Reaktion auf ZEIT-Artikel
Fördern statt Kuscheln? Eine kritische Betrachtung der Widersprüche
Der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ist in unserem Land für jedes Kind garantiert. In den letzten Jahren wurde viel Geld für die Schaffung von Plätzen in die Hand genommen. Aus Perspektive der Altbundesländer ein mächtiger Schritt nach vorne, aus Sicht der Neubundesländer war diese Struktur vor Ort schon da, Sanierungen standen auf der Tagesordnung.
Folgt nach der Quantität die Qualität?
Die schon lang erwünschten bundesweiten einheitlichen Qualitätsstandards werden von den Ländern nicht akzeptiert, da der Bund in die Hoheitsrechte der Länder eingreifen würde. Die Länder sehen finanziell wenig Spielraum, Qualitätsstandards umzusetzen. Was folgt nun? Nehmen wir nun einen Blick auf den Artikel „Die ZEITt“ vom 23. August 2024 mit dem Titel „Fördern statt Kuscheln!“. Sind unsere Kindergärten so ausgerüstet, dass sie den Bildungsauftrag voll umfänglich umsetzen können? Sind unsere Kinder auf die Schule gut vorbereitet? Was ist mit dem Begriff der „Schulfähigkeit“ passiert? Wir sehen den Kindergarten als eine eigenständige Bildungsinstitution, in dem die Rechte des Kindes auf Entwicklung, Entfaltung seiner eigenen Persönlichkeit gefördert und das Recht auf Spiel gesichert wird. Soziale Kompetenzen erlernen Kinder im gegenseitigen Miteinander und im gemeinsamen Spiel. Das Spiel wird als die wichtigste Tätigkeit des Kindes angesehen und ist die kindgemäße Art und Weise, seine es umgebene Lebenswelt zu erschließen.
Der Begriff der „Schulfähigkeit“ ist ein Begriff der Schule und nicht des Kindergartens.
Die Schule wie auch der Kindergarten haben ihre je eigenständige entwicklungsbedingte Aneignung der Lebenswelten der Kinder. Doch bei allen wissenschaftlichen Untersuchungen und Studien, auf die der Artikel verweist, haben wir einen enormen Nachholbedarf und sind – anders ausgedrückt –unseren Kindern „mehr und etwas Besseres“ schuldig. Ein ZDF-Fernsehteam begleitete über ein Jahr einen Kindergarten und betitelte seinen Film „Der Kitakollaps“. Er zeigt ein Jahr lang den Alltag von Erzieherinnen auf, die erkranken oder aufgeben und aus dem Arbeitsfeld ausscheiden. Es sind krankmachende Strukturen im System der Kindergärten, die nun schon über Jahrzehnte andauern. „Die Qualität bleibt ein Thema für irgendwann. Das ist vielleicht das deprimierendste Merkmal der deutschen Kita-Debatte: ihr politisches Vakuum, ihre intellektuelle Schlichtheit“ (Auszug aus dem ZEIT-Artikel vom 23.08.2024). Die Qualitätsdebatte für den Kindergarten, damit Kindergärten auch als Orte der Bildung erkannt werden, darf nicht stagnieren. Beitragsfreiheit der Kindergartenbetreuung und eine gute Bildungsqualität dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.
99096 Erfurt
