Das ist so eine Sache mit dem Wohlfühlen. Das ist immer personen-und ortsabhängig. Privat fühlen wir uns in den meisten Fällen zu Hause ganz gut. Da ist jemand, der mal mit uns Kaffee trinkt, der uns zuhört, mit dem wir gemeinsame Erlebnisse oder Kinder teilen. Gut, da sind vielleicht manchmal auch unliebsame, neugierige Nachbarn oder eine aufdringliche Geräuschkulisse, aber: hier sind wir selbstbestimmt. Hier machen wir die Tür zu, wenn es uns reicht. Und wenn die Fenster nur einmal im Jahr geputzt werden, wen stört es? Den Grill anzuschmeißen ist doch für das persönliche Wohlbefinden viel entspannter. Wie sieht es auf Arbeit aus? Hier sind wir bestimmten Strukturen unterstellt, müssen auch mit unliebsamen Kollegen und Vorgesetzten auskommen, können die Tür nicht einfach zu machen, sondern müssen uns der Arbeitssituation, wie sie sich uns bietet, stellen und bewusst damit umgehen.
Gesund ist, wer sich an Körper, Geist und Seele rundherum wohl fühlt
Wir haben aber auch das Recht, uns auf Arbeit wohl zu fühlen, denn nur, wer sich in der Schule gut und gesund fühlt, kann auch gute Arbeit leisten. Das gilt für die Schüler*Innen genauso wie für Pädagog*innen. Gute gesunde Schule steht und fällt mit gesunden Pädagog*innen. Die Verpflichtung, den Bildungs- und Erziehungsauftrag zu erfüllen, lässt sich leichter umsetzen, wenn an der Schule Strukturen und Prozesse geschaffen werden, die den Gesundheitsgedanken für alle im Focus haben und von allen mitgetragen werden.
Wir müssen nicht darüber philosophieren, dass der Lehrer*innenberuf und die Anforderungen an Pädagog*innen in den letzten Jahren anders geworden sind:
- Die Belastungen nehmen zu: ständig neue Herausforderungen, ohne Reduzierung von Aufwand, der sich vermeiden ließe.
- Die Klassen sind zu groß, so dass uns individuelle Förderung manchmal verzweifeln lässt.
- Die viele Bürokratie lässt kaum Luft für eigene Kreativität. Da muss dokumentiert, abgeheftet, Klassenkonferenzen einberufen, Elterngespräche geführt, mit Kolleg*innen diskutiert werden.
- Auch die Kinder sind anders geworden und wir älter.
- Aber wir wollen natürlich funktionieren. Und wir sind Einzelkämpfer.
Manchmal reicht dann das Grillanschmeißen oder die entspannte Lektüre zum Feierabend nicht mehr aus, um sich von den Belastungen der Arbeit zu erholen. Das Wochenende und irgendwann auch die Ferien sind zu kurz geworden, um voll belastbar die nächste Schulwoche oder das nächste Schuljahr zu überstehen. Doch lieber Fenster putzen?
Wie gelingt es mir, mit meiner Arbeitssituation so umzugehen, dass meine private Lebenssituation nicht davon überlagert wird? Was muss der Arbeitgeber dafür tun, dass es mir gut geht?
Nur 6 % der Pädagogen bundesweit haben im Jahre 2000 ihre berufliche Altersgrenze erreicht und sind nicht vorzeitig aus dem Berufsleben ausgeschieden. Durch gesundheitsfördernde Maßnahmen aber auch finanzielle Veränderungen hat sich die Prozentzahl derer, die im Jahre 2013 bis zur Regelaltersgrenze im Schuldienst verblieben, auf 41 % erhöht. Das ist immer noch ein Alarmzeichen, auch im Hinblick auf die Unterrichtsgarantie. Mittlerweile sind die Alarmsignale doch schon im TMBJS angekommen und es wird vorsichtig versucht, eine Balance zu finden. Vorsichtig, tröpfchenweise … denn Gesundheitsmaßnahmen gibt es nicht gratis.
Rahmendienstvereinbarung Gesundheitsmanagement
Als eine Maßnahme wurde nach langen Verhandlungen und als Idee aus dem Personalentwicklungskonzept 2013 geboren, im September 2016 eine Rahmendienstvereinbarung Gesundheitsmanagement (RDV GM) zwischen dem Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (TMBJS) und dem Hauptpersonalrat abgeschlossen. Diese Rahmendienstvereinbarung beinhaltet
- Leitlinien, Strukturen und Instrumente zur Verbesserung der Gesundheit der Beschäftigten im Geschäftsbereich des TMBJS,
- gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen im Arbeits- und Gesundheitsschutz,
- Maßnahmen zur Gesunderhaltung und Gesundheitsförderung.
Die Arbeitsgruppe Arbeits- und Gesundheitsschutz der GEW beteiligt sich aktiv an der Umsetzung und trägt mit Forderungen an das TMBJS zur Ausgestaltung der RDV GM bei. Das schaffen wir aber nicht alleine. In allen Schulamtsbereichen gibt es aktive GEW-Mitglieder und -funktionäre, die uns unterstützen, sei es durch das Einbringen eigener Ideen oder Gespräche mit Personalräten und Schulungen zur Umsetzung der RDV GM. An dieser Stelle sei allen aktiven GEW-Mitgliedern gedankt für die engagierte Arbeit und Unterstützung.
In der tz vom Februar 2018 werden wir die Inhalte der Rahmendienstvereinbarung beleuchten, mögliche Ausgestaltungsmöglichkeiten diskutieren, handelnde Personen und mögliche Instrumentarien zur Umsetzung vorstellen.
Lassen Sie uns Schulen zu einem Ort machen, an dem nicht nur gelernt und gelehrt wird, sondern an dem sich jeder wohlfühlt.
Vertrauen, gegenseitiger Respekt, Wertschätzung und ein gesundes Schulklima gehören ebenso dazu, wie Transparenz und Kommunikation und ein freundliches Miteinander. Lassen Sie es uns gemeinsam versuchen. Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft steht Ihnen zur Seite.