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Ziele unserer Personalratskandidat:innen im Hochschulbereich

Was wollen wir für die Lehrkräfte für besondere Aufgaben (LfbA) erreichen?

Forderungen bzgl. der Anerkennung und Wertschätzung unserer Lehrtätigkeit | Tarifvertragliche Forderungen | Forderungen zur Änderung der Thüringer Lehrverpflichtungsverordnung (LVVO)

Forderungen bzgl. der Anerkennung und Wertschätzung unserer Lehrtätigkeit

Gelegentlich werden die Unterschiede in der Wertschätzung guter Lehre vergleichen mit Forschungsstärke besonders deutlich. Prämien für herausragende Leistungen in der Lehre sind oftmals in der Größenordnung 500-1000 EUR jährlich, für herausragende Leistungen bei der Einwerbung von Drittmitteln sind uns Prämien von 10.000 - 18.000 EUR bekannt. Weitere Punkte lassen sich eher schwer beziffern, sondern eher an Einzelbeispielen festmachen. So gibt es LfbA, die für ihre Lehre veraltete ausrangierte Hardware aus dem Wissenschaftsbetrieb zur Verfügung gestellt bekommen und daher lieber auf eigene Kosten Hardware beschaffen. Oder LfbA denen Online-Lehre aus dem Home-Office versagt wird, während wissenschaftliche Mitarbeiter:innen ganz selbstverständlich wählen können, wo sie am besten Arbeiten können. Die Studierenden machen diese Unterschiede nicht – sie sind froh, wenn ihnen kompetente Dozent*innen mit didaktischem Geschick Lehrinhalte vermitteln. In Bewertungsportalen und bei Lehrevaluationen schneiden LfbA häufig besser ab als Professor:innen.

Vergleichbar mit den Forschungsfreisemestern bei Professor*innen halten wir Entwicklungssemester für einen starken Beitrag, die Qualität der Lehre weiter zu steigern. Es wäre zudem ein wichtiger Baustein zur Wertschätzung unserer Tätigkeit. Derzeit werden neue Inhalte für Lehrveranstaltungen oftmals samstags und sonntags und in den Abendstunden erarbeitet. Aufenthalte an anderen Hochschulen (z. B. über Erasmus Plus) würden neue Impulse für die Hochschullehre liefern und wären ein wichtiges Mittel unser Engagement zu würdigen.
 

Erklärt man Bekannten, man sei „Lehrkraft für besondere Aufgaben“, führt das i. d. R. sofort zu zwei Rückfragen. „O.k. also Lehrer:in? Hm, zumindest nicht im Regelfall. Viele LfbA sind keine ausgebildeten Lehrer:innen, sondern Ingenieur:innen, Naturwissenschaftler:innen, Sprachwissenschaftler:innen, usw.“. …und was sind „besondere Aufgaben“? Die Antwort nach ThürHG wäre die Vermittlung praktischer Fertigkeiten und Kenntnisse. Das trifft jedoch in der Praxis in den meisten Fällen nicht zu. Unsere Lehraufgaben sind nicht „besonderer“ als die der Professor*innen, akademischen Rät:innen oder wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen. Wenn wir Menschen außerhalb des universitären Umfelds vermitteln wollen, was wir tun, ist der Begriff „Dozent:in an einer Hochschule“ oder „Hochschuldozent*in“ zutreffend. Der Begriff „Hochschullehrer:in“ ist bereits für die Gruppe der Professor:innen vergeben, auch wenn dieser zumeist dem Aufgabenfeld eines/einer Hochschuldozent:in entspricht.
 

Es ist nicht unüblich, dass LfbA eigenverantwortlich Lehrveranstaltungen konzipieren und ausarbeiten, als Modulverantwortliche benannt werden und sogar Fachbereiche leiten. Dies steht im Widerspruch zu § 92 ThürHG. Unser Ziel ist es jedoch nicht die Aufgaben der LfbA auf die Vermittlung praktischer Fertigkeiten und Fähigkeiten zusammenzustreichen. Wir halten gerne Vorlesungen und sind dazu fachlich und didaktisch qualifiziert. In vielen Fächern sind die langjährige Erfahrung und das pädagogische Geschick der LfbA unverzichtbar, um Studierende zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Es geht dabei nicht darum, die Rollen und Aufgaben von Professor:innen zu übernehmen, sondern die Angebote dieser qualitativ zu ergänzen.
 

 


Tarifvertragliche Forderungen

Wir sind der Auffassung, dass grundlegende Aspekte des Arbeitsverhältnisses zwischen den Tarifvertragsparteien zu regeln sind. Wir sind gegen die einseitige Auslegung durch die Arbeitgeberseite, bspw. auf dem Verordnungsweg (s. LVVO). Die Entgeltordnung regelt die Eingruppierung für die unterschiedlichsten Beschäftigtengruppen. Vom Apotheker über den Wissenschaftler bis hin zu Beschäftigten in Gestüten findet man die gesamte Bandbreite. Auch Lehrkräfte, z. B. Lehrkräfte in Gesundheitsberufen. Die Tätigkeiten von Hochschuldozent:innen könnten dort ebenso aufgeführt sein. 
 

Wir können uns dabei eine entsprechende Ausdifferenzierung für die Entgeltgruppen 13 bis 15 folgendermaßen vorstellen:

  • EG 13 Lehrveranstaltungen zur Vermittlung überwiegend praktischer Fertigkeiten und Kenntnisse.
  • EG 14 Lehrveranstaltungen zur Vermittlung von Inhalten und Kompetenzen, die über praktische Fertigkeiten und Kenntnisse hinausgehen. Zudem mit Modulverantwortung und / oder Leitungsfunktion.
  • EG 15 Lehrveranstaltungen wie zuvor genannt. Für promovierte LfbA mit Modulverantwortung und / oder Leitungsfunktion.

 


Forderungen zur Änderung der Thüringer Lehrverpflichtungsverordnung (LVVO)

Die Abschlüsse unserer Absolvent:innen sind im Europäischen Qualifikationsrahmen der selben Qualifikationsstufe zugeordnet. Die ist unabhängig davon, ob ein Bachelor- oder Masterabschluss an einer Universität oder Fachhochschule erlangt wurde. Für gleichwertige Abschlüsse ist auch eine gleichwertige Wissensvermittlung notwendig. Daher ist es nicht nachvollziehbar, warum sich die Lehrdeputate zwischen Universitäten und Fachhochschulen unterscheiden sollten.
 

Die besseren Anrechnungsmöglichkeiten für digitale Lehrformate und für die Durchführung von Praktika sollten genauso für Universitäten übernommen werden – bzw. noch darüber hinaus verbessert werden. Eine Gewichtung von Lehrveranstaltungen mit Faktor 0,5 ist eine drastische Geringschätzung der Arbeit von Kolleginnen und Kollegen, die sich bei der Durchführung und Ausarbeitung oftmals sehr aufwendiger Praktikumsversuche engagieren.
Die digitalen und hybriden Lehrformate finden auch nach der Novellierung der LVVO noch keine angemessene Berücksichtigung hinsichtlich des Vor-/Nach- und Betreuungsaufwands.
 

Viele Kolleginnen und Kollegen an Universitäten hatten schon vergessen, dass wir in der Vergangenheit bereits die 16 LVS für LfbA mit ausschließlich Lehraufgaben hatten. Die Spanne war damals 12-16 LVS, je nachdem, ob noch Forschungsausgaben wahrgenommen wurden. Die Erhöhung 2005 kam ohne eine Erhöhung der Arbeitszeit. Das war damals sehr umstritten, musste jetzt doch einfach in der gleichen Zeit mehr Lehre geleistet werden. Mit Blick auf eine heterogenere Studierendenschaft, einer höheren Quote an Abiturient:innen die ein Studium aufnehmen und die Herausforderungen, die die zunehmende Digitalisierung mit sich bringt, erscheinen daher selbst die 16 LVS noch hoch.
Auch wichtig an dieser Stelle: Unser Ziel ist es, inhaltlich und didaktisch hochwertige Lehre zu leisten. Zunehmend stellen wir aber fest, dass wir unsere Ansprüche nicht mehr erfüllen können. Trotz hoher intrinsischer Motivation reicht die Arbeitszeit+XX nicht aus, um unserem eigenen Anspruch gerecht zu werden. Das belastet uns und führt mitunter zu Resignation, Krankheit oder zum Jobwechsel.
 

Die Aussage begegnete uns mehrfach in Gesprächen mit LfbA. Ja sogar 65-Stunden-Wochen sind nicht selten. Für viele reicht die Arbeitszeit von Montag bis Freitag nicht aus, um Lehrveranstaltungen für die Folgewoche vorzubereiten. Oft wird auch samstags und sonntags gearbeitet, um montags den Studierenden qualitativ hochwertige Lehre bieten zu können – denn das ist ja unser Anspruch. Oft nutzen LfbA selbst die Urlaubszeit, die eigentlich der Erholung dienen sollte, um Abschlussarbeiten und Abgaben die zu begutachten sind, zu bearbeiten.
 

Hier tritt gelegentlich wieder die unterschiedliche Wertschätzung von Lehre und Forschung zutage. Oftmals wird wissenschaftliches Personal von Verwaltungsaufgaben entlastet, die sich dann bei den LfbA auftürmen. Im Gegensatz zum wissenschaftlichen Personal sind LfbA in der Regel unbefristet beschäftigt. Dies bringt zudem die Tendenz mit sich, dass von Jahr zu Jahr mehr Aufgaben auf deren Schreibtischen landen.

ein Beispiel wäre hier das Personalratsmandat. Die Freistellung für erforderliche Zeiten bspw. für die Sitzungen des Personalrates ist klar geregelt. Nicht jedoch eine Ermäßigung der Lehrverpflichtung. So ist es an manchen Einrichtungen üblich, dass trotz eines halben oder ganzen Tages pro Woche für die Arbeit im Gremium keine Ermäßigung der Lehrverpflichtung erfolgt. Die Lehrverpflichtung müsste jedoch entsprechend prozentual der zeitlichen Beanspruchung reduziert werden. Ohne die Ermäßigung der Lehrverpflichtung ist es für viele LfbA schlichtweg nicht möglich, die Lehrtätigkeit und das Engagement in Gremien zu vereinbaren.
 

Oftmals wird der Mehraufwand bei digitalen und hybriden Formaten von didaktisch nicht ausgebildeten Personen (z. B. Professor:innen, Präsidiumsmitgliedern, Kolleg:innen in Ministerien) falsch eingeschätzt. Für viele Professor:innen ist es bereits eine „gute“ Online-Veranstaltungen, wenn ihr Skript statt an die Tafel auf ein elektronisches Board geschrieben wird. Unterhält man sich mit LfbA, stellt man fest, dass deren Portfolio zur Wissensvermittlung i. d. R. deutlich größer ist. LfbA haben oftmals unterschiedliche didaktische Konzepte, je nachdem ob sie in Präsenz, online oder hybrid lehren. Sie verwenden die gesamte Bandbreite von Werkzeugen, um den Studierenden Wissen zu vermitteln und sie zur Interaktion anzuregen. Aber hier stoßen sie wieder an die Grenzen. Bei 24 LVS ist es schwierig bis unmöglich, jede Lehrveranstaltung didaktisch mehrfach unterschiedlich aufzubereiten oder noch zusätzliche Lehrvideos aufzuzeichnen und interaktiv anzureichern und parallel noch Lehrplattformen und Foren zu bespielen. Für den Lernerfolg der Studierenden wäre dies zweifellos alles gut und wichtig – aber es muss auch für die LfbA leistbar sein – der Mehraufwand muss entsprechend eingeplant werden.
 

 

Was sind eigentlich Personalratswahlen und warum wird gewählt?

Kontakt
Marko Hennhöfer
Lehrkraft für besondere Aufgaben an der TU Ilmenau