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Es wird schwierig!

GEW Thüringen zum neuen Schuljahr 2022/23

Das neue Schuljahr beginnt nächste Woche. Bildungsminister Helmut Holter hat heute von besonderen Herausforderungen gesprochen und die entsprechenden Schritte des Ministeriums vorgestellt. Wie wir das bewerten, lest Ihr hier.

Bildungsminister Helmut Holter (rechts) bei der Medienkonferenz der Landesregierung am 25.08.2022 - Foto: TMBJS

Unten seht Ihr den Originalwortlaut der Medieninformation des Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (TMBJS) vom heutigen Tag. Einige Punkte sehen wir auch so, bei anderen sehen wir deutliches und teils verschenktes Handlungspotential. Zu ausgewählten Punkten:

Einstellung von befristeten Assistenzkräften?

Eine sehr gute Idee! Es kommt jedoch darauf an, wie viele und wann dieses Assistenzkräfte letztlich in den Schulen landen und ob die gröbsten Bedarfe damit abgefedert werden können (Stichwort Regelschulen).

Unterricht durch Lehramtsstudierende?

Eine gute Idee, die aber punktuell bereits schon praktiziert wird. Auch hier der kritische Blick auf die praktische Umsetzung, also wie viele wann und wo?

Unterricht durch Lehramtsanwärter:innen?

Der Vorbereitungsdienst ist eine Ausbildungs- und keine Arbeitsphase und deshalb macht es vor den Prüfungen keinen Sinn. Wer nach! seinen abgeschlossenen Prüfungen mehr unterrichten will und kann, der kann die Schulen damit sicherlich entlasten. Wichtig ist der GEW Thüringen, dass damit keine Lockangebote verbunden sind (z. B. Stellenzusagen gegen Unterrichtsübernahme).

Hände weg vom getroffenen Vereinbarungen!

Wir befürchten das Antasten und temporäre außer Kraft setzen bereits getroffener Vereinbarungen im Rahmen des Personalentwicklungskonzepts (PEK), vor allem hinsichtlich Abordnungen, Versetzungen und Teilzeit. Wir warnen davor, diese Vereinbarungen einseitig zu verändern.

Den vorzeitigen Ruhestand verschieben wegen Lehrermangel?

Im Prinzip auch eine gute Idee, die aber verkennt, warum so viele Lehrkräfte vorzeitig in den Ruhestand gehen: ihre Arbeitsbedingungen. Zwar hat diese Landesregierung die gleiche Bezahlung aller Lehrkräfte an den Schulen Thüringens umgesetzt, aber alle anderen Arbeitsbedingungen blieben leider gleich – und das bedeutet leider oftmals: gleich schlecht.

Es spricht sich herum, dass die zu knapp bemessenen und zugeteilten öffentlichen Ressourcen im sächlichen und personellen Bereich bei gleichzeitig wachsender Aufgabenfülle (Stichwort Schulen als Reparaturbetrieb der Gesellschaft) psychische Belastungen generieren, die Langzeiterkrankungen in Rekordzahl zur Folge haben.

Die Forderungen seitens der Beschäftigten und damit der GEW Thüringen sind schon lange, aber meist ergebnislos geäußert worden. Das ist umso verwunderlicher, weil es doch die attraktiveren Arbeitsbedingungen wären, die den vom TMBJS so vehement konstatierten und beklagten Lehrer:innenmangel effektiv bekämpfen würden helfen.

Und so fordern wir als GEW wieder einmal:

  • Reduziert die Pflichtstundenzahlen allgemein und bei zusätzlichen Aufgaben!
  • Reduziert die Klassengrößen!
  • Entlastet die Lehrkräfte von Verwaltungsaufgaben durch die Einstellung von Verwaltungspersonal, von technischen Aufgaben durch IT-Fachkräfte und gebt ihnen sinnvolle digitale Technik (z.B. Noten- und Klassenbücher) an die Hand!

Schulen sollen flexibel und operativ reagieren?

Im Prinzip eine gute Idee, aber dann muss man seitens der übergeordneten Behörden (Ministerium und Schulämter) auch eigenverantwortliche Entscheidungen zulassen. Das bedeutet: ohne Rechtfertigungsdruck der Schulleitungen gegenüber den Schulämtern.

Beispiele dafür sind: flexibler Umgang mit Unterrichtserteilung im Rahmen der Doppeljahrgänge (z.B. Epochalunterricht) oder durch Praxistag pro Woche beispielsweise für Regelschulen im ländlichen Raum.

 


Medieninformation des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport

Erfurt, 25. August 2022

Minister Holter begrüßt Schülerinnen und Schüler und dankt Pädagoginnen und Pädagogen zum Schuljahresstart – "Multiple Herausforderungen, die wir annehmen"

Zum Unterrichtsbeginn des neuen Schuljahres 2022/23 hat Thüringens Bildungsminister Helmut Holter die Schülerinnen und Schüler in Thüringen begrüßt und die Arbeit der Thüringer Pädagoginnen und Pädagogen gewürdigt. Im Rahmen der Schuljahresauftakt-Medienkonferenz der Landesregierung sprach Holter auch von den Herausforderungen angesichts sich vielfältig zuspitzender Entwicklungen.

„Thüringens Schulwesen ist vielfältig, stabil und in einem positiven modernen Wandel begriffen. Ich freue mich mit den Erstklässlerinnen und Erstklässlern, die am Sonnabend in die Schule kommen. Und ich danke allen Pädagoginnen und Pädagogen. Sie sind die tragende Kraft unseres Schulwesens“, so Minister Holter. „Aber wir haben in Deutschland und Europa eine Krisensituation, die uns stark beansprucht und die auch an den Schulen nicht spurlos vorübergehen wird. Unsere Schulen stehen vor einer multiplen Herausforderung.“

Seit März 2022 sind in Thüringen bisher 4.694 Anträge neu zugewanderter ausländischer Schulpflichtiger gestellt worden. 3.924 Schulplätze konnten bereits vermittelt werden, 3.183 davon an ukrainische Schülerinnen und Schüler. „Wir haben zusätzlich eine hohe Dunkelziffer, und die Prognosen weisen darauf hin, dass bis Jahresende bis zu 10.000 Schülerinnen und Schüler aus dem Ausland in Thüringen sein könnten. Das ist ein neues Ausmaß. Thüringen muss und wird diese Herausforderung annehmen“, so Minister Holter. „Wir müssen das gemeinsam mit den Schulträgern tun. Die Bereitstellung ausreichender Schulplätze ist eine kommunale Pflichtaufgabe, ob die Schülerinnen und Schüler hier geboren oder neu zu uns gekommen sind.“ Angesichts bereits jetzt großer Herausforderungen kündigte Minister Holter Gespräche mit den Schulträgern über weitere Maßnahmen an.

Das Land, das für die Unterrichtsabsicherung zuständig ist, wird in Vorbereitung auf den weiteren Zuzug von Schülerinnen und Schülern im neuen Schuljahr zusätzliche Maßnahmen ergreifen:

  • Die Einstellungsrichtlinie ist krisenbedingt durch Absenken des bisher hohen Sprachniveaus angepasst worden, um noch mehr Wege in den Schuldienst zu ermöglichen. Weitere Anpassungen werden geprüft. So soll verstärkt pädagogisches Personal mit Migrationshintergrund gewonnen und sprachlich fortgebildet werden.
  • Die Einstellung von Assistenzkräften wird vorbereitet. Diese können den Unterricht und die Betreuung auf vielfältige Weise unterstützen.
  • Studierende sollen für einen Einsatz an Schulen neben ihrem Studium gewonnen werden.
  • Besonders erfolgreiche Lehramtsanwärterinnen und -anwärter sollen den Stundenumfang ihres Praxiseinsatzes an den Schulen erhöhen können. Die Umsetzung wird geprüft.
  • Die Staatlichen Schulämter werden alle Möglichkeiten zur Aufstockung von Personal an den Schulen nutzen.
  • Um Lehrkräfte im Ruhestand soll aktiv geworben werden, z. B. über das Programm „Grau macht schlau“ oder unter Nutzung der Zuverdienstmöglichkeiten im Ruhestand. Lehrkräfte, die den Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand beabsichtigen, sollen um Verschiebung ihres Ruhestandes gebeten werden.
  • Schulartübergreifende Abordnungen sollen verstärkt werden, um besonders hohe Bedarfe abzusichern. Weiterhin soll Lehrkräften freiwillige Mehrarbeit ermöglicht werden.
  • Klassenräume sind maximal zu nutzen, alle noch vorhandenen und geeigneten Räume für den Unterricht zu erschließen und unter Umständen zwischen benachbarten Schulen freie Raumkapazitäten bereitzustellen.

Insgesamt lernen in Thüringen im aktuellen Schuljahr nach vorläufigen Zahlen 251.080 Schülerinnen und Schüler an 967 allgemein und berufsbildenden Schulen.

Im zurückliegenden Schuljahr konnten 1.021 Lehrkräfte unbefristet eingestellt werden. „Wir haben unser ehrgeiziges Jahresziel erreicht“, kommentiert Minister Holter diese Zahl. „Aber nach dem Jahresziel ist vor dem Jahresziel. Seit dem 1. August geht es ununterbrochen weiter, und bereits jetzt sind 379 Lehrkräfte im neuen Schuljahr eingestellt worden. Klar ist, der Lehrermangel wird uns auch die kommenden Jahre begleiten. Wir müssen praktisch zwei Generationen ersetzen: diejenige Generation, die über 20 Jahre lang in Thüringen praktisch nicht eingestellt worden ist, und diejenige Generation, die jetzt und in den kommenden Jahren in den Ruhestand geht. Wir dürfen und werden hier nicht nachlassen. Die Bewältigung des Lehrermangels bleibt eine Generationenaufgabe, der sich diese Landesregierung wie keine vor ihr widmet.“

Das Schuljahr wird ohne zusätzliche Pandemiemaßnahmen beginnen. Minister Holter empfiehlt das Tragen von Masken in Innenräumen auf freiwilliger Basis vor allem dort, wo es konkreten Anlass gibt. Eine Maskenpflicht oder allgemeine Regelungen zum Tragen von Masken sind aus rechtlichen Gründen derzeit nicht möglich. An den Thüringer Schulen sind aktuell noch rund 1,7 Mio. Tests vorhanden, die im Bedarfsfall unverzüglich zum Einsatz kommen können. Sie stehen für den Fall bereit, dass sich die Situation verändern sollte, beispielsweise wenn sich eine neue, gefährliche Variante durchsetzen sollte. Vulnerable Schülerinnen und Schüler können weiter auf begründeten Antrag hin und nach Entscheidung des Bildungsministeriums vom Präsenzunterricht befreit werden.

Viele weitere Detailinformationen zum Schuljahresbeginn finden Sie im Handout zur Regierungsmedienkonferenz vom 25. August 2022:

https://bildung.thueringen.de/fileadmin/2022/2022-08-25_Handout_Schuljahrbeginn_2022-23.pdf

Diese Medieninformation wurde veröffentlicht unter

https://bildung.thueringen.de/

 

Felix Knothe

Pressesprecher

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THÜRINGER MINISTERIUM FÜR BILDUNG, JUGEND UND SPORT

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Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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