oder beim Verlassen der Hochschule.