Dieser quantitative Aspekt soll von zwei weiteren Bausteinen begleitet werden. Zum einen stellt der Bund den Bundesländern bis 2022 insgesamt 5,5 Milliarden Euro im Zuge des „Gute-Kita-Gesetzes“ zur Verfügung, um qualitätsverbessernde und teilhabeermöglichende Maßnahmen zu finanzieren. Darunter fallen etwa die Verbesserung der Fachkraft-Kind-Relation, Freistellungen für Leitungskräfte, Raumgestaltungen, sprachliche Bildung und die Stärkung der Kindertagespflege, aber auch die Ausweitung von Öffnungszeiten zur Bedarfsdeckung sowie Gebührenentlastungen. Um dem steigenden Bedarf an qualifizierten Fachkräften nachkommen zu können, wird der Bund sich bis 2022 zum anderen mit 300 Millionen Euro an einer Personalgewinnungs- und -bindungsstrategie beteiligen. Ziel ist es,
- die schulgeldfreie und vergütete praxisintegrierte Ausbildung weiter zu verbreiten,
- einen Zeit- und Geld-Bonus für Praxisanleiter*innen einzuführen sowie
- durch einen Aufstiegsbonus Weiterqualifizierungen und die Übernahme von Verantwortung zu honorieren.
Das alles hört sich nach flächendeckenden und guten Maßnahmen an.So sehr die Initiativen des Bundes im Bereich der frühkindlichen Bildung zu begrüßen sind, so sehr ist ihre Wirksamkeit jedoch abhängig von der individuellen politischen Stoßrichtung des jeweiligen Bundeslandes. Denn welche Maßnahmen die Bundesländer beim „Gute-Kita-Gesetz“ umsetzen, obliegt ihnen (siehe den Beitrag „1000 gute Gründe für echte Qualitätsverbesserungen“). In Thüringen gilt es zudem, die praxisintegrierte Ausbildung überhaupt erst einmal zu implementieren. Derzeit gibt es nur Fachschulen, die die Ausbildung berufsbegleitend anbieten.
- Eingriff in die Tarifautonomie?
Verbunden mit der Fachkräfteoffensive will der Bund auch in die Tarifautonomie eingreifen. Er will Regelungen zur Ausbildungsvergütung treffen und den Aufstiegsbonus über Höhergruppierungen realisieren. Es wird sich in der Tarifrunde TVöD 2020 zeigen, welches Gewicht der Bund in der Ausgestaltung der Tariftabellen (für Auszubildende) und der Eingruppierungsmerkmale hat. Rein formal wäre dies Aufgabe der kommunalen Arbeitgeber. Hinzu kommt die Herausforderung, dass in Thüringen überhaupt nur noch 1/3 aller Kindertageseinrichtungen dem öffentlichen Dienst angehören und die Gestaltungsmöglichkeiten des Landes und der Kommunen bezüglich tarifvertraglicher Leistungen freier Träger beschränkt sind … zumindest momentan (Stichwort: Tariftreue gesetzlich verankern).
- Die Sicht der GEW
Aus der Perspektive der GEW Thüringen gilt es also erst einmal, jede Menge Fragen zu beantworten. Egal ob es sich um Maßnahmen aus dem „Gute-Kita-Gesetz“, Veränderungen der Erzieher*innen-Ausbildung oder tarifrechtliche Bestimmungen handelt: die GEW wird das Sprachrohr der Beschäftigten sein. Die 13.000 pädagogischen Fachkräfte in Thüringen – darunter viele GEW-Mitglieder – sind die Expert*innen für die Arbeitsbedingungen in den Kindergärten und die Anforderungen an eine gute, zukunftsweisende Ausbildung.