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Gegen unternehmerische Steuerungsinstrumente an Hochschulen

Die GEW Thüringen hat sich auf ihrer 8. Landesvertreterversammlung 20141 in Ilmenau gegen unternehmerische Steuerungselemente an Hochschulen ausgesprochen.

Foto: GEW

Insbesondere lehnen wir die kaufmännische Buchführung (Doppik) ab; ebenso halten wir Zielvereinbarungen und verhandlungsbezogene Entgeltbestandteile für nicht geeignete Mittel der Personalführung. Außerdem fordern wir, dass der Hochschulbau öffentlich zu finanzieren ist und nicht über die letztlich meist teureren PPP-Projekte („public private partnership“).

Bereits das „Wissenschaftspolitische Programm“ der GEW aus dem Jahr 2009 ist ein Plädoyer gegen die „unternehmerische Hochschule“. Mit unserem Beschluss aus dem letzten Jahr werden dann einige konkrete Steuerungsinstrumente einer weiteren Kritik unterzogen.

Das ist zunächst einmal die kaufmännische Buchführung oder auch „Doppik“, wie sie im Bereich der öffentlichen Verwaltungen genannt wird. In Thüringen sind die Hochschulen seit der Novelle des ThürHG (§ 13 Abs. 3 ThürHG: „Die Wirtschaftsführung und das Rechnungswesen der Hochschulen richten sich nach den kaufmännischen Regeln“) vor zwei Jahren gesetzlich dazu verpflichtet worden, wohlgemerkt auf Wunsch der Landesrektorenkonferenz. Um die Doppik zu realisieren, haben die Hochschulen Bilanzbuchhalter*innen eingestellt, der Verwaltungsaufwand pro Buchungsaufwand hat sich vervielfacht, und die Jahresabschlüsse werden jährlich von Wirtschaftsprüfer*innen geprüft, für die die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG teuer bezahlt werden muss. Gleichzeitig wird festgestellt, dass die herkömmliche Haushaltssoftware nicht ausreicht, so dass demnächst ein ERP-System („Enterprise-Resource-Planning“) eingeführt werden soll, das zweistellige Millionenbeträge verschlingen wird. Die einfachere und weniger aufwändige Alternative, Kosten und Ressourcenverbrauch transparent darzustellen, wäre eine um Kosten- und Leistungsrechnung erweiterte Kameralistik, was die Thüringer Hochschulen leider nie ernsthaft in Erwägung gezogen haben.

Kernelement der Doppik ist die Bilanzierung. Es werden Jahresabschlüsse gemacht, anhand derer sich die Wertentwicklung des „Unternehmens Hochschule“ ablesen lässt – obwohl für die festgestellten „Vermögensgegenstände“ kein realer Markt existiert und eigentlich elementare Bilanzierungsgrundsätze außer Acht gelassen werden. Diese Bilanzierung ist zudem nicht unumstritten, da Personalkosten lediglich Ausgaben darstellen und die in einem Wissenschaftsbetrieb arbeitenden Menschen nur als Kosten auftauchen und somit nicht in den Wert des Unternehmens einfließen. Für Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen ist eine solche Betrachtung jedoch fatal, denn den größten Wert stellen immer die in ihnen wirkenden Menschen dar. Die Doppik hingegen erlaubt nur eine Betrachtung der materiellen Werte. Wenn diese Denkweise auf die Spitze getrieben wird, dann ist die wertvollste Hochschule diejenige, die ihre gut sanierten, nebenkostenarmen Liegenschaften gewinnbringend vermietet und in der keine Wissenschaftler*innen arbeiten. Das macht deutlich, dass die Doppik ein ungeeignetes unternehmerisches Instrument für Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen ist.

Ein weiteres Steuerungsinstrument der unternehmerischen Hochschule sind Zielvereinbarungen mit den Beschäftigten und so genannte „leistungsbezogene“ Entgeltbestandteile, die in Wirklichkeit denjenigen begünstigen, der das beste Verhandlungsgeschick beweist. Dadurch wird eine nicht gerechtfertigte Schieflage im Entgeltgefüge geschaffen, die insgesamt zu deutlichen Mehrkosten und geringerer Beschäftigung führt. Da von diesen verhandlungsbezogenen Zulagen vor allem Männer und die oberen Entgeltgruppen, bspw. Professoren, profitieren, entsteht eine zusätzliche Ungerechtigkeit. Gleichzeitig wird den Hochschulleitungen auf diese Weise mehr Macht über ihre Beschäftigten gegeben, da sie Zulagen auch wieder entziehen können. Konsequenterweise fordern wir daher den Verzicht auf Zielvereinbarungen mit Beschäftigten und verhandlungsabhängige Zulagen.

Auch im Hochschulbau hat es, wie in zahlreichen anderen öffentlichen Bereichen, so genannte PPP-Projekte gegeben, die die öffentliche Hand bspw. durch hohe Leasingraten langfristig sehr viel teurer zu stehen bekommen als die Finanzierung der Bauleistungen in Eigenleistung. Sie sind daher gerade auch im Bildungs- und Wissenschaftsbereich abzulehnen.

Die Landesregierung ist schon auf dem Weg, den seit Jahren erprobten (und letztlich wenig zielführenden) Weg der indikatorengesteuerten Mittelvergabe (KLUG = Kosten- und leistungsuntersetzte Gesamtrechnung; und LUBOM = Leistungs- und belastungsorientierte Mittelvergabe) an die Hochschulen zu verlassen. Als nächstes sollte Sie jetzt die kaufmännische Buchführung in Frage stellen.