Perspektive ThILLM
„Migrationshintergrund“ – ein Thema in der Lehrerfortbildung!
Laut Statistik lernen im Schuljahr 2024/25 32.876 (258.764 Gesamtzahl) Schülerinnen und Schüler (SuS) mit Migrationshintergrund an allgemein- und berufsbildenden Thüringer Schulen. Der Anteil erhöhte sich in den letzten Jahren kontinuierlich auf eine Quote von 11,79 % im Schuljahr 2023/24 (entnommen aus www.schulstatistik-thueringen.de). Dabei kann davon ausgegangen werden, dass die Verteilung diskontinuierlich ist und mitunter deutlich mehr SuS als der Durchschnittswert vorgibt, mehrsprachig aufwachsen, ihre Erstsprache also nicht deutsch ist. Auf diesen Umstand reagiert das ThILLM mit entsprechenden möglichst vielfältigen Herangehensweisen.
„Migrationshintergrund“ lässt sich jedoch ähnlich wie bspw. Inklusion oder Digitalisierung nur schwer als abgegrenztes, eigenes Thema extrahieren, da die Thematik beinahe alle Aspekte der Tätigkeit der Lehrkräfte, ja aller Pädagoginnen und Pädagogen und deren Professionalisierung berührt. Begründet ist dieser Umstand darin, dass Menschen in ihrem Sein und ihrem Handeln grundsätzlich auf andere bezogen sind – sei es im Sinne von Zustimmung oder Ablehnung, sei es aus der Suche nach Anerkennung oder im Bestreben, sich abzugrenzen, das ist dabei nebensächlich – und sich dieses Aufeinander-Bezogen-Sein in Sprache und durch Sprache realisiert (vgl. Rödler 2000). Sprache dient dabei dazu, einen gemeinsamen sozialen Raum zu erzeugen, bspw. im Unterricht, in der Freizeit, im behördlichen Alltag.
Diese Aussage verdeutlicht, dass das Erlernen einer neuen Sprache untrennbar mit der Auseinandersetzung mit der zugehörigen Kultur und deren Werten verbunden ist, da sonst Begriffe und Aussagen nicht adäquat verstanden werden können. Vor diesem Hintergrund wird neben den zahlreichen und etablierten Fortbildungsangeboten im Bereich „Deutsch als Zweitsprache“ seitens des ThILLM im Blick behalten, dass es beim Thema „Migrationshintergrund„“ vor allem auch um kulturelle Verständigung geht. Dies schließt ein, auch die Lehrkräfte und Eltern mit Migrationshintergrund mitzudenken.
So führt das ThILLM seit 2023 einmal jährlich ein Vernetzungstreffen für ausländische Lehrkräfte bzw. Lehrkräfte mit Migrationshintergrund, die zunehmend die Arbeit an den Thüringer Schulen unterstützen, in Form eines Fachtages durch. Selbstredend ist diese Veranstaltung auch für Lehrkräfte ohne Migrationshintergrund geöffnet – sonst würden wir unser Anliegen ja selbst konterkarieren. Inhaltlich im Mittelpunkt stehen jedoch Themen, die speziell von dieser Zielgruppe der Lehrkräfte mit Migrationshintergrund gewünscht werden. Geplant ist das III. Vernetzungstreffen dieses Charakters für den 11.09.2025.
Eine andere Herangehensweise, Lehrkräfte bzw. Pädagoginnen und Pädagogen im Schuldienst hinsichtlich ihrer Professionalisierung zum Thema Migrationshintergrund zu unterstützen, besteht in der Integration des Themas in Qualifizierungsreihen und -kurse sowie den jährlich stattfindenden Fachtagen zu Themen der Schulund Unterrichtsentwicklung – der Fachtag Unterrichtsentwicklung ist für dieses Schuljahr am 12.6.2025 in Bad Tabarz geplant – und der seit 2021 online stattfindenden Sommerakademie des ThILLM.
Die Thematisierung kann explizit oder integriert erfolgen. Explizit geschieht es bspw. im Rahmen der Fortbildungsreihe „Gemeinsam erfolgreich – Schule und Elternhaus im Dialog“, welche u.a. eine Veranstaltung „Vielfalt als Chance für die interkulturelle Zusammenarbeit mit Eltern“ beinhaltet. Die Online-Fortbildungsreihe richtet sich vorrangig an Schulleitungen sowie Beratungs- und weitere interessierte Lehrkräfte und endet mit einem Fachtag in Präsenz am 14.11.2025, der auch wieder einen Themenraum zu dieser Thematik enthalten wird.
Die Konzipierung der gesamten Fortbildungsreihe, eingeschlossen die Themenauswahl, stellt eine Reaktion auf die Rückmeldungen des I. Fachtages „Gemeinsam erfolgreich – Schule und Elternhaus im Dialog“, der im November 2024 in Kooperation mit der Landeselternvertretung stattfand und auf eine entsprechende Resonanz stieß.
Weitere explizite Thematisierungen erfolgen bspw. im Rahmen der Fortbildung zum Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung unter dem Titel „Kulturelle Missverständnisse“ im Basiskurs für seiteneinsteigende Lehrkräfte, in der Grundständigen Qualifizierung zum Berater/zur Beraterin für Schulentwicklung (BfSE) oder im Rahmen der 5. Sommerakademie des ThILLM, die auch in diesem Jahr in den ersten vier Tagen der Sommerferien, also vom 30.6.2025 bis 3.7.2025 stattfinden wird und sich aktuell in der Planungsphase befindet.
Um der Thematik „Migrationshintergrund“ möglichst umfassend gerecht zu werden, findet sie zudem in einschlägigen Konzepten des ThILLM, wie bspw. dem Unterrichtsentwicklungsansatz des ThILLM Berücksichtigung, hier allerdings auf eine eher implizite Weise, indem die Thematik bei der Erstellung der einzelnen Werkzeuge mitgedacht wird. Darüber hinaus wurde die Thematik in eigenen Veröffentlichungen des ThILLM aufgegriffen, bspw. sei verwiesen auf „Impulse 63: Ausgewählte aktuelle Entwicklungslinien im Kontext von schulischer Vielfalt“ (ThILLM, 2017).
Nicht zuletzt bietet das ThILLM Online-Sprechstunden zu verschiedenen Schwerpunkten sowie jeweils mittwochs während der Schulzeit von 17:00 bis 18:00 Uhr allgemein zur individuellen Förderung an, in der Pädagoginnen und Pädagogen bei der Lösungsfindung sehr konkret bzw. für ganz konkrete Situationen unterstützt werden.
Zugleich treten wieder und wieder neue Aspekte der Thematik hervor. Bspw. waren die gesetzliche Verankerung der Pädagogischen Assistentinnen und Assistenzen (PA) im Thüringer Schulgesetz sowie mit der Zunahme der Lehrkräfte mit Migrationshintergrund Anlass, uns mit der Arbeit in einem multiprofessionellen, interkulturellen Team auseinanderzusetzen und entsprechende Fortbildungsangebote zu erarbeiten. Ebenso arbeiten wir aktuell daran, dass pädagogische Diagnostik auch den Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund verlässlich gerecht wird.
Für die Berufsgruppe der PA, die das ThILLM seit Beginn, nämlich seit Februar 2023 einführend und begleitend qualifiziert, spielt diese Thematik zudem eine besondere Rolle, denn ihre Aufgabe ist es, vor allem mehrsprachige Schülerinnen und Schülern außer- und innerhalb des Unterrichts – und somit auch die Lehrkräfte – zu unterstützen. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit der PA wird in der Zusammenarbeit mit zugewanderten Eltern gesehen. Zugleich handelt es sich um eine Berufsgruppe mit einem hohen Anteil an Kolleginnen und Kollegen mit eigener Zuwanderungserfahrung (Anteil i.d.H. von 38 % - 76 von 212). Am stärksten vertreten sind vier Herkunftsländer: Ukraine (23), Türkei (15), Syrien (8) und Bulgarien (5).
Zusammenfassend wird sicher deutlich, dass das Thema „Migrationshintergrund„“ seitens des ThILLM auf unterschiedliche Weise aufgegriffen wird – in Konzepten, in Veröffentlichungen, in Sprechstunden, in Fortbildungen – explizit oder implizit integriert – die Varianten sind vielfältig. Auf uns bekannte Bedarfe seitens der Pädagoginnen und Pädagogen sind wir bestrebt, mit professionellen Antworten zu reagieren und zugleich auch selbst vorausschauend, also Entwicklungen beachtend, zu agieren.
99438 Bad Berka

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