Erziehung zur Demokratie
Neues vom Demokratieprojekt „Thüringen 19 19“ Erziehung zur Demokratie
Über das Demokratieprojekt Thüringen 19 19 berichteten wir bereits im Dezember 2015. Und die damalig formulierte Idee war eine anspruchsvolle: die exemplarische demokratiepädagogische Entwicklung und Begleitung von landesweit 19 Kindertagesstätten, 19 Schulen und 19 außerschulischen Lernorten und Projekten.
Diese Bildungseinrichtungen sollten „im Sinne einer für das Demokratielernen gehaltvollen politischen Bildung professionell qualifiziert und profiliert sowie als Lernorte der Demokratie sichtbar gemacht und zertifiziert werden.“ Jetzt, im Jahr 2019 und damit im 100. 100. Jahr der Unterzeichnung der ersten demokratischen Verfassung in Deutschland haben wir bei Maria Gehre, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Thüringen 19 19, nachgefragt, ob diese Ziele denn umgesetzt werden konnten.
Wie würdest Du das Projekt Thüringen 19_19 in wenigen Worten beschreiben?
Thüringen 19 19 möchte Bildungseinrichtungen demokratiepädagogisch stärken und miteinander vernetzen. Wenn Schulen, Kitas und außerschulische Bildungseinrichtungen sich mit Demokratie- und Menschenrechtsbildung auseinandersetzen sind sie bislang oft auf sich selbst gestellt, spüren Misstrauen und erleben Gegenwind. Für die nachhaltige Stärkung des demokratischen Engagements, halten wir daher die Etablierung eines Netzwerks von demokratieorientierten Lernorten als unumgänglich. Mit Blick auf das Jubiläumsjahr 2019 arbeiten seit 2012 unterschiedliche Thüringer Bildungsträger an gemeinsamen Grundsätzen zur Förderung der Demokratiepädagogik (www.thueringen19-19.de/unterstuetzerinnen). Das entstandene Papier legte den Grundstein des Projekts Thüringen 19 19, welches unter Trägerschaft des Fördervereins Demokratisch Handeln e. V. mit Unterstützung des Thüringer Landesprogramms „DenkBunt“ sowie des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ im Mai 2018 startete.
Wie sieht die Arbeitsweise der Thüringen 19 19-Mitarbeiter*- innen aus?
Thüringen 19 19 begleitet Bildungseinrichtungen individuell und ganzheitlich: unter Beachtung des speziellen Kontextes, wird gemeinsam mit allen Beteiligten ein Vorgehen geplant, sowie dessen Durchführung begleitet. Abhängig von den jeweiligen Bedarfen, werden Fortbildungsbausteine entworfen und durch unser Team umgesetzt, sowie konzeptionelle Entwicklungen begleitet und nach Wunsch moderiert.
Welche Erfolge im Bereich Schule kann Thüringen 19 19 bis jetzt vorweisen?
Wir freuen uns über eine kooperative Zusammenarbeit mit den Schulämtern: gemeinsam führte Thüringen 19 19 Fortbildungsveranstaltungen durch und war auf Fachtagen und Schulleitungsberatungen präsent. Neben der Aktivität in diversen außerschulischen Bildungseinrichtungen ist Thüringen 19 19 auch im Schullandheimverband, sowie in drei Schulen aktiv. Dort beraten wir zu Aspekten des Demokratie-Lernens und der didaktischen Einbettung der drei Demokratie-Jubiläen. Wir unterstützen ein Kollegium bei der Entwicklung eines Leitbildes, ein anderes begleiten wir bei der Entstehung eines demokratiepädagogischen Konzepts. Zudem moderiert und begleitet unser Team eine Schulzusammenlegung, die den Anspruch verfolgt, Demokratiepädagogik im neuen Schulalltag zu etablieren.
Welche besonderen Herausforderungen gibt es für das Projekt im ländlichen Raum?
Trotz weiter Wege, die die Beteiligten z. T. für die Beratung zurücklegen müssen, hat sich das Projekt auf die Fahnen geschrieben, insbesondere den ländlichen Raum zu erreichen. In den größeren Städten profitieren Schulen i. d. R von einer guten Vernetzung untereinander, sowie niedrigschwelligen Fortbildungsangeboten vor Ort. Wir wollen auch ländlichen Schulen den Zugang erleichtern und eine Vernetzung über die Städtegrenzen hinaus ermöglichen. Wir beobachten, dass alle Schulformen, unabhängig von geographischer Lage und Schulgröße, von Beratung und Erfahrungsaustausch profitieren.
Werden Schulentwicklungsprozesse und die demokratische Schulentwicklung miteinander in Einklang gebracht?
Demokratische Schulentwicklung in Schulentwicklungsprozessen nicht mitzudenken, vergibt Chancen und zieht Entwicklungsprozesse oftmals nachhaltig in die Länge. Fühlen sich hingegen alle Beteiligten eines solchen Prozesses gehört und an Veränderungen beteiligt, sind sie bereit den Veränderungsprozess mit voranzutreiben. Demokratische Schulentwicklung braucht aber auch strukturelle Anpassungen. In Schulentwicklungsprozessen, wie z. B. Zusammenlegungen von Schulen, lassen sich solche Anpassungen produktiv mitverhandeln.
Was ist die besondere Herausforderung bei Schulzusammenlegungen?
Schulzusammenlegung stellen sicherlich eine große Herausforderung für die Kolleg*innen dar, schließlich müssen zuvor fremde Kollegien zu einer neuen Gemeinschaft zusammenwachsen. Es gibt veränderte Zuständigkeiten, neue Perspektiven auf Altbewährtes und eben auch die Auseinandersetzung darüber, welchen Weg ein neues Kollegium von nun an gemeinsam einschlägt. Gleichzeitig bietet das auch die Chance, sich intensiv mit Kolleg*innen auseinanderzusetzen und aktiv mit allen Beteiligten an Leitbild, Selbstverständnis oder der Schulverfassung zu arbeiten. Für solche, nicht alltäglichen Prozesse, ist eine externe Begleitung oft sehr fruchtbar.
Vielen Dank!
07743 Jena