Eure Arbeitsbedingungen im Bereich
Hochschule und Forschung
In der gedruckten Ausgabe konnte nur eine Auswahl Eurer Schilderungen platziert werden, im Folgenden seht Ihr jedoch alle, die uns im Bereich Hochschule und Forschung erreicht haben.
Ich hab einen schönen Job, wo ich mir die Arbeit gut zeitlich selber einteilen kann. Leider ist es aber auch sehr viel Arbeit und eine nur befristete Stelle. Gerade die Personalsituation in der Verwaltung der FH macht zu schaffen, weil vieles spät bearbeitet wird, man oft nachhaken muss und hin und wieder sich allein gelassen fühlt bzw. den Stress der dort Arbeitenden dann selber abbekommt. Generell würde ich mir wünschen, dass die Stellen und das Gehalt (etwas) aufgestockt werden, um die Situation allgemein besser zu machen – und damit der Bildungssektor weiterhin auch für gut Ausgebildete attraktiv bleibt. Auch wünsche ich mir (von Regierung wie Arbeitnehmervertreter:innen auch), dass Beschäftigteninteressen nicht gegeneinander ausgespielt, sondern Verbündete und Allianzen gesucht werden. Die Menschen brauchen generell Sicherheit und auch gute Jobperspektiven, damit Solidarität und Zusammenhalt auf festen Füßen stehen (bleiben) und man sich nicht nach den vereinfachten und trügerischen Perspektiven im rechten Lager umschaut. Auch das sehe ich als Problem bei manchen Beschäftigten.
Ich schätze an meiner Stelle die zeitliche und inhaltliche Flexibilität und die Vielseitigkeit und Abwechslung der Aufgaben.
Womit ich unzufrieden bin:
- eine zunehmend überbordende und nicht immer lösungsorientierte Verwaltung,
- die familienunfreundliche fehlende Koordination zwischen Schulferien und Semesterferien in Thüringen,
- und natürlich, wie seit Jahrzehnten, die Beschäftigungssituation im Wissenschaftssystem. Warum dürfen erwachsene gut ausgebildete Menschen nichtselbst entscheiden, wie lange sie wo arbeiten?
Forderungen:
Eine sinnvolle und pragmatische Reform des WissZeitVG ist vermutlich utopisch bzw. nur sehr begrenzt in der Hand der Thüringer Landesregierung. Daher zwei Forderungen:
- dass die Sparvorgaben nicht überproportional zu Lasten des akademischen Mittelbaus gehen und
- dass man sich vielleicht mehr Gedanken bei der Festlegung der Ferienzeiten macht. Das sollte ja kostengünstig sein und tatsächlich in der Verantwortung des Landes liegen – und es wäre meines Erachtens nach auch im Sinne der Schulen, ganz unabhängig von akademischen Eltern.
Zufrieden mit:
- Mitentscheidung über meine Lehrveranstaltungen (Wahl der Seminare, Zeiten, ...),
- Möglichkeiten der Mitbestimmung und Mitgestaltung,
- Flexibilität bei den Rahmenbedingungen (Arbeitszeiten, Arbeitsort, ...),
- Vereinbarkeit mit Familie (Arbeitszeiten, Kita auf dem Campus),
- Möglichkeiten der Weiterbildung und Möglichkeiten des Besuchs von Konferenzen,
- Gehalt / Besoldung,
- Sicherheit durch Verbeamtung.
Unzufrieden mit:
- hohes Lehrdeputat für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin (12 SWS bei voller Stelle), dadurch wenig Zeit für Forschung,
- hohe Prüfungsbelastung.
Forderungen:
- Reduktion des Lehrdeputats für akademische Rät:innen,
- Reduktion der Prüfungsbelastung,
- Verkürzung der Zeit als Beamtin auf Probe (in anderen Bundesländern nur ein Jahr, in Thüringen drei Jahre).
Ich bin wissenschaftlicher Mitarbeiter. Gemäß § 91 (1) ThürHG sollen die wissenschaftlichen Mitarbeiter Dienstleistungen erbringen. Die Erfüllung von Aufgaben, die selbständige Wahrnehmung von Aufgaben der Hochschule ist für die wissenschaftlichen Mitarbeiter grundsätzlich nicht vorgesehen. Das steht im Gegensatz zu § 46 ThürHG, Ziele des Studiums. Hier ist gleich dreimal von Selbständigkeit als Studienziel und einmal von Eigenverantwortlichkeit als Studienziel die Rede.
Das steht - soweit es um promovierte Mitarbeiter geht - ebenso im Gegensatz zu § 61 ThürHG, Promotion. Die Promotion soll auf einer selbständigen wissenschaftlichen Arbeit beruhen, formal-rechtlich aber nicht für selbständige wissenschaftliche Arbeit qualifizieren. Die formal-rechtliche Qualifizierung soll erst die Habilitation liefern (§ 62 ThürHG, Habilitation).
Selbständigkeit zum Ziel des Studiums und der Promotion erklären, gleichzeitig am Status der Abhängigkeit festhalten bis zum Abschluss der Habilitation: Das kann belasten und krank machen. Die Landesregierung sollte sich für eine Änderung des § 91 (1) ThürHG einsetzen.
Grundsätzlich sollte gelten: Die wissenschaftlichen Mitarbeiter erfüllen Aufgaben, sie nehmen Aufgaben der Hochschule selbständig wahr.
Als Doktorand gehe ich in einer sehr abwechslungsreichen Beschäftigung nach, die einerseits viel zeitliche Flexibilität mit sich bringt, aber auch oft lange Arbeitstage und häufiges Deadline nahes Arbeiten aufweist. Ich bin sehr zufrieden mit den Aufgabenfeldern, in denen ich arbeiten kann (Betreuung Studierenden in Praktika und wissenschaftliche Forschung), und der Möglichkeit, in Austausch mit vielen interessanten Personen und ihren Projekten zu treten.
Mich stört, dass es immer einen Zeitstress gibt und oft zu viele Projekte parallel angegangen werden müssen. Außerdem ist die häufig zeitaufwendige administrative Vor-/Nachbearbeitung von Dienstreisen sehr komplex. Zeit, die ich besser für andere Arbeiten gebrauchen könnte.
Forderungen: Sichere Ausfinanzierung der Universitäten, da sonst weitere Streichung in Verwaltung und Mittelbau drohen. Dies würde mehr Arbeit auf projektangestellte Personen verteilen, die sowieso schon an der Belastungsgrenze agieren.
Ich habe einen hohen Gestaltungsspielraum, das sorgt für Arbeitszufriedenheit. Unglücklich macht mich, dass "unternehmerisches Denken" immer mehr um sich greift – nicht nur bei der Leitungsebene – und dass dadurch die eigentlichen Aufgaben, nämlich Studium, Lehre und Forschung, immer mehr vernachlässigt werden. Es zählt das, was Geld bringt – Qualität der Arbeit spielt keine Rolle mehr.
Meine Forderung:
Auskömmliche und aufgabengerechte Ausfinanzierung der Hochschulen aus Landes- und Bundesmitteln, um unbefristete Beschäftigung und eine hohe Qualität der Arbeit zu gewährleisten.
Beschreibung meiner Arbeitsbedingungen:
Sehr frei. Es gibt Deadlines und dringende Projekte, aber oft kann ich frei entscheiden, wann ich was mache, welche Fachliteratur ich lese usw.
In Bezug auf die anstehende Dissertation jedoch enorme Abhängigkeit von der Professorin. Es gibt keine objektiven Kriterien, was genug ist. Sie entscheidet.
Nachteile: keine Arbeitszeiterfassung, Mehrarbeit spielt keine Rolle. Wird an meiner Stelle nicht direkt erwartet, aber auch nicht honoriert. Zudem erzwungene Teilzeit (75 %) und Befristung. Vor allem diese beiden Punkte empfinde ich persönlich als sehr belastend.
Meine Forderungen:
Die letzten genannten Punkte: erzwungene Teilzeit (da schlicht nicht mehr Geld da ist oder aber auch, da Professoren sich lieber zwei 50 %-Doktoranden anstellen, welche in der Regel mehr arbeiten als 50 %, statt einer 100 %-Kraft.). Lieber weniger Stellen, dafür bessere Bedingungen.
Ich habe mein Forschungsprojekt (Laufzeit 36 Monate) bei der DFG selbst eingeworben. Ich bin seit einigen Monaten formal bei der Universität angestellt. Sie leitet das Geld allerdings lediglich durch.
Die Arbeitsbedingungen unter den Bedingungen des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes sind in Thüringen genauso schlecht, perspektivlos und demotivierend wie in anderen Bundesländern.
Meine Forderungen:
Da die Studienzahlen ab 2030 selbst in geisteswissenschaftlichen Fächern anscheinend wieder ansteigen werden, ist eine tatsächliche Ausfinanzierung von Forschung eine zentrale Forderung. Das braucht zwei Säulen, eine ist Forschung, die andere ist Lehre. Bislang ist das vermischt und sorgt dafür, dass das eine unter dem anderen leidet.
Da ich Demokratiebildung bei erwachsenen Multiplikatorinnen betreibe, die dann zumeist Lehrer:innen werden, ist eine Festanstellung im akademischen Mittelbau ein zivilgesellschaftliches und demokratieförderndes Must-have.
99096 Erfurt
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