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Keine Wahl und dennoch Nöte

Forderungen an die Landespolitik

Was den Hochschulbereich betrifft, könnte man dazu neigen, sich bequem zurückzulehnen – ist doch die Hochschulfinanzierung durch die Rahmenvereinbarung V und die ihr zu Grunde liegende Finanzierung, die im Sommer 2020 im Rahmen des „Stabilitätspaktes“ zwischen r2g und CDU beschlossen wurde, gesichert. Dieses Ergebnis haben auch wir als GEW schon hinreichend gewürdigt. Darüber hinaus sind aber zahlreiche unserer Forderungen nicht erfüllt worden.

Quelle: Gerd Seidel - Rob Irgendwer, CC BY-SA 3.0 DE via Wikimedia Commons

Seit Juli wissen wir, dass der Landtag sich nicht aufgelöst hat und im September keine Neuwahlen stattfinden. Demzufolge bleiben wahrscheinlich bis 2024 die derzeitigen Mehrheitsverhältnisse im Landtag erhalten und die rot-rot-grüne Minderheitsregierung wird im Amt bleiben.

Für die verbleibenden drei Jahre der Legislatur haben wir daher folgende Erwartungen:

1. Hände weg von der Rahmenvereinbarung V!

Die Verpflichtungen aus der Rahmenvereinbarung V müssen vollumfänglich erfüllt werden. Auch bei einer schwieriger werdenden Haushaltslage muss der in der Rahmenvereinbarung garantierte jährliche Mittelaufwuchs erhalten bleiben, insbesondere weil den Hochschulen immer mehr Aufgaben übertragen worden sind und es pandemiebedingt zu Mehrausgaben gerade im Bereich der technischen Infrastruktur gekommen ist.

2. ThürPersVG nachbessern!

Noch in der letzten Legislaturperiode ist das Personalvertretungsgesetz novelliert worden – mit einem erheblichen Schönheitsfehler im Hochschulbereich: Drittmittelfinanzierte wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter:innen sind bei Einstellung, Vertragsverlängerungund Eingruppierung noch immer nicht in der Regelmitbestimmung der Personalräte. Diese diskriminierende Ausnahmeregelung muss endlich gestrichen werden.

3. LVVO nachbessern!

Die Lehrverpflichtungsverordnung (LVVO) ist nach einem längeren Abstimmungspozess Mitte 2020 halbherzig, nahezu unbemerkbar, geändert worden. Die Erfahrungen mit massiver Online-Lehre habennoch nicht einfließen können. Zwar ist die Anrechenbarkeit „digital gestützter Lehrveranstaltungen“ konkretisiert und verbessert worden, allerdings noch aus der Perspektive von vor der Pandemie. Daher bedarf es einer Neufassung der entsprechenden Regelungen, die auf einer Evaluation der Erfahrung der letzten drei Semester aufbaut. Unverändert bestehen bleibt unsere Forderung nach einer Absenkung der Lehrverpflichtung von LfbA und an Fachhochschulen.

4. Arbeitsbedingungen studentischer und wissenschaftlicher Assistent:innen tarifvertraglich regeln!

Mit der grundsätzlichen Vertretung der Assistent:innen durch den Personalrat sowie die Einführung der Assistent:innenräte hatte sich in der letzten Legislatur etwas für diese Gruppe überwiegend studentischer Beschäftigter getan. Allerdings sind sie immer noch vom Tarifvertrag ausgenommen, so dass unsere Forderung nach einem Tarifvertrag für studentische Beschäftigte weiterhin aktuell bleibt. Die Thüringer Landesregierung muss endlich ihre Blockadehaltung aufgeben, die sie in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) gezeigt hat.

5. Partnerschaftlich, vertrauensvoll, kooperationsorientiert, respektvoll und offen zusammenarbeiten!

Diese Forderung ztiert lediglich ³ 2 Abs. 1 ThürPersVG – und ist so aktuell wie geher. Personalräte – und auch der Hauptpersonalrat – haben oft den Eindruck, dass die Dienststellen, bzw. das Ministerium ihnen nur diejenigen Informationen geben, die sie ohnehin schon haben. Selbst bei expliziten Fragen werden oft Informationen zurückgehalten, oft mit dem Verweis auf eine noch zu erfolgende Abstimmung mit allen Hochschulen bzw. der Thüringer Landespräsidentenkonferenz (LPK). Diese Haltung gegenüber den Personalräten als Vertretungen der Beschäftigten ist bedauerlich – zumal ältere Kolleg:innen sich erinnern können, dass das schon mal besser war – sogar zu Zeiten in denen die Personalräte weniger Rechte hatten als heute. So erwarten wir, dass wir künftig regelmäßig unaufgefordert informiert werden und gleichberechtigt und zeitgleich mit anderen Akteur:innen einbezogen werden.

6. Die Rolle der TLPK und deren Verhältnis zu HPR klären!

Gemäß ³ 39 ThürHG dient die Thüringer Landespräsidentenkonferenz (TLPK) dem Zusammenwirken der Hochschulen, wird an der Landeshochschulplanung beteiligt und erhält Gelegenheiten zur Stellungnahme zu Regelungen, die den Hochschulbereich betreffen. Die einzige Kompetenz der TLPK ist in ³ 47 Abs. 3 geregelt: „Sie bestimmt Beginn und Ende des Studienjahres, der Semester und Trimester sowie der Vorlesungsfreien Zeiten.“ – das ist alles.


Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus: es entsteht der Eindruck, dass wesentliche Entscheidungen zum Hochschulwesen in Thüringen von der TLPK getroffen werden. An den Hochschulen hört man oft, dass die eine oder andere Angelegenheit in der TLPK entschieden wurde und man daran nichts ändern könne, wie auch das Ministerium gegenüber dem Hauptpersonalrat mit Verweis auf die TLPK oft nicht auskunfts- oder entscheidungsfähig ist. Es gipfelte darin, dass im Jahr 2019 der Vertreter der TLPK in der Landeswissenschaftskonferenz sich dagegen verwehrte, dass der Stand der Vorbereitungen zur Rahmenvereinbarung V in diesem Gremium besprochen wird, bevor nicht eine Abstimmung mit der TLPK stattgefunden hat. Es besteht daher der Eindruck, dass mit der TLPK ein Gremium losgelöst von jeder demokratischen Kontrolle entstanden ist, das wesentliche Entscheidungen für das Thüringer Hochschulwesen trifft. Hier besteht Handlungsbedarf, insbesondere um die Einbeziehung der Personalräte und des Hauptpersonalrates und deren Mitbestimmung bei Angelegenheiten, die in der TLPK besprochen und entschieden werden, sicherzustellen.

Auch ohne Neuwahlen bleibt die Liste unserer Forderungen an die Landespolitik lang!

 

 

Kontakt
Thomas Hoffmann
Referent für Internationales an der Hochschule Nordhausen